würdet, wie der Nachdrucker seyn Buch, ob der Un¬ terschied nicht eben in diesem Verkauf liegt, und ob ihr nicht zufrieden seyn könnt, daß euch jener große Geist an Tugenden und Kenntnissen bereichert hat, und daß es wahrhaft demokratischer Übermuth wäre, auch noch die zeitlichen Vortheile theilen zu wollen, die seine Werke denen bringen mögen, denen er sie freiwillig überlassen hat. Seyd zufrieden, daß dieser Geist nicht blos über ein Eigenthum zu gebieten hatte, das baare Zinsen trägt, und das er nur ei¬ nem oder wenigen schenken konnte, sondern daß er auch noch ein Höheres besaß, welches der Seele wu¬ chert, und das er euch allen großmüthig geschenkt hat.
Das Genie schafft gute, der Geldwucher viele Bücher. Die Buchhändler tragen aber nicht allein die Schuld davon. Sie fordern die schlechten Auto¬ ren nicht öfter auf, als sie von diesen aufgefordert werden. Der Schein klagt die Buchhändler an und rechtfertigt sie; es sind eben Kaufleute. Je mehr die Meinung, und nicht mit Unrecht, verbreitet ist, daß der Buchhändler den Gewinn, der Autor die Ehre davon trage, desto leichter kann der Autor seine eigne Habsucht verbergen. Ich mag die vielen Satyren gegen das Dichten und Schreiben ums liebe Brod nicht mit einer neuen vermehren; Jedermann weiß, daß viele hundert Federn in Deutschland feil sind. Die einen dienen um ein ärmliches Tagelohn, die andern verkaufen sich an den Meistbietenden. Da
wuͤrdet, wie der Nachdrucker ſeyn Buch, ob der Un¬ terſchied nicht eben in dieſem Verkauf liegt, und ob ihr nicht zufrieden ſeyn koͤnnt, daß euch jener große Geiſt an Tugenden und Kenntniſſen bereichert hat, und daß es wahrhaft demokratiſcher Übermuth waͤre, auch noch die zeitlichen Vortheile theilen zu wollen, die ſeine Werke denen bringen moͤgen, denen er ſie freiwillig uͤberlaſſen hat. Seyd zufrieden, daß dieſer Geiſt nicht blos uͤber ein Eigenthum zu gebieten hatte, das baare Zinſen traͤgt, und das er nur ei¬ nem oder wenigen ſchenken konnte, ſondern daß er auch noch ein Hoͤheres beſaß, welches der Seele wu¬ chert, und das er euch allen großmuͤthig geſchenkt hat.
Das Genie ſchafft gute, der Geldwucher viele Buͤcher. Die Buchhaͤndler tragen aber nicht allein die Schuld davon. Sie fordern die ſchlechten Auto¬ ren nicht oͤfter auf, als ſie von dieſen aufgefordert werden. Der Schein klagt die Buchhaͤndler an und rechtfertigt ſie; es ſind eben Kaufleute. Je mehr die Meinung, und nicht mit Unrecht, verbreitet iſt, daß der Buchhaͤndler den Gewinn, der Autor die Ehre davon trage, deſto leichter kann der Autor ſeine eigne Habſucht verbergen. Ich mag die vielen Satyren gegen das Dichten und Schreiben ums liebe Brod nicht mit einer neuen vermehren; Jedermann weiß, daß viele hundert Federn in Deutſchland feil ſind. Die einen dienen um ein aͤrmliches Tagelohn, die andern verkaufen ſich an den Meiſtbietenden. Da
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0072"n="62"/>
wuͤrdet, wie der Nachdrucker ſeyn Buch, ob der Un¬<lb/>
terſchied nicht eben in dieſem Verkauf liegt, und ob<lb/>
ihr nicht zufrieden ſeyn koͤnnt, daß euch jener große<lb/>
Geiſt an Tugenden und Kenntniſſen bereichert hat,<lb/>
und daß es wahrhaft demokratiſcher Übermuth waͤre,<lb/>
auch noch die zeitlichen Vortheile theilen zu wollen,<lb/>
die ſeine Werke denen bringen moͤgen, denen er ſie<lb/>
freiwillig uͤberlaſſen hat. Seyd zufrieden, daß dieſer<lb/>
Geiſt nicht blos uͤber ein Eigenthum zu gebieten<lb/>
hatte, das baare Zinſen traͤgt, und das er nur ei¬<lb/>
nem oder wenigen ſchenken konnte, ſondern daß er<lb/>
auch noch ein Hoͤheres beſaß, welches der Seele wu¬<lb/>
chert, und das er euch allen großmuͤthig geſchenkt<lb/>
hat.</p><lb/><p>Das Genie ſchafft gute, der <hirendition="#g">Geldwucher</hi> viele<lb/>
Buͤcher. Die Buchhaͤndler tragen aber nicht allein<lb/>
die Schuld davon. Sie fordern die ſchlechten Auto¬<lb/>
ren nicht oͤfter auf, als ſie von dieſen aufgefordert<lb/>
werden. Der Schein klagt die Buchhaͤndler an und<lb/>
rechtfertigt ſie; es ſind eben Kaufleute. Je mehr die<lb/>
Meinung, und nicht mit Unrecht, verbreitet iſt, daß<lb/>
der Buchhaͤndler den Gewinn, der Autor die Ehre<lb/>
davon trage, deſto leichter kann der Autor ſeine eigne<lb/>
Habſucht verbergen. Ich mag die vielen Satyren<lb/>
gegen das Dichten und Schreiben ums liebe Brod<lb/>
nicht mit einer neuen vermehren; Jedermann weiß,<lb/>
daß viele hundert Federn in Deutſchland feil ſind.<lb/>
Die einen dienen um ein aͤrmliches Tagelohn, die<lb/>
andern verkaufen ſich an den Meiſtbietenden. Da<lb/></p></div></body></text></TEI>
[62/0072]
wuͤrdet, wie der Nachdrucker ſeyn Buch, ob der Un¬
terſchied nicht eben in dieſem Verkauf liegt, und ob
ihr nicht zufrieden ſeyn koͤnnt, daß euch jener große
Geiſt an Tugenden und Kenntniſſen bereichert hat,
und daß es wahrhaft demokratiſcher Übermuth waͤre,
auch noch die zeitlichen Vortheile theilen zu wollen,
die ſeine Werke denen bringen moͤgen, denen er ſie
freiwillig uͤberlaſſen hat. Seyd zufrieden, daß dieſer
Geiſt nicht blos uͤber ein Eigenthum zu gebieten
hatte, das baare Zinſen traͤgt, und das er nur ei¬
nem oder wenigen ſchenken konnte, ſondern daß er
auch noch ein Hoͤheres beſaß, welches der Seele wu¬
chert, und das er euch allen großmuͤthig geſchenkt
hat.
Das Genie ſchafft gute, der Geldwucher viele
Buͤcher. Die Buchhaͤndler tragen aber nicht allein
die Schuld davon. Sie fordern die ſchlechten Auto¬
ren nicht oͤfter auf, als ſie von dieſen aufgefordert
werden. Der Schein klagt die Buchhaͤndler an und
rechtfertigt ſie; es ſind eben Kaufleute. Je mehr die
Meinung, und nicht mit Unrecht, verbreitet iſt, daß
der Buchhaͤndler den Gewinn, der Autor die Ehre
davon trage, deſto leichter kann der Autor ſeine eigne
Habſucht verbergen. Ich mag die vielen Satyren
gegen das Dichten und Schreiben ums liebe Brod
nicht mit einer neuen vermehren; Jedermann weiß,
daß viele hundert Federn in Deutſchland feil ſind.
Die einen dienen um ein aͤrmliches Tagelohn, die
andern verkaufen ſich an den Meiſtbietenden. Da
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/72>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.