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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Erkennst Du in dem schneeweißen Rundkragen
dort, dem ansehnlichen Herrn, der vor der Herzogin
scharwenzelt, unsern alten Schulkameraden Waser von
Zürich?" unterbrach Fausch den stürmischen Gedanken¬
flug des Hauptmanns. "Seine Manschetten sind so
sauber und schmuck wie vordem sein Schulheft im Loch."

"Richtig! dort steht Waser! -- Was sucht der in
Venedig?" flüsterte Jenatsch.

"Da hab' ich meine Vermuthungen. . . . Vielleicht
hat Zürich irgend eine Rechnung für seine Compagnien
im Dienste von San Marco zu ordnen -- das ist aber
nur Vorwand, sicherlich -- und der Fuchs dort hat wohl
mehr mit dem französischen Herzog als mit dem ge¬
flügelten Löwen zu thun. Das französische Heer, das
der Herzog auf das Kriegstheater führen wird, sammelt
sich, sagt man, im Elsaß und er kann es nur über den
Boden der protestantischen Kantone nach Bünden bringen.
Die Herren von Zürich aber berühmen sich, ihre Neu¬
tralität zwischen Frankreich und Oesterreich streng und
peinlich aufrecht zu halten. . . . Nur durch einen unvor¬
hergesehenen raschen Durchbruch könnte sie vorübergehend
perturbirt und die scharfsichtigste Wachsamkeit betrogen
werden. Dieses jeder Vorsicht der Zürcherischen Regen¬
ten spottende Ereigniß kartet ihr braver Kanzler dort mit
dem Herzog ab".

„Erkennſt Du in dem ſchneeweißen Rundkragen
dort, dem anſehnlichen Herrn, der vor der Herzogin
ſcharwenzelt, unſern alten Schulkameraden Waſer von
Zürich?“ unterbrach Fauſch den ſtürmiſchen Gedanken¬
flug des Hauptmanns. „Seine Manſchetten ſind ſo
ſauber und ſchmuck wie vordem ſein Schulheft im Loch.“

„Richtig! dort ſteht Waſer! — Was ſucht der in
Venedig?“ flüſterte Jenatſch.

„Da hab' ich meine Vermuthungen. . . . Vielleicht
hat Zürich irgend eine Rechnung für ſeine Compagnien
im Dienſte von San Marco zu ordnen — das iſt aber
nur Vorwand, ſicherlich — und der Fuchs dort hat wohl
mehr mit dem franzöſiſchen Herzog als mit dem ge¬
flügelten Löwen zu thun. Das franzöſiſche Heer, das
der Herzog auf das Kriegstheater führen wird, ſammelt
ſich, ſagt man, im Elſaß und er kann es nur über den
Boden der proteſtantiſchen Kantone nach Bünden bringen.
Die Herren von Zürich aber berühmen ſich, ihre Neu¬
tralität zwiſchen Frankreich und Oeſterreich ſtreng und
peinlich aufrecht zu halten. . . . Nur durch einen unvor¬
hergeſehenen raſchen Durchbruch könnte ſie vorübergehend
perturbirt und die ſcharfſichtigſte Wachſamkeit betrogen
werden. Dieſes jeder Vorſicht der Zürcheriſchen Regen¬
ten ſpottende Ereigniß kartet ihr braver Kanzler dort mit
dem Herzog ab“.

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[138/0148] „Erkennſt Du in dem ſchneeweißen Rundkragen dort, dem anſehnlichen Herrn, der vor der Herzogin ſcharwenzelt, unſern alten Schulkameraden Waſer von Zürich?“ unterbrach Fauſch den ſtürmiſchen Gedanken¬ flug des Hauptmanns. „Seine Manſchetten ſind ſo ſauber und ſchmuck wie vordem ſein Schulheft im Loch.“ „Richtig! dort ſteht Waſer! — Was ſucht der in Venedig?“ flüſterte Jenatſch. „Da hab' ich meine Vermuthungen. . . . Vielleicht hat Zürich irgend eine Rechnung für ſeine Compagnien im Dienſte von San Marco zu ordnen — das iſt aber nur Vorwand, ſicherlich — und der Fuchs dort hat wohl mehr mit dem franzöſiſchen Herzog als mit dem ge¬ flügelten Löwen zu thun. Das franzöſiſche Heer, das der Herzog auf das Kriegstheater führen wird, ſammelt ſich, ſagt man, im Elſaß und er kann es nur über den Boden der proteſtantiſchen Kantone nach Bünden bringen. Die Herren von Zürich aber berühmen ſich, ihre Neu¬ tralität zwiſchen Frankreich und Oeſterreich ſtreng und peinlich aufrecht zu halten. . . . Nur durch einen unvor¬ hergeſehenen raſchen Durchbruch könnte ſie vorübergehend perturbirt und die ſcharfſichtigſte Wachſamkeit betrogen werden. Dieſes jeder Vorſicht der Zürcheriſchen Regen¬ ten ſpottende Ereigniß kartet ihr braver Kanzler dort mit dem Herzog ab“.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/148>, abgerufen am 28.11.2024.