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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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Der Mensch hat ein ursprüngliches Recht der
Mittheilung und es entsteht ein nicht unbilliger Zwei¬
fel, ob ein Staat, welcher dieses Recht nicht garan¬
tirt, vollkommen zu nennen sey, und ob ein unvoll¬
kommner Staat eine ewige Existenz ansprechen könne.
Aus der Mittheilung entspringt alle Cultur, und die
Cultur ist der höchste Zweck der Menschheit. Verbie¬
tet ein Staat die Mittheilung, so hemmt er die Cul¬
tur. Hätte der erste Staat ursprünglich zugleich das
Recht und die Kraft gehabt, die Mittheilungen sei¬
ner Bürger zu verbieten, so würde alle Cultur un¬
möglich gewesen seyn und wir würden noch auf der
ersten Stufe stehn. Wir haben aber schon eine Menge
Stufen zurückgelegt, und wodurch? Entweder da¬
durch, daß der Staat jene Mittheilungen nicht ge¬
hemmt hat, oder dadurch, daß das Menschenrecht
über das Staatsrecht gesiegt, und in Revolutionen
die strengen Staaten vertilgt und freiere neu geschaf¬
fen hat.

Überlassen wir es also der Theorie, auf dop¬
pelte Weise einerseits das Menschenrecht, andrerseits
das Staatsrecht, und dort die Nothwendigkeit der
Preßfreiheit, hier die der Censur zu vertheidigen,
lassen wir die Philosophen und Staatsmänner über
beides streiten und halten wir uns lediglich an die
Erfahrung. Sie lehrt uns, daß der Sieg immer an
die Kraft gebunden ist, daß einmal die freisinnigsten
und gebildetsten Nationen mit allen noch so gegrün¬
deten Deklamationen für die Preßfreiheit durch einen

Der Menſch hat ein urſpruͤngliches Recht der
Mittheilung und es entſteht ein nicht unbilliger Zwei¬
fel, ob ein Staat, welcher dieſes Recht nicht garan¬
tirt, vollkommen zu nennen ſey, und ob ein unvoll¬
kommner Staat eine ewige Exiſtenz anſprechen koͤnne.
Aus der Mittheilung entſpringt alle Cultur, und die
Cultur iſt der hoͤchſte Zweck der Menſchheit. Verbie¬
tet ein Staat die Mittheilung, ſo hemmt er die Cul¬
tur. Haͤtte der erſte Staat urſpruͤnglich zugleich das
Recht und die Kraft gehabt, die Mittheilungen ſei¬
ner Buͤrger zu verbieten, ſo wuͤrde alle Cultur un¬
moͤglich geweſen ſeyn und wir wuͤrden noch auf der
erſten Stufe ſtehn. Wir haben aber ſchon eine Menge
Stufen zuruͤckgelegt, und wodurch? Entweder da¬
durch, daß der Staat jene Mittheilungen nicht ge¬
hemmt hat, oder dadurch, daß das Menſchenrecht
uͤber das Staatsrecht geſiegt, und in Revolutionen
die ſtrengen Staaten vertilgt und freiere neu geſchaf¬
fen hat.

Überlaſſen wir es alſo der Theorie, auf dop¬
pelte Weiſe einerſeits das Menſchenrecht, andrerſeits
das Staatsrecht, und dort die Nothwendigkeit der
Preßfreiheit, hier die der Cenſur zu vertheidigen,
laſſen wir die Philoſophen und Staatsmaͤnner uͤber
beides ſtreiten und halten wir uns lediglich an die
Erfahrung. Sie lehrt uns, daß der Sieg immer an
die Kraft gebunden iſt, daß einmal die freiſinnigſten
und gebildetſten Nationen mit allen noch ſo gegruͤn¬
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[76/0086] Der Menſch hat ein urſpruͤngliches Recht der Mittheilung und es entſteht ein nicht unbilliger Zwei¬ fel, ob ein Staat, welcher dieſes Recht nicht garan¬ tirt, vollkommen zu nennen ſey, und ob ein unvoll¬ kommner Staat eine ewige Exiſtenz anſprechen koͤnne. Aus der Mittheilung entſpringt alle Cultur, und die Cultur iſt der hoͤchſte Zweck der Menſchheit. Verbie¬ tet ein Staat die Mittheilung, ſo hemmt er die Cul¬ tur. Haͤtte der erſte Staat urſpruͤnglich zugleich das Recht und die Kraft gehabt, die Mittheilungen ſei¬ ner Buͤrger zu verbieten, ſo wuͤrde alle Cultur un¬ moͤglich geweſen ſeyn und wir wuͤrden noch auf der erſten Stufe ſtehn. Wir haben aber ſchon eine Menge Stufen zuruͤckgelegt, und wodurch? Entweder da¬ durch, daß der Staat jene Mittheilungen nicht ge¬ hemmt hat, oder dadurch, daß das Menſchenrecht uͤber das Staatsrecht geſiegt, und in Revolutionen die ſtrengen Staaten vertilgt und freiere neu geſchaf¬ fen hat. Überlaſſen wir es alſo der Theorie, auf dop¬ pelte Weiſe einerſeits das Menſchenrecht, andrerſeits das Staatsrecht, und dort die Nothwendigkeit der Preßfreiheit, hier die der Cenſur zu vertheidigen, laſſen wir die Philoſophen und Staatsmaͤnner uͤber beides ſtreiten und halten wir uns lediglich an die Erfahrung. Sie lehrt uns, daß der Sieg immer an die Kraft gebunden iſt, daß einmal die freiſinnigſten und gebildetſten Nationen mit allen noch ſo gegruͤn¬ deten Deklamationen fuͤr die Preßfreiheit durch einen

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/86>, abgerufen am 21.11.2024.