Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.wie ein Tenier und Ostade an jener letzten Gränze Ich kann nicht umhin, noch zwei andre Extreme Fragen wir nun zuletzt noch, in welcher Weise Niemand zweifelt länger, daß die Richtung des ge¬ wie ein Tenier und Oſtade an jener letzten Graͤnze Ich kann nicht umhin, noch zwei andre Extreme Fragen wir nun zuletzt noch, in welcher Weiſe Niemand zweifelt laͤnger, daß die Richtung des ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="182"/> wie ein Tenier und Oſtade an jener letzten Graͤnze<lb/> des Menſchlichen, wo es ins Baͤren- und Affenmaͤ¬<lb/> ßige uͤbergeht.</p><lb/> <p>Ich kann nicht umhin, noch zwei andre Extreme<lb/> zu ruͤgen, in welche die Walterſcottiſche Schule haͤu¬<lb/> fig verfallen iſt. Gewiſſe Dichter verweilen gar zu<lb/> ausfuͤhrlich bei dem Ausmalen der Lokalitaͤten, der<lb/> Sitten und des Coſtums, und geben das, was man<lb/> in der Malerei Stillleben nennt; das iſt aber keine<lb/> wahre Poeſie, und verbirgt ſchlecht den Mangel an<lb/> lebendiger Darſtellung des Volksgeiſtes. Auf der<lb/> andern Seite hat man denſelben Mangel durch aben¬<lb/> teuerliche Frazzen zu erſetzen geſucht, und Walter<lb/> Scott ſelbſt hat dafuͤr den Ton angegeben.</p><lb/> <p>Fragen wir nun zuletzt noch, in welcher Weiſe<lb/> die neuen Romane mit dem Zeitgeiſt uͤbereinſtimmen,<lb/> und woher es komme, daß ſie gerade jetzt und ſo<lb/> allgemein beliebt werden, ſo wird ſich uns bald ent¬<lb/> decken, daß hier nicht blos von einem fluͤchtigen<lb/> Rauſch der Mode die Rede ſey. Vielmehr greift<lb/> dieſe poetiſche Gattung tief in das Weſen der Zeit<lb/> ein, und iſt eine unzertrennliche und nothwendige<lb/> Erſcheinung, ein echtes und nothwendiges Erzeugniß<lb/> des neuen Kulturzuſtandes, ganz ungleich jenen Ma¬<lb/> nieren oder Manieen, mit denen man bisher ein<lb/> wechſelndes und taͤndelndes Spiel getrieben hat.</p><lb/> <p>Niemand zweifelt laͤnger, daß die Richtung des ge¬<lb/> genwaͤrtigen Zeitalters eine weſentlich praktiſche und<lb/> politiſche iſt. Dies muß auf die Poeſie Einfluß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0192]
wie ein Tenier und Oſtade an jener letzten Graͤnze
des Menſchlichen, wo es ins Baͤren- und Affenmaͤ¬
ßige uͤbergeht.
Ich kann nicht umhin, noch zwei andre Extreme
zu ruͤgen, in welche die Walterſcottiſche Schule haͤu¬
fig verfallen iſt. Gewiſſe Dichter verweilen gar zu
ausfuͤhrlich bei dem Ausmalen der Lokalitaͤten, der
Sitten und des Coſtums, und geben das, was man
in der Malerei Stillleben nennt; das iſt aber keine
wahre Poeſie, und verbirgt ſchlecht den Mangel an
lebendiger Darſtellung des Volksgeiſtes. Auf der
andern Seite hat man denſelben Mangel durch aben¬
teuerliche Frazzen zu erſetzen geſucht, und Walter
Scott ſelbſt hat dafuͤr den Ton angegeben.
Fragen wir nun zuletzt noch, in welcher Weiſe
die neuen Romane mit dem Zeitgeiſt uͤbereinſtimmen,
und woher es komme, daß ſie gerade jetzt und ſo
allgemein beliebt werden, ſo wird ſich uns bald ent¬
decken, daß hier nicht blos von einem fluͤchtigen
Rauſch der Mode die Rede ſey. Vielmehr greift
dieſe poetiſche Gattung tief in das Weſen der Zeit
ein, und iſt eine unzertrennliche und nothwendige
Erſcheinung, ein echtes und nothwendiges Erzeugniß
des neuen Kulturzuſtandes, ganz ungleich jenen Ma¬
nieren oder Manieen, mit denen man bisher ein
wechſelndes und taͤndelndes Spiel getrieben hat.
Niemand zweifelt laͤnger, daß die Richtung des ge¬
genwaͤrtigen Zeitalters eine weſentlich praktiſche und
politiſche iſt. Dies muß auf die Poeſie Einfluß
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