ein Scherzwort, das er ihm zuzuwerfen im Begriffe war, erstarb auf seiner Lippe und ihn fröstelte.
Das braune Antlitz des in der Gondel Zurück¬ gelehnten, das er im Laufe dieses Tages immer belebt und bewegt gesehen hatte von den verschiedensten Aeuße¬ rungen eines feurigen Temperamentes und geschmeidi¬ gen Geistes, es war wie erstorben und erkaltet zu metallener Härte. Unverwandt staunte es vor sich hin auf die dämmernd gerötheten Wellen und er¬ schien fremdartig verzogen und drohend in seiner Er¬ starrung.
Der Zürcher indessen ließ sich nicht gerne verblüffen und, da ihm nichts Schickliches und Kluges einfiel, kam er noch einmal mit bewundernden Ausführungen auf die bündnerische Judith zurück.
"Laßt doch die unwürdige, die überaus unpassende Vergleichung!" fuhr jetzt der Andre heftig und scharf aus seinem Traume auf. -- "Jede Bündnerin hätte an Lucretias Stelle wie sie gethan."
Dann schien er plötzlich die nahenden Lichter der Stadt zu bemerken und sprang, auf sie hinweisend, ohne jede Vermittlung in einen liebenswürdigen Ton über. "Da langen wir ja schon an," sagte er leicht¬ hin. "Könnten wir nicht, bevor wir an der Treppe des Herzogs anlegen, hinaus an die Zattere fahren,
ein Scherzwort, das er ihm zuzuwerfen im Begriffe war, erſtarb auf ſeiner Lippe und ihn fröſtelte.
Das braune Antlitz des in der Gondel Zurück¬ gelehnten, das er im Laufe dieſes Tages immer belebt und bewegt geſehen hatte von den verſchiedenſten Aeuße¬ rungen eines feurigen Temperamentes und geſchmeidi¬ gen Geiſtes, es war wie erſtorben und erkaltet zu metallener Härte. Unverwandt ſtaunte es vor ſich hin auf die dämmernd gerötheten Wellen und er¬ ſchien fremdartig verzogen und drohend in ſeiner Er¬ ſtarrung.
Der Zürcher indeſſen ließ ſich nicht gerne verblüffen und, da ihm nichts Schickliches und Kluges einfiel, kam er noch einmal mit bewundernden Ausführungen auf die bündneriſche Judith zurück.
„Laßt doch die unwürdige, die überaus unpaſſende Vergleichung!“ fuhr jetzt der Andre heftig und ſcharf aus ſeinem Traume auf. — „Jede Bündnerin hätte an Lucretias Stelle wie ſie gethan.“
Dann ſchien er plötzlich die nahenden Lichter der Stadt zu bemerken und ſprang, auf ſie hinweiſend, ohne jede Vermittlung in einen liebenswürdigen Ton über. „Da langen wir ja ſchon an,“ ſagte er leicht¬ hin. „Könnten wir nicht, bevor wir an der Treppe des Herzogs anlegen, hinaus an die Zattere fahren,
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ein Scherzwort, das er ihm zuzuwerfen im Begriffe
war, erſtarb auf ſeiner Lippe und ihn fröſtelte.
Das braune Antlitz des in der Gondel Zurück¬
gelehnten, das er im Laufe dieſes Tages immer belebt
und bewegt geſehen hatte von den verſchiedenſten Aeuße¬
rungen eines feurigen Temperamentes und geſchmeidi¬
gen Geiſtes, es war wie erſtorben und erkaltet zu
metallener Härte. Unverwandt ſtaunte es vor ſich
hin auf die dämmernd gerötheten Wellen und er¬
ſchien fremdartig verzogen und drohend in ſeiner Er¬
ſtarrung.
Der Zürcher indeſſen ließ ſich nicht gerne verblüffen
und, da ihm nichts Schickliches und Kluges einfiel,
kam er noch einmal mit bewundernden Ausführungen
auf die bündneriſche Judith zurück.
„Laßt doch die unwürdige, die überaus unpaſſende
Vergleichung!“ fuhr jetzt der Andre heftig und ſcharf
aus ſeinem Traume auf. — „Jede Bündnerin hätte
an Lucretias Stelle wie ſie gethan.“
Dann ſchien er plötzlich die nahenden Lichter der
Stadt zu bemerken und ſprang, auf ſie hinweiſend,
ohne jede Vermittlung in einen liebenswürdigen Ton
über. „Da langen wir ja ſchon an,“ ſagte er leicht¬
hin. „Könnten wir nicht, bevor wir an der Treppe
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/176>, abgerufen am 26.11.2024.
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