fortgedauert. Katholiken und Protestanten stritten immerfort, Anfangs auch die Lutheraner und Refor¬ mirten, dann wütheten die Orthodoxen gegen die dop¬ pelte Neuerung einerseits der Philosophie und des Nationalismus seit Thomasius und Wolf, andrer¬ seits des Pietismus seit Philipp Spener. Der Kampf der Protestanten gegen die Katholiken entzündete sich vorzüglich in den frühern Fehden gegen die Jesuiten, besonders um die Zeit, da dieser Orden aufgelöst, und um die Zeit, da er wieder hergestellt wurde. Die Heerführer der Protestanten sind neuerdings Voß, Paulus, Krug, Tzschirner, der Katholiken Görres, Haller, Gügler etc. Der Kampf der Theologen ge¬ gen die Nationalisten und Naturalisten wurde fort¬ gesetzt gegen Lessing, Reimarus, Nicolai, Barth, Fichte etc. Als Pietisten wurden besonders Zinzen¬ dorf, Lavater, Stilling, als mystische Schwärmer Gasner, Hohenlohe angegriffen. In der Philosophie haben sich alle Schulen angefeindet, besonders aber haben Fichte und Schelling den heftigsten Streit mit den neuern Kantianern gehabt. In den Naturwissen¬ schaften erregte vorzüglich der Magnetismus wilde Fehden, ferner Gall's Schädellehre, die Homöopa¬ thie etc. In antiquarischen Wissenschaften sind die Feh¬ den zwischen Klotz und Lessing, Voß und Creuzer die berühmtesten geworden. In der Pädagogik hat Ba¬ sedew, Pestalozzi und später die Turnkunst die mei¬ sten Gegner gefunden. Endlich im Kunstgebiet sind Godsched, Lessing, die Brüder Schlegel, und neuer¬
fortgedauert. Katholiken und Proteſtanten ſtritten immerfort, Anfangs auch die Lutheraner und Refor¬ mirten, dann wuͤtheten die Orthodoxen gegen die dop¬ pelte Neuerung einerſeits der Philoſophie und des Nationalismus ſeit Thomaſius und Wolf, andrer¬ ſeits des Pietismus ſeit Philipp Spener. Der Kampf der Proteſtanten gegen die Katholiken entzuͤndete ſich vorzuͤglich in den fruͤhern Fehden gegen die Jeſuiten, beſonders um die Zeit, da dieſer Orden aufgeloͤst, und um die Zeit, da er wieder hergeſtellt wurde. Die Heerfuͤhrer der Proteſtanten ſind neuerdings Voß, Paulus, Krug, Tzſchirner, der Katholiken Goͤrres, Haller, Guͤgler ꝛc. Der Kampf der Theologen ge¬ gen die Nationaliſten und Naturaliſten wurde fort¬ geſetzt gegen Leſſing, Reimarus, Nicolai, Barth, Fichte ꝛc. Als Pietiſten wurden beſonders Zinzen¬ dorf, Lavater, Stilling, als myſtiſche Schwaͤrmer Gasner, Hohenlohe angegriffen. In der Philoſophie haben ſich alle Schulen angefeindet, beſonders aber haben Fichte und Schelling den heftigſten Streit mit den neuern Kantianern gehabt. In den Naturwiſſen¬ ſchaften erregte vorzuͤglich der Magnetismus wilde Fehden, ferner Gall's Schaͤdellehre, die Homoͤopa¬ thie ꝛc. In antiquariſchen Wiſſenſchaften ſind die Feh¬ den zwiſchen Klotz und Leſſing, Voß und Creuzer die beruͤhmteſten geworden. In der Paͤdagogik hat Ba¬ ſedew, Peſtalozzi und ſpaͤter die Turnkunſt die mei¬ ſten Gegner gefunden. Endlich im Kunſtgebiet ſind Godſched, Leſſing, die Bruͤder Schlegel, und neuer¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0308"n="298"/>
fortgedauert. Katholiken und Proteſtanten ſtritten<lb/>
immerfort, Anfangs auch die Lutheraner und Refor¬<lb/>
mirten, dann wuͤtheten die Orthodoxen gegen die dop¬<lb/>
pelte Neuerung einerſeits der Philoſophie und des<lb/>
Nationalismus ſeit Thomaſius und Wolf, andrer¬<lb/>ſeits des Pietismus ſeit Philipp Spener. Der Kampf<lb/>
der Proteſtanten gegen die Katholiken entzuͤndete ſich<lb/>
vorzuͤglich in den fruͤhern Fehden gegen die Jeſuiten,<lb/>
beſonders um die Zeit, da dieſer Orden aufgeloͤst,<lb/>
und um die Zeit, da er wieder hergeſtellt wurde.<lb/>
Die Heerfuͤhrer der Proteſtanten ſind neuerdings Voß,<lb/>
Paulus, Krug, Tzſchirner, der Katholiken Goͤrres,<lb/>
Haller, Guͤgler ꝛc. Der Kampf der Theologen ge¬<lb/>
gen die Nationaliſten und Naturaliſten wurde fort¬<lb/>
geſetzt gegen Leſſing, Reimarus, Nicolai, Barth,<lb/>
Fichte ꝛc. Als Pietiſten wurden beſonders Zinzen¬<lb/>
dorf, Lavater, Stilling, als myſtiſche Schwaͤrmer<lb/>
Gasner, Hohenlohe angegriffen. In der Philoſophie<lb/>
haben ſich alle Schulen angefeindet, beſonders aber<lb/>
haben Fichte und Schelling den heftigſten Streit mit<lb/>
den neuern Kantianern gehabt. In den Naturwiſſen¬<lb/>ſchaften erregte vorzuͤglich der Magnetismus wilde<lb/>
Fehden, ferner Gall's Schaͤdellehre, die Homoͤopa¬<lb/>
thie ꝛc. In antiquariſchen Wiſſenſchaften ſind die Feh¬<lb/>
den zwiſchen Klotz und Leſſing, Voß und Creuzer die<lb/>
beruͤhmteſten geworden. In der Paͤdagogik hat Ba¬<lb/>ſedew, Peſtalozzi und ſpaͤter die Turnkunſt die mei¬<lb/>ſten Gegner gefunden. Endlich im Kunſtgebiet ſind<lb/>
Godſched, Leſſing, die Bruͤder Schlegel, und neuer¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0308]
fortgedauert. Katholiken und Proteſtanten ſtritten
immerfort, Anfangs auch die Lutheraner und Refor¬
mirten, dann wuͤtheten die Orthodoxen gegen die dop¬
pelte Neuerung einerſeits der Philoſophie und des
Nationalismus ſeit Thomaſius und Wolf, andrer¬
ſeits des Pietismus ſeit Philipp Spener. Der Kampf
der Proteſtanten gegen die Katholiken entzuͤndete ſich
vorzuͤglich in den fruͤhern Fehden gegen die Jeſuiten,
beſonders um die Zeit, da dieſer Orden aufgeloͤst,
und um die Zeit, da er wieder hergeſtellt wurde.
Die Heerfuͤhrer der Proteſtanten ſind neuerdings Voß,
Paulus, Krug, Tzſchirner, der Katholiken Goͤrres,
Haller, Guͤgler ꝛc. Der Kampf der Theologen ge¬
gen die Nationaliſten und Naturaliſten wurde fort¬
geſetzt gegen Leſſing, Reimarus, Nicolai, Barth,
Fichte ꝛc. Als Pietiſten wurden beſonders Zinzen¬
dorf, Lavater, Stilling, als myſtiſche Schwaͤrmer
Gasner, Hohenlohe angegriffen. In der Philoſophie
haben ſich alle Schulen angefeindet, beſonders aber
haben Fichte und Schelling den heftigſten Streit mit
den neuern Kantianern gehabt. In den Naturwiſſen¬
ſchaften erregte vorzuͤglich der Magnetismus wilde
Fehden, ferner Gall's Schaͤdellehre, die Homoͤopa¬
thie ꝛc. In antiquariſchen Wiſſenſchaften ſind die Feh¬
den zwiſchen Klotz und Leſſing, Voß und Creuzer die
beruͤhmteſten geworden. In der Paͤdagogik hat Ba¬
ſedew, Peſtalozzi und ſpaͤter die Turnkunſt die mei¬
ſten Gegner gefunden. Endlich im Kunſtgebiet ſind
Godſched, Leſſing, die Bruͤder Schlegel, und neuer¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/308>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.