gewiesen. Und, wunderbar, die todten Buchstaben der jetzt Schlag auf Schlag aus Chur eintreffenden Berichte bewegten, was sonst nicht der Fall gewesen war, sein Herz noch mehr, als sie seinen Scharfsinn beschäftigten. Zwischen den Zeilen blickten die kraftvollen Köpfe des stolzen Planta, des feurigen Jenatsch, des kalt fanatischen Blasius Alexander hervor und verdeutlichten ihm die Natur dieses ungebändigten, parteisüchtigen, unter einer ruhigen Außenseite tief leidenschaftlichen und seine wilde Freiheit über Alles liebenden Volksstammes.
Oft wenn er ungestört an seinem Arbeitstische saß, ward er unversehens zurückgetragen in die Vergangenheit. Er stand wieder in Berbenn vor dem brennenden Hause und sah den Schulfreund aus den Flammen treten, sein noch im blassen Tode wunderschönes Weib über der Schulter, er sah ihn unausgesetzt, unermüdet, wortlos voranschreiten auf den gefährlichen Bergpfaden und über die zerrissenen Gletscher, bis der Schweigsame seine Last niederlegte auf dem Kirchhofe von Vicosoprano, um sie dort in Bündnererde zu bestatten. Immer mehr wurde Heinrich Waser von dem Eindrucke bewältigt, die Lohe, welche den häuslichen Herd des Bündners verzehrt, flamme fort als verborgener unauslöschlicher Rachebrand in seiner Brust, von einem eisernen Entschluße bis zur günstigen Stunde niedergehalten, und als Jürg thränen¬
gewieſen. Und, wunderbar, die todten Buchſtaben der jetzt Schlag auf Schlag aus Chur eintreffenden Berichte bewegten, was ſonſt nicht der Fall geweſen war, ſein Herz noch mehr, als ſie ſeinen Scharfſinn beſchäftigten. Zwiſchen den Zeilen blickten die kraftvollen Köpfe des ſtolzen Planta, des feurigen Jenatſch, des kalt fanatiſchen Blaſius Alexander hervor und verdeutlichten ihm die Natur dieſes ungebändigten, parteiſüchtigen, unter einer ruhigen Außenſeite tief leidenſchaftlichen und ſeine wilde Freiheit über Alles liebenden Volksſtammes.
Oft wenn er ungeſtört an ſeinem Arbeitstiſche ſaß, ward er unverſehens zurückgetragen in die Vergangenheit. Er ſtand wieder in Berbenn vor dem brennenden Hauſe und ſah den Schulfreund aus den Flammen treten, ſein noch im blaſſen Tode wunderſchönes Weib über der Schulter, er ſah ihn unausgeſetzt, unermüdet, wortlos voranſchreiten auf den gefährlichen Bergpfaden und über die zerriſſenen Gletſcher, bis der Schweigſame ſeine Laſt niederlegte auf dem Kirchhofe von Vicoſoprano, um ſie dort in Bündnererde zu beſtatten. Immer mehr wurde Heinrich Waſer von dem Eindrucke bewältigt, die Lohe, welche den häuslichen Herd des Bündners verzehrt, flamme fort als verborgener unauslöſchlicher Rachebrand in ſeiner Bruſt, von einem eiſernen Entſchluße bis zur günſtigen Stunde niedergehalten, und als Jürg thränen¬
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gewieſen. Und, wunderbar, die todten Buchſtaben der
jetzt Schlag auf Schlag aus Chur eintreffenden Berichte
bewegten, was ſonſt nicht der Fall geweſen war, ſein
Herz noch mehr, als ſie ſeinen Scharfſinn beſchäftigten.
Zwiſchen den Zeilen blickten die kraftvollen Köpfe des
ſtolzen Planta, des feurigen Jenatſch, des kalt fanatiſchen
Blaſius Alexander hervor und verdeutlichten ihm die
Natur dieſes ungebändigten, parteiſüchtigen, unter einer
ruhigen Außenſeite tief leidenſchaftlichen und ſeine wilde
Freiheit über Alles liebenden Volksſtammes.
Oft wenn er ungeſtört an ſeinem Arbeitstiſche ſaß,
ward er unverſehens zurückgetragen in die Vergangenheit.
Er ſtand wieder in Berbenn vor dem brennenden Hauſe
und ſah den Schulfreund aus den Flammen treten, ſein
noch im blaſſen Tode wunderſchönes Weib über der
Schulter, er ſah ihn unausgeſetzt, unermüdet, wortlos
voranſchreiten auf den gefährlichen Bergpfaden und über
die zerriſſenen Gletſcher, bis der Schweigſame ſeine Laſt
niederlegte auf dem Kirchhofe von Vicoſoprano, um ſie
dort in Bündnererde zu beſtatten. Immer mehr wurde
Heinrich Waſer von dem Eindrucke bewältigt, die Lohe,
welche den häuslichen Herd des Bündners verzehrt,
flamme fort als verborgener unauslöſchlicher Rachebrand
in ſeiner Bruſt, von einem eiſernen Entſchluße bis zur
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/117>, abgerufen am 04.12.2024.
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