Wohlstand der Völker. Der Weltverkehr, die Rei¬ sen, die Thätigkeit und der Genuß wohlerworbener Güter trugen mehr als kriegerische Siege oder gei¬ stige Speculationen zur wahren Aufklärung und zum Freiheitssinn der Völker bei. An Handel und In¬ dustrie ist immer die Freiheit geknüpft.
Betrachten wir den Antheil, welchen die Deut¬ schen an den Entdeckungen im Naturgebiet genom¬ men, so ist derselbe weit größer, als die Vortheile, die sie dadurch errungen haben. Es ist bewunde¬ rungswürdig, daß wir mit so wenigen Mitteln und ohne auf große Vortheile rechnen zu können, doch so viel für die Naturkunde geleistet haben. Der Deut¬ sche war seit dem Verfall der Hansa auf sein Bin¬ nenland beschränkt, und besaß nichts von jenen Colo¬ nien, welche die Beherrscher der See eben so zur Naturforschung auffordern, als dieselbe belohnen mu߬ ten. Auf Ackerbau und Viehzucht beschränkt und vom Welthandel ausgeschlossen, waren ihm die Naturwis¬ senschaften nie eigentlich Angelegenheit des Staats, wie den Engländern und Franzosen, und seine Für¬ sten waren nicht reich genug, um große naturhisto¬ rische Unternehmungen auszurüsten, oder es fehlte der Sinn dafür. Dennoch haben die Deutschen das Mög¬ liche geleistet. Sie haben mit ihren schwachen Kräf¬ ten sogar in Entdeckungsreisen mit den Fremden ge¬ wetteifert, und Martin Behaim, Niebuhr, die beiden Forster, Humboldt etc. waren Deutsche. Sollten uns aber auch die Fremden im Allgemeinen im Sammeln
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Wohlſtand der Voͤlker. Der Weltverkehr, die Rei¬ ſen, die Thaͤtigkeit und der Genuß wohlerworbener Guͤter trugen mehr als kriegeriſche Siege oder gei¬ ſtige Speculationen zur wahren Aufklaͤrung und zum Freiheitsſinn der Voͤlker bei. An Handel und In¬ duſtrie iſt immer die Freiheit geknuͤpft.
Betrachten wir den Antheil, welchen die Deut¬ ſchen an den Entdeckungen im Naturgebiet genom¬ men, ſo iſt derſelbe weit groͤßer, als die Vortheile, die ſie dadurch errungen haben. Es iſt bewunde¬ rungswuͤrdig, daß wir mit ſo wenigen Mitteln und ohne auf große Vortheile rechnen zu koͤnnen, doch ſo viel fuͤr die Naturkunde geleiſtet haben. Der Deut¬ ſche war ſeit dem Verfall der Hanſa auf ſein Bin¬ nenland beſchraͤnkt, und beſaß nichts von jenen Colo¬ nien, welche die Beherrſcher der See eben ſo zur Naturforſchung auffordern, als dieſelbe belohnen mu߬ ten. Auf Ackerbau und Viehzucht beſchraͤnkt und vom Welthandel ausgeſchloſſen, waren ihm die Naturwiſ¬ ſenſchaften nie eigentlich Angelegenheit des Staats, wie den Englaͤndern und Franzoſen, und ſeine Fuͤr¬ ſten waren nicht reich genug, um große naturhiſto¬ riſche Unternehmungen auszuruͤſten, oder es fehlte der Sinn dafuͤr. Dennoch haben die Deutſchen das Moͤg¬ liche geleiſtet. Sie haben mit ihren ſchwachen Kraͤf¬ ten ſogar in Entdeckungsreiſen mit den Fremden ge¬ wetteifert, und Martin Behaim, Niebuhr, die beiden Forſter, Humboldt ꝛc. waren Deutſche. Sollten uns aber auch die Fremden im Allgemeinen im Sammeln
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Wohlſtand der Voͤlker. Der Weltverkehr, die Rei¬
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Guͤter trugen mehr als kriegeriſche Siege oder gei¬
ſtige Speculationen zur wahren Aufklaͤrung und zum
Freiheitsſinn der Voͤlker bei. An Handel und In¬
duſtrie iſt immer die Freiheit geknuͤpft.
Betrachten wir den Antheil, welchen die Deut¬
ſchen an den Entdeckungen im Naturgebiet genom¬
men, ſo iſt derſelbe weit groͤßer, als die Vortheile,
die ſie dadurch errungen haben. Es iſt bewunde¬
rungswuͤrdig, daß wir mit ſo wenigen Mitteln und
ohne auf große Vortheile rechnen zu koͤnnen, doch ſo
viel fuͤr die Naturkunde geleiſtet haben. Der Deut¬
ſche war ſeit dem Verfall der Hanſa auf ſein Bin¬
nenland beſchraͤnkt, und beſaß nichts von jenen Colo¬
nien, welche die Beherrſcher der See eben ſo zur
Naturforſchung auffordern, als dieſelbe belohnen mu߬
ten. Auf Ackerbau und Viehzucht beſchraͤnkt und vom
Welthandel ausgeſchloſſen, waren ihm die Naturwiſ¬
ſenſchaften nie eigentlich Angelegenheit des Staats,
wie den Englaͤndern und Franzoſen, und ſeine Fuͤr¬
ſten waren nicht reich genug, um große naturhiſto¬
riſche Unternehmungen auszuruͤſten, oder es fehlte der
Sinn dafuͤr. Dennoch haben die Deutſchen das Moͤg¬
liche geleiſtet. Sie haben mit ihren ſchwachen Kraͤf¬
ten ſogar in Entdeckungsreiſen mit den Fremden ge¬
wetteifert, und Martin Behaim, Niebuhr, die beiden
Forſter, Humboldt ꝛc. waren Deutſche. Sollten uns
aber auch die Fremden im Allgemeinen im Sammeln
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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