Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.lich erkannten die Buchhändler, welchen Gewinn sie Der Einfluß dieses Verhältnisses auf den Ge¬ lich erkannten die Buchhaͤndler, welchen Gewinn ſie Der Einfluß dieſes Verhaͤltniſſes auf den Ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="65"/> lich erkannten die Buchhaͤndler, welchen Gewinn ſie<lb/> vom Publikum ziehen koͤnnten, wenn ſie demſelben<lb/> alles Intereſſante aus dem bisher von der Zunft<lb/> verſchloßnen Reiche des Wiſſens mittheilten, das<lb/> Heilige profanirten, das Gute der Fremden nationa¬<lb/> liſirten, und alsbald legten ſie <hi rendition="#g">Fabriken</hi> an und<lb/> beſoldeten ihre Buͤchermacher fuͤr alle Staͤnde, Ge¬<lb/> ſchlechter und Alter, fuͤr das Volk, die Jugend, die<lb/> Damen, und vorzugsweiſe fuͤr alle, die an Maſſe die<lb/> zahlreichſten, die Buͤcher auch in Maſſe bezahlen<lb/> konnten.</p><lb/> <p>Der Einfluß dieſes Verhaͤltniſſes auf den Ge¬<lb/> halt der Literatur iſt verſchiedenartig und hat wie¬<lb/> der ſeine gute und boͤſe Seite. Es iſt allerdings ein<lb/> ſchoͤnes Zeichen der Zeit, daß die geiſtige Cultur all¬<lb/> gemein befoͤrdert, daß jedem alles Wiſſen zugaͤnglich<lb/> gemacht wird. Indeß iſt eben ſo gewiß, daß das<lb/> urſpruͤngliche Licht der Aufklaͤrung in ſo mannigfach<lb/> graduirten Farben gebrochen ſich verdunkelt, daß,<lb/> was fuͤr die Maſſe gewonnen wird, vom Gehalt ab¬<lb/> geht. Der Himmel ſtreut die Gaben des Genius<lb/> nicht allzu verſchwenderiſch aus. Viele ſind berufen,<lb/> aber wenige nur ſind auserwaͤhlt, von hundert deut¬<lb/> ſchen Schriftſtellern kaum einer. Was nun die Geiſt¬<lb/> loſen ſchreiben, iſt wie ſie ſelbſt, und kein Werk ver¬<lb/> laͤugnet ſeinen Schoͤpfer. Die guten Buͤcher werden<lb/> von den ſchlechten nur allzu leicht verdraͤngt, und da<lb/> die Maſſe die Anſtrengung ſcheut, ſo vergißt ſie bei<lb/> dem ſeichten Autor, den ſie verſteht, gern den tiefen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0075]
lich erkannten die Buchhaͤndler, welchen Gewinn ſie
vom Publikum ziehen koͤnnten, wenn ſie demſelben
alles Intereſſante aus dem bisher von der Zunft
verſchloßnen Reiche des Wiſſens mittheilten, das
Heilige profanirten, das Gute der Fremden nationa¬
liſirten, und alsbald legten ſie Fabriken an und
beſoldeten ihre Buͤchermacher fuͤr alle Staͤnde, Ge¬
ſchlechter und Alter, fuͤr das Volk, die Jugend, die
Damen, und vorzugsweiſe fuͤr alle, die an Maſſe die
zahlreichſten, die Buͤcher auch in Maſſe bezahlen
konnten.
Der Einfluß dieſes Verhaͤltniſſes auf den Ge¬
halt der Literatur iſt verſchiedenartig und hat wie¬
der ſeine gute und boͤſe Seite. Es iſt allerdings ein
ſchoͤnes Zeichen der Zeit, daß die geiſtige Cultur all¬
gemein befoͤrdert, daß jedem alles Wiſſen zugaͤnglich
gemacht wird. Indeß iſt eben ſo gewiß, daß das
urſpruͤngliche Licht der Aufklaͤrung in ſo mannigfach
graduirten Farben gebrochen ſich verdunkelt, daß,
was fuͤr die Maſſe gewonnen wird, vom Gehalt ab¬
geht. Der Himmel ſtreut die Gaben des Genius
nicht allzu verſchwenderiſch aus. Viele ſind berufen,
aber wenige nur ſind auserwaͤhlt, von hundert deut¬
ſchen Schriftſtellern kaum einer. Was nun die Geiſt¬
loſen ſchreiben, iſt wie ſie ſelbſt, und kein Werk ver¬
laͤugnet ſeinen Schoͤpfer. Die guten Buͤcher werden
von den ſchlechten nur allzu leicht verdraͤngt, und da
die Maſſe die Anſtrengung ſcheut, ſo vergißt ſie bei
dem ſeichten Autor, den ſie verſteht, gern den tiefen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |