Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Baugewerken nach dem heutigen Stande der Verhältnisse überhaupt
zu stellen sind, in der Hauptsache nach eigenem Ermessen zu bilden
haben. Jm Allgemeinen ist jedoch darauf zu sehen, ob der Gesell
die gestellte Aufgabe technisch richtig aufgefaßt und auf praktisch aus-
führbare Weise behandelt habe. Jn dieser Hinsicht genügt es, wenn
der Maurergesell zu den ihm aufgegebenen Einrichtungen z. B. von
gewöhnlichen Wohn- und Wirthschaftsgebäuden, Schulen oder den
Hauptstücken größerer öffentlicher Gebäude die Grundrisse und Profile
mit den vorkommenden Gewölben, Treppen, Feuerungsanlagen etc. über-
haupt die richtige Construction aller dieser Haupttheile eines Gebäu-
des durch Zeichnung detaillirt anzugeben und zu entwickeln versteht,
der Zimmergesell aber innerhalb der Grenzen seiner Prüfungsaufgabe
die Balkenlagen, den Wand-, Decken- und Dachverband etc. richtig dar-
zustellen und zu zeichnen, auch die Treppen gehörig zu berechnen im
Stande ist, ohne daß ein jeder auch in denjenigen Theilen der Bau-
anlage, deren Ausführung dem andern Gewerbe angehört, vollständig
und im Detail bewandert zu sein brauchte.

Wie übrigens schon bei Bestimmung der Aufgabe das, was in
das Gebiet der höheren Baukunst schlägt, von dem, was für den ei-
gentlichen Gewerbsmeister gehört, wohl zu unterscheiden und daher
von dem Anspruche an eine künstlerische und streng wissenschaftlich
gehaltene Ausführung der erstern jedenfalls abzusehen ist, so werden
doch anderer Seits Verstöße, die sich der Examinand in seiner Aus-
arbeitung gegen die allgemein gültigen Regeln eines guten Geschmacks
in der Baukunst oder gegen anerkannte wissenschaftliche Grundsätze
zu Schulden gebracht haben sollte, bei dem endlichen Urtheile über
seine Befähigung nicht zu übersehen sein.

§. 5.

Liegt gegründeter Verdacht vor, daß der Gesell die Probe-
arbeit nicht selbst oder nicht ohne fremde Beihülfe gefertigt habe oder
trägt die Kommission aus einer andern Ursache Bedenken, sich über
die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Probestücks sofort bestimmt
zu entschließen, so ist der Gesell zwar eventuell zur mündlichen Prü-
fung vorzuladen, ihm jedoch zu erkennen zu geben, daß ihm die Ent-
werfung eines anderweiten Risses und Anschlags, um beides am Orte
der Prüfungskommission und unter deren Aufsicht auszuführen, werde
aufgegeben und von dem Ausfalle dieser zweiten Probearbeit seine
Zulassung zur mündlichen Prüfung werde abhängig gemacht werden
(Verordnung §. 8.).

§. 6.

Die mündliche Prüfung hat sich im Allgemeinen über
folgende Gegenstände zu erstrecken:

25 *

Baugewerken nach dem heutigen Stande der Verhältniſſe überhaupt
zu ſtellen ſind, in der Hauptſache nach eigenem Ermeſſen zu bilden
haben. Jm Allgemeinen iſt jedoch darauf zu ſehen, ob der Geſell
die geſtellte Aufgabe techniſch richtig aufgefaßt und auf praktiſch aus-
führbare Weiſe behandelt habe. Jn dieſer Hinſicht genügt es, wenn
der Maurergeſell zu den ihm aufgegebenen Einrichtungen z. B. von
gewöhnlichen Wohn- und Wirthſchaftsgebäuden, Schulen oder den
Hauptſtücken größerer öffentlicher Gebäude die Grundriſſe und Profile
mit den vorkommenden Gewölben, Treppen, Feuerungsanlagen ꝛc. über-
haupt die richtige Conſtruction aller dieſer Haupttheile eines Gebäu-
des durch Zeichnung detaillirt anzugeben und zu entwickeln verſteht,
der Zimmergeſell aber innerhalb der Grenzen ſeiner Prüfungsaufgabe
die Balkenlagen, den Wand-, Decken- und Dachverband ꝛc. richtig dar-
zuſtellen und zu zeichnen, auch die Treppen gehörig zu berechnen im
Stande iſt, ohne daß ein jeder auch in denjenigen Theilen der Bau-
anlage, deren Ausführung dem andern Gewerbe angehört, vollſtändig
und im Detail bewandert zu ſein brauchte.

Wie übrigens ſchon bei Beſtimmung der Aufgabe das, was in
das Gebiet der höheren Baukunſt ſchlägt, von dem, was für den ei-
gentlichen Gewerbsmeiſter gehört, wohl zu unterſcheiden und daher
von dem Anſpruche an eine künſtleriſche und ſtreng wiſſenſchaftlich
gehaltene Ausführung der erſtern jedenfalls abzuſehen iſt, ſo werden
doch anderer Seits Verſtöße, die ſich der Examinand in ſeiner Aus-
arbeitung gegen die allgemein gültigen Regeln eines guten Geſchmacks
in der Baukunſt oder gegen anerkannte wiſſenſchaftliche Grundſätze
zu Schulden gebracht haben ſollte, bei dem endlichen Urtheile über
ſeine Befähigung nicht zu überſehen ſein.

§. 5.

Liegt gegründeter Verdacht vor, daß der Geſell die Probe-
arbeit nicht ſelbſt oder nicht ohne fremde Beihülfe gefertigt habe oder
trägt die Kommiſſion aus einer andern Urſache Bedenken, ſich über
die Zuläſſigkeit oder Unzuläſſigkeit des Probeſtücks ſofort beſtimmt
zu entſchließen, ſo iſt der Geſell zwar eventuell zur mündlichen Prü-
fung vorzuladen, ihm jedoch zu erkennen zu geben, daß ihm die Ent-
werfung eines anderweiten Riſſes und Anſchlags, um beides am Orte
der Prüfungskommiſſion und unter deren Aufſicht auszuführen, werde
aufgegeben und von dem Ausfalle dieſer zweiten Probearbeit ſeine
Zulaſſung zur mündlichen Prüfung werde abhängig gemacht werden
(Verordnung §. 8.).

§. 6.

Die mündliche Prüfung hat ſich im Allgemeinen über
folgende Gegenſtände zu erſtrecken:

25 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <floatingText>
              <body>
                <div>
                  <div n="3">
                    <p><pb facs="#f0397" n="387"/>
Baugewerken nach dem heutigen Stande der Verhältni&#x017F;&#x017F;e überhaupt<lb/>
zu &#x017F;tellen &#x017F;ind, in der Haupt&#x017F;ache nach eigenem Erme&#x017F;&#x017F;en zu bilden<lb/>
haben. Jm Allgemeinen i&#x017F;t jedoch darauf zu &#x017F;ehen, ob der Ge&#x017F;ell<lb/>
die ge&#x017F;tellte Aufgabe techni&#x017F;ch richtig aufgefaßt und auf prakti&#x017F;ch aus-<lb/>
führbare Wei&#x017F;e behandelt habe. Jn die&#x017F;er Hin&#x017F;icht genügt es, wenn<lb/>
der Maurerge&#x017F;ell zu den ihm aufgegebenen Einrichtungen z. B. von<lb/>
gewöhnlichen Wohn- und Wirth&#x017F;chaftsgebäuden, Schulen oder den<lb/>
Haupt&#x017F;tücken größerer öffentlicher Gebäude die Grundri&#x017F;&#x017F;e und Profile<lb/>
mit den vorkommenden Gewölben, Treppen, Feuerungsanlagen &#xA75B;c. über-<lb/>
haupt die richtige Con&#x017F;truction aller die&#x017F;er Haupttheile eines Gebäu-<lb/>
des durch Zeichnung detaillirt anzugeben und zu entwickeln ver&#x017F;teht,<lb/>
der Zimmerge&#x017F;ell aber innerhalb der Grenzen &#x017F;einer Prüfungsaufgabe<lb/>
die Balkenlagen, den Wand-, Decken- und Dachverband &#xA75B;c. richtig dar-<lb/>
zu&#x017F;tellen und zu zeichnen, auch die Treppen gehörig zu berechnen im<lb/>
Stande i&#x017F;t, ohne daß ein jeder auch in denjenigen Theilen der Bau-<lb/>
anlage, deren Ausführung dem andern Gewerbe angehört, voll&#x017F;tändig<lb/>
und im Detail bewandert zu &#x017F;ein brauchte.</p><lb/>
                    <p>Wie übrigens &#x017F;chon bei Be&#x017F;timmung der Aufgabe das, was in<lb/>
das Gebiet der höheren Baukun&#x017F;t &#x017F;chlägt, von dem, was für den ei-<lb/>
gentlichen Gewerbsmei&#x017F;ter gehört, wohl zu unter&#x017F;cheiden und daher<lb/>
von dem An&#x017F;pruche an eine kün&#x017F;tleri&#x017F;che und &#x017F;treng wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich<lb/>
gehaltene Ausführung der er&#x017F;tern jedenfalls abzu&#x017F;ehen i&#x017F;t, &#x017F;o werden<lb/>
doch anderer Seits Ver&#x017F;töße, die &#x017F;ich der Examinand in &#x017F;einer Aus-<lb/>
arbeitung gegen die allgemein gültigen Regeln eines guten Ge&#x017F;chmacks<lb/>
in der Baukun&#x017F;t oder gegen anerkannte wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Grund&#x017F;ätze<lb/>
zu Schulden gebracht haben &#x017F;ollte, bei dem endlichen Urtheile über<lb/>
&#x017F;eine Befähigung nicht zu über&#x017F;ehen &#x017F;ein.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="3">
                    <head>§. 5.</head><lb/>
                    <p>Liegt gegründeter Verdacht vor, daß der Ge&#x017F;ell die Probe-<lb/>
arbeit nicht &#x017F;elb&#x017F;t oder nicht ohne fremde Beihülfe gefertigt habe oder<lb/>
trägt die Kommi&#x017F;&#x017F;ion aus einer andern Ur&#x017F;ache Bedenken, &#x017F;ich über<lb/>
die Zulä&#x017F;&#x017F;igkeit oder Unzulä&#x017F;&#x017F;igkeit des Probe&#x017F;tücks &#x017F;ofort be&#x017F;timmt<lb/>
zu ent&#x017F;chließen, &#x017F;o i&#x017F;t der Ge&#x017F;ell zwar eventuell zur mündlichen Prü-<lb/>
fung vorzuladen, ihm jedoch zu erkennen zu geben, daß ihm die Ent-<lb/>
werfung eines anderweiten Ri&#x017F;&#x017F;es und An&#x017F;chlags, um beides am Orte<lb/>
der Prüfungskommi&#x017F;&#x017F;ion und unter deren Auf&#x017F;icht auszuführen, werde<lb/>
aufgegeben und von dem Ausfalle die&#x017F;er zweiten Probearbeit &#x017F;eine<lb/>
Zula&#x017F;&#x017F;ung zur mündlichen Prüfung werde abhängig gemacht werden<lb/>
(Verordnung §. 8.).</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="3">
                    <head>§. 6.</head><lb/>
                    <p>Die mündliche Prüfung hat &#x017F;ich im Allgemeinen über<lb/>
folgende Gegen&#x017F;tände zu er&#x017F;trecken:</p><lb/>
                    <fw place="bottom" type="sig">25 *</fw><lb/>
                  </div>
                </div>
              </body>
            </floatingText>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0397] Baugewerken nach dem heutigen Stande der Verhältniſſe überhaupt zu ſtellen ſind, in der Hauptſache nach eigenem Ermeſſen zu bilden haben. Jm Allgemeinen iſt jedoch darauf zu ſehen, ob der Geſell die geſtellte Aufgabe techniſch richtig aufgefaßt und auf praktiſch aus- führbare Weiſe behandelt habe. Jn dieſer Hinſicht genügt es, wenn der Maurergeſell zu den ihm aufgegebenen Einrichtungen z. B. von gewöhnlichen Wohn- und Wirthſchaftsgebäuden, Schulen oder den Hauptſtücken größerer öffentlicher Gebäude die Grundriſſe und Profile mit den vorkommenden Gewölben, Treppen, Feuerungsanlagen ꝛc. über- haupt die richtige Conſtruction aller dieſer Haupttheile eines Gebäu- des durch Zeichnung detaillirt anzugeben und zu entwickeln verſteht, der Zimmergeſell aber innerhalb der Grenzen ſeiner Prüfungsaufgabe die Balkenlagen, den Wand-, Decken- und Dachverband ꝛc. richtig dar- zuſtellen und zu zeichnen, auch die Treppen gehörig zu berechnen im Stande iſt, ohne daß ein jeder auch in denjenigen Theilen der Bau- anlage, deren Ausführung dem andern Gewerbe angehört, vollſtändig und im Detail bewandert zu ſein brauchte. Wie übrigens ſchon bei Beſtimmung der Aufgabe das, was in das Gebiet der höheren Baukunſt ſchlägt, von dem, was für den ei- gentlichen Gewerbsmeiſter gehört, wohl zu unterſcheiden und daher von dem Anſpruche an eine künſtleriſche und ſtreng wiſſenſchaftlich gehaltene Ausführung der erſtern jedenfalls abzuſehen iſt, ſo werden doch anderer Seits Verſtöße, die ſich der Examinand in ſeiner Aus- arbeitung gegen die allgemein gültigen Regeln eines guten Geſchmacks in der Baukunſt oder gegen anerkannte wiſſenſchaftliche Grundſätze zu Schulden gebracht haben ſollte, bei dem endlichen Urtheile über ſeine Befähigung nicht zu überſehen ſein. §. 5. Liegt gegründeter Verdacht vor, daß der Geſell die Probe- arbeit nicht ſelbſt oder nicht ohne fremde Beihülfe gefertigt habe oder trägt die Kommiſſion aus einer andern Urſache Bedenken, ſich über die Zuläſſigkeit oder Unzuläſſigkeit des Probeſtücks ſofort beſtimmt zu entſchließen, ſo iſt der Geſell zwar eventuell zur mündlichen Prü- fung vorzuladen, ihm jedoch zu erkennen zu geben, daß ihm die Ent- werfung eines anderweiten Riſſes und Anſchlags, um beides am Orte der Prüfungskommiſſion und unter deren Aufſicht auszuführen, werde aufgegeben und von dem Ausfalle dieſer zweiten Probearbeit ſeine Zulaſſung zur mündlichen Prüfung werde abhängig gemacht werden (Verordnung §. 8.). §. 6. Die mündliche Prüfung hat ſich im Allgemeinen über folgende Gegenſtände zu erſtrecken: 25 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/397
Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/397>, abgerufen am 24.11.2024.