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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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und flatternden Mänteln erinnerten auffallend an kolos¬
sale gespießte Schmetterlinge. --

"In Zürich," warf er jetzt hin, "sind die Men¬
schen so klein wie die Verhältnisse, und Bünden, haltet
es mir zu gut, Hauptmann, kenne ich bis jetzt nur durch
mein Fachstudium, das heißt als eines der interessante¬
sten Operationsfelder. Wollt Ihr dort den Leonidas
spielen, und mit mehr Glück als der erste, so will ich's
Euch nicht neiden. -- Ich aber meine, das Auftauchen
außerordentlicher Menschen und das Aufflackern großer
Leidenschaften, das bei der mißlichen Beschaffenheit der
menschlichen Natur doch einmal nicht von Dauer ist,
reiche nirgends aus. Um aus den durcheinandergewür¬
felten Elementen der Welt etwas Planvolles zusammen¬
zubauen, braucht es meines Bedünkens kältere Eigen¬
schaften: Menschenkenntniß, will sagen Kenntniß der
Drähte, an welchen sie tanzen, eiserne Disziplin und
im Wechsel der Personen und Dinge festgehaltene In¬
teressen. -- Aus diesem Gesichtspunkte muß ich Jene
dort als Meister loben!" und er wies mit einer komi¬
schen, zwischen Ernst und Spott schillernden Miene
hinüber nach dem Prachtgiebel der Jesuiten.

Und der Locotenent ließ sich von der Muße und
Laune des Augenblickes verlocken, eine Lobrede auf den
berühmten Orden zu halten, welche aus dem Munde

und flatternden Mänteln erinnerten auffallend an koloſ¬
ſale geſpießte Schmetterlinge. —

„In Zürich,“ warf er jetzt hin, „ſind die Men¬
ſchen ſo klein wie die Verhältniſſe, und Bünden, haltet
es mir zu gut, Hauptmann, kenne ich bis jetzt nur durch
mein Fachſtudium, das heißt als eines der intereſſante¬
ſten Operationsfelder. Wollt Ihr dort den Leonidas
ſpielen, und mit mehr Glück als der erſte, ſo will ich's
Euch nicht neiden. — Ich aber meine, das Auftauchen
außerordentlicher Menſchen und das Aufflackern großer
Leidenſchaften, das bei der mißlichen Beſchaffenheit der
menſchlichen Natur doch einmal nicht von Dauer iſt,
reiche nirgends aus. Um aus den durcheinandergewür¬
felten Elementen der Welt etwas Planvolles zuſammen¬
zubauen, braucht es meines Bedünkens kältere Eigen¬
ſchaften: Menſchenkenntniß, will ſagen Kenntniß der
Drähte, an welchen ſie tanzen, eiſerne Disziplin und
im Wechſel der Perſonen und Dinge feſtgehaltene In¬
tereſſen. — Aus dieſem Geſichtspunkte muß ich Jene
dort als Meiſter loben!“ und er wies mit einer komi¬
ſchen, zwiſchen Ernſt und Spott ſchillernden Miene
hinüber nach dem Prachtgiebel der Jeſuiten.

Und der Locotenent ließ ſich von der Muße und
Laune des Augenblickes verlocken, eine Lobrede auf den
berühmten Orden zu halten, welche aus dem Munde

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[156/0166] und flatternden Mänteln erinnerten auffallend an koloſ¬ ſale geſpießte Schmetterlinge. — „In Zürich,“ warf er jetzt hin, „ſind die Men¬ ſchen ſo klein wie die Verhältniſſe, und Bünden, haltet es mir zu gut, Hauptmann, kenne ich bis jetzt nur durch mein Fachſtudium, das heißt als eines der intereſſante¬ ſten Operationsfelder. Wollt Ihr dort den Leonidas ſpielen, und mit mehr Glück als der erſte, ſo will ich's Euch nicht neiden. — Ich aber meine, das Auftauchen außerordentlicher Menſchen und das Aufflackern großer Leidenſchaften, das bei der mißlichen Beſchaffenheit der menſchlichen Natur doch einmal nicht von Dauer iſt, reiche nirgends aus. Um aus den durcheinandergewür¬ felten Elementen der Welt etwas Planvolles zuſammen¬ zubauen, braucht es meines Bedünkens kältere Eigen¬ ſchaften: Menſchenkenntniß, will ſagen Kenntniß der Drähte, an welchen ſie tanzen, eiſerne Disziplin und im Wechſel der Perſonen und Dinge feſtgehaltene In¬ tereſſen. — Aus dieſem Geſichtspunkte muß ich Jene dort als Meiſter loben!“ und er wies mit einer komi¬ ſchen, zwiſchen Ernſt und Spott ſchillernden Miene hinüber nach dem Prachtgiebel der Jeſuiten. Und der Locotenent ließ ſich von der Muße und Laune des Augenblickes verlocken, eine Lobrede auf den berühmten Orden zu halten, welche aus dem Munde

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/166>, abgerufen am 26.11.2024.