"Ihr seid durch die Posaune der die Welt durch¬ fliegenden Fama davon unterrichtet," tönte es von der Kanzel herab, "welch schreckliche Hekatombe der papistische Fanatismus in einem uns verbündeten Lande gehäuft hat, -- wie sechshundert unsrer protestantischen Brüder ausgerottet wurden durch die Schärfe des Schwertes, -- wie die blutgeröthete Adda geschändete Leichen wälzte, während die verstümmelten Reste anderer auf offenem Felde liegen, dem krächzenden Gevögel ein scheußlicher Fraß. -- Aber daß der Himmel sogar in allgemeiner Vernichtung seine auserwählten Rüstzeuge zu bewahren weiß, dafür gab er uns, Geliebteste, ein den innigsten Dank erweckendes Zeugniß in der lebendig hier anwesen¬ den Person eines unsrer Herren Mitbürger, den er durch das menschliche Medium von dessen Fürsichtigkeit und Tapferkeit voraussichtlich zu höhern Zwecken mitten aus diesem Verderben gerettet hat." . . .
Eine andere Folge war, daß Wasers Vorgesetzte seit seiner Reise sich von ihm als einem tüchtigen und in Bündnerdingen bewanderten jungen Manne die er¬ sprießlichsten Dienste versprachen. Man berücksichtigte sein Urtheil, und vorzugsweise seiner gewandten Feder ward der öffentliche Verkehr mit den bündnerischen Be¬ hörden und der geheime Briefwechsel mit den zürcherischen Vertrauensmännern in diesem schicksalsvollen Lande zu¬
„Ihr ſeid durch die Poſaune der die Welt durch¬ fliegenden Fama davon unterrichtet,“ tönte es von der Kanzel herab, „welch ſchreckliche Hekatombe der papiſtiſche Fanatismus in einem uns verbündeten Lande gehäuft hat, — wie ſechshundert unſrer proteſtantiſchen Brüder ausgerottet wurden durch die Schärfe des Schwertes, — wie die blutgeröthete Adda geſchändete Leichen wälzte, während die verſtümmelten Reſte anderer auf offenem Felde liegen, dem krächzenden Gevögel ein ſcheußlicher Fraß. — Aber daß der Himmel ſogar in allgemeiner Vernichtung ſeine auserwählten Rüſtzeuge zu bewahren weiß, dafür gab er uns, Geliebteſte, ein den innigſten Dank erweckendes Zeugniß in der lebendig hier anweſen¬ den Perſon eines unſrer Herren Mitbürger, den er durch das menſchliche Medium von deſſen Fürſichtigkeit und Tapferkeit vorausſichtlich zu höhern Zwecken mitten aus dieſem Verderben gerettet hat.“ . . .
Eine andere Folge war, daß Waſers Vorgeſetzte ſeit ſeiner Reiſe ſich von ihm als einem tüchtigen und in Bündnerdingen bewanderten jungen Manne die er¬ ſprießlichſten Dienſte verſprachen. Man berückſichtigte ſein Urtheil, und vorzugsweiſe ſeiner gewandten Feder ward der öffentliche Verkehr mit den bündneriſchen Be¬ hörden und der geheime Briefwechſel mit den zürcheriſchen Vertrauensmännern in dieſem ſchickſalsvollen Lande zu¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0116"n="106"/><p>„Ihr ſeid durch die Poſaune der die Welt durch¬<lb/>
fliegenden Fama davon unterrichtet,“ tönte es von der<lb/>
Kanzel herab, „welch ſchreckliche Hekatombe der papiſtiſche<lb/>
Fanatismus in einem uns verbündeten Lande gehäuft<lb/>
hat, — wie ſechshundert unſrer proteſtantiſchen Brüder<lb/>
ausgerottet wurden durch die Schärfe des Schwertes, —<lb/>
wie die blutgeröthete Adda geſchändete Leichen wälzte,<lb/>
während die verſtümmelten Reſte anderer auf offenem<lb/>
Felde liegen, dem krächzenden Gevögel ein ſcheußlicher<lb/>
Fraß. — Aber daß der Himmel ſogar in allgemeiner<lb/>
Vernichtung ſeine auserwählten Rüſtzeuge zu bewahren<lb/>
weiß, dafür gab er uns, Geliebteſte, ein den innigſten<lb/>
Dank erweckendes Zeugniß in der lebendig hier anweſen¬<lb/>
den Perſon eines unſrer Herren Mitbürger, den er<lb/>
durch das menſchliche Medium von deſſen Fürſichtigkeit<lb/>
und Tapferkeit vorausſichtlich zu höhern Zwecken mitten<lb/>
aus dieſem Verderben gerettet hat.“ . . .</p><lb/><p>Eine andere Folge war, daß Waſers Vorgeſetzte<lb/>ſeit ſeiner Reiſe ſich von ihm als einem tüchtigen und<lb/>
in Bündnerdingen bewanderten jungen Manne die er¬<lb/>ſprießlichſten Dienſte verſprachen. Man berückſichtigte<lb/>ſein Urtheil, und vorzugsweiſe ſeiner gewandten Feder<lb/>
ward der öffentliche Verkehr mit den bündneriſchen Be¬<lb/>
hörden und der geheime Briefwechſel mit den zürcheriſchen<lb/>
Vertrauensmännern in dieſem ſchickſalsvollen Lande zu¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[106/0116]
„Ihr ſeid durch die Poſaune der die Welt durch¬
fliegenden Fama davon unterrichtet,“ tönte es von der
Kanzel herab, „welch ſchreckliche Hekatombe der papiſtiſche
Fanatismus in einem uns verbündeten Lande gehäuft
hat, — wie ſechshundert unſrer proteſtantiſchen Brüder
ausgerottet wurden durch die Schärfe des Schwertes, —
wie die blutgeröthete Adda geſchändete Leichen wälzte,
während die verſtümmelten Reſte anderer auf offenem
Felde liegen, dem krächzenden Gevögel ein ſcheußlicher
Fraß. — Aber daß der Himmel ſogar in allgemeiner
Vernichtung ſeine auserwählten Rüſtzeuge zu bewahren
weiß, dafür gab er uns, Geliebteſte, ein den innigſten
Dank erweckendes Zeugniß in der lebendig hier anweſen¬
den Perſon eines unſrer Herren Mitbürger, den er
durch das menſchliche Medium von deſſen Fürſichtigkeit
und Tapferkeit vorausſichtlich zu höhern Zwecken mitten
aus dieſem Verderben gerettet hat.“ . . .
Eine andere Folge war, daß Waſers Vorgeſetzte
ſeit ſeiner Reiſe ſich von ihm als einem tüchtigen und
in Bündnerdingen bewanderten jungen Manne die er¬
ſprießlichſten Dienſte verſprachen. Man berückſichtigte
ſein Urtheil, und vorzugsweiſe ſeiner gewandten Feder
ward der öffentliche Verkehr mit den bündneriſchen Be¬
hörden und der geheime Briefwechſel mit den zürcheriſchen
Vertrauensmännern in dieſem ſchickſalsvollen Lande zu¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/116>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.