Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Von der Stätte, wo die stillen, ungezähmten Flammen wogen, Kommt ein dumpfes Menschenbrausen nach dem freien Strand gezogen: Attila, die Gottesgeißel, jagt auf blutbesprengten Pfaden Krieger mit zerbrochnen Schwertern, Fraun mit Schätzen schwer beladen. Wie zum Hades Schatten wandern, ziehn zum Meere die Gescheuchten, Das die purpurroth gefärbten Wolken weit hinaus beleuchten, Wittwen, Waisen schreiten jammernd, schweigend stürzen wunde Männer, Mitten im Gewühle bäumen Wagen sich und scheue Renner. Kniee wanken, Füße gleiten, Kästchen brechen, draus die hellen Goldnen Reife rollend springen und die weißen Perlen quellen. Nackte Küstenkinder starren gierig auf das rings zerstreute Gold, und doch betastet's keines, -- Etzel's ist die ganze Beute! Schiffer rüsten dunkle Nachen, drüber Wogen schäumend schlagen, Durch die weiße Brandung werden bleiche Fraun an Bord getragen -- Mit der Rechten an die phryg'sche Mütze langt der Meerplebejer, Beut zum Sprung ins Boot die Linke dem behelmten Aquilejer. Schon entflieht ein Schiff mit weh'nden Segeln, flatternden
Gewanden, Drin sich weitgetrennte Loose sonder Wahl zusammenfanden, Unbekannte Hände drücken sich in angstbeklommnem Traume, Aquileja's Ueberbleibsel schmiegen sich in engem Raume. Von der Stätte, wo die ſtillen, ungezähmten Flammen wogen, Kommt ein dumpfes Menſchenbrauſen nach dem freien Strand gezogen: Attila, die Gottesgeißel, jagt auf blutbeſprengten Pfaden Krieger mit zerbrochnen Schwertern, Fraun mit Schätzen ſchwer beladen. Wie zum Hades Schatten wandern, ziehn zum Meere die Geſcheuchten, Das die purpurroth gefärbten Wolken weit hinaus beleuchten, Wittwen, Waiſen ſchreiten jammernd, ſchweigend ſtürzen wunde Männer, Mitten im Gewühle bäumen Wagen ſich und ſcheue Renner. Kniee wanken, Füße gleiten, Käſtchen brechen, draus die hellen Goldnen Reife rollend ſpringen und die weißen Perlen quellen. Nackte Küſtenkinder ſtarren gierig auf das rings zerſtreute Gold, und doch betaſtet's keines, — Etzel's iſt die ganze Beute! Schiffer rüſten dunkle Nachen, drüber Wogen ſchäumend ſchlagen, Durch die weiße Brandung werden bleiche Fraun an Bord getragen — Mit der Rechten an die phryg'ſche Mütze langt der Meerplebejer, Beut zum Sprung ins Boot die Linke dem behelmten Aquilejer. Schon entflieht ein Schiff mit weh'nden Segeln, flatternden
Gewanden, Drin ſich weitgetrennte Looſe ſonder Wahl zuſammenfanden, Unbekannte Hände drücken ſich in angſtbeklommnem Traume, Aquileja's Ueberbleibſel ſchmiegen ſich in engem Raume. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0131" n="117"/> <lg n="5"> <l>Von der Stätte, wo die ſtillen, ungezähmten Flammen wogen,</l><lb/> <l>Kommt ein dumpfes Menſchenbrauſen nach dem freien Strand<lb/> gezogen:</l><lb/> <l>Attila, die Gottesgeißel, jagt auf blutbeſprengten Pfaden</l><lb/> <l>Krieger mit zerbrochnen Schwertern, Fraun mit Schätzen ſchwer<lb/> beladen.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Wie zum Hades Schatten wandern, ziehn zum Meere die<lb/> Geſcheuchten,</l><lb/> <l>Das die purpurroth gefärbten Wolken weit hinaus beleuchten,</l><lb/> <l>Wittwen, Waiſen ſchreiten jammernd, ſchweigend ſtürzen wunde<lb/> Männer,</l><lb/> <l>Mitten im Gewühle bäumen Wagen ſich und ſcheue Renner.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Kniee wanken, Füße gleiten, Käſtchen brechen, draus die hellen</l><lb/> <l>Goldnen Reife rollend ſpringen und die weißen Perlen quellen.</l><lb/> <l>Nackte Küſtenkinder ſtarren gierig auf das rings zerſtreute</l><lb/> <l>Gold, und doch betaſtet's keines, — Etzel's iſt die ganze Beute!</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Schiffer rüſten dunkle Nachen, drüber Wogen ſchäumend ſchlagen,</l><lb/> <l>Durch die weiße Brandung werden bleiche Fraun an Bord<lb/> getragen —</l><lb/> <l>Mit der Rechten an die phryg'ſche Mütze langt der Meerplebejer,</l><lb/> <l>Beut zum Sprung ins Boot die Linke dem behelmten Aquilejer.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Schon entflieht ein Schiff mit weh'nden Segeln, flatternden<lb/> Gewanden,</l><lb/> <l>Drin ſich weitgetrennte Looſe ſonder Wahl zuſammenfanden,</l><lb/> <l>Unbekannte Hände drücken ſich in angſtbeklommnem Traume,</l><lb/> <l>Aquileja's Ueberbleibſel ſchmiegen ſich in engem Raume.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0131]
Von der Stätte, wo die ſtillen, ungezähmten Flammen wogen,
Kommt ein dumpfes Menſchenbrauſen nach dem freien Strand
gezogen:
Attila, die Gottesgeißel, jagt auf blutbeſprengten Pfaden
Krieger mit zerbrochnen Schwertern, Fraun mit Schätzen ſchwer
beladen.
Wie zum Hades Schatten wandern, ziehn zum Meere die
Geſcheuchten,
Das die purpurroth gefärbten Wolken weit hinaus beleuchten,
Wittwen, Waiſen ſchreiten jammernd, ſchweigend ſtürzen wunde
Männer,
Mitten im Gewühle bäumen Wagen ſich und ſcheue Renner.
Kniee wanken, Füße gleiten, Käſtchen brechen, draus die hellen
Goldnen Reife rollend ſpringen und die weißen Perlen quellen.
Nackte Küſtenkinder ſtarren gierig auf das rings zerſtreute
Gold, und doch betaſtet's keines, — Etzel's iſt die ganze Beute!
Schiffer rüſten dunkle Nachen, drüber Wogen ſchäumend ſchlagen,
Durch die weiße Brandung werden bleiche Fraun an Bord
getragen —
Mit der Rechten an die phryg'ſche Mütze langt der Meerplebejer,
Beut zum Sprung ins Boot die Linke dem behelmten Aquilejer.
Schon entflieht ein Schiff mit weh'nden Segeln, flatternden
Gewanden,
Drin ſich weitgetrennte Looſe ſonder Wahl zuſammenfanden,
Unbekannte Hände drücken ſich in angſtbeklommnem Traume,
Aquileja's Ueberbleibſel ſchmiegen ſich in engem Raume.
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