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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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nender Uebung erhielt. Er hatte zuerst den durch seine
weltlustige Pracht ihn täglich überraschenden Markus¬
platz aufgesucht und sich hierauf sinnreich durch die enge
lärmende Merceria nach dem Rialto durchgefunden.
Dort hatte er von der Höhe des Brückenbogens mit
aufmerksamem Auge den unendlichen Handel und Wan¬
del der meerbeherrschenden Stadt gemustert. Dann
war ihm plötzlich eingefallen, hinunterzusteigen auf den
nahen Fischmarkt und die eben anlangenden seltsam ge¬
formten Seeungethüme zu besichtigen. Hier fiel sein
Blick auf den von Herzog Rohan bewohnten Palast
und in seinem Herzen erwachte der Wunsch, den gestern
zweimal nur flüchtig begrüßten Jugendgenossen zu be¬
suchen und sich nach dessen Fahrten und Schicksalen
freundschaftlich zu erkundigen. Sicher, im Palaste des
Herzogs ermitteln zu können wo Jenatsch hause, und
nicht ohne Hoffnung ihn dort vielleicht persönlich zu
treffen, winkte er einem Gondolier, der ihn mit wenigen
Ruderschlägen an die Aufgangstreppe des Palastes
brachte. Da er von der Dienerschaft erfuhr, Jenatsch
sei nicht hier und der Herzog beschäftigt, ließ er sich
bei der Frau Herzogin anmelden.

Die hohe Dame dann hatte ihm die gestrigen Er¬
eignisse bewegt und wirkungsvoll, aber höchst unklar
geschildert und dabei Andeutungen gemacht über das

nender Uebung erhielt. Er hatte zuerſt den durch ſeine
weltluſtige Pracht ihn täglich überraſchenden Markus¬
platz aufgeſucht und ſich hierauf ſinnreich durch die enge
lärmende Merceria nach dem Rialto durchgefunden.
Dort hatte er von der Höhe des Brückenbogens mit
aufmerkſamem Auge den unendlichen Handel und Wan¬
del der meerbeherrſchenden Stadt gemuſtert. Dann
war ihm plötzlich eingefallen, hinunterzuſteigen auf den
nahen Fiſchmarkt und die eben anlangenden ſeltſam ge¬
formten Seeungethüme zu beſichtigen. Hier fiel ſein
Blick auf den von Herzog Rohan bewohnten Palaſt
und in ſeinem Herzen erwachte der Wunſch, den geſtern
zweimal nur flüchtig begrüßten Jugendgenoſſen zu be¬
ſuchen und ſich nach deſſen Fahrten und Schickſalen
freundſchaftlich zu erkundigen. Sicher, im Palaſte des
Herzogs ermitteln zu können wo Jenatſch hauſe, und
nicht ohne Hoffnung ihn dort vielleicht perſönlich zu
treffen, winkte er einem Gondolier, der ihn mit wenigen
Ruderſchlägen an die Aufgangstreppe des Palaſtes
brachte. Da er von der Dienerſchaft erfuhr, Jenatſch
ſei nicht hier und der Herzog beſchäftigt, ließ er ſich
bei der Frau Herzogin anmelden.

Die hohe Dame dann hatte ihm die geſtrigen Er¬
eigniſſe bewegt und wirkungsvoll, aber höchſt unklar
geſchildert und dabei Andeutungen gemacht über das

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[184/0194] nender Uebung erhielt. Er hatte zuerſt den durch ſeine weltluſtige Pracht ihn täglich überraſchenden Markus¬ platz aufgeſucht und ſich hierauf ſinnreich durch die enge lärmende Merceria nach dem Rialto durchgefunden. Dort hatte er von der Höhe des Brückenbogens mit aufmerkſamem Auge den unendlichen Handel und Wan¬ del der meerbeherrſchenden Stadt gemuſtert. Dann war ihm plötzlich eingefallen, hinunterzuſteigen auf den nahen Fiſchmarkt und die eben anlangenden ſeltſam ge¬ formten Seeungethüme zu beſichtigen. Hier fiel ſein Blick auf den von Herzog Rohan bewohnten Palaſt und in ſeinem Herzen erwachte der Wunſch, den geſtern zweimal nur flüchtig begrüßten Jugendgenoſſen zu be¬ ſuchen und ſich nach deſſen Fahrten und Schickſalen freundſchaftlich zu erkundigen. Sicher, im Palaſte des Herzogs ermitteln zu können wo Jenatſch hauſe, und nicht ohne Hoffnung ihn dort vielleicht perſönlich zu treffen, winkte er einem Gondolier, der ihn mit wenigen Ruderſchlägen an die Aufgangstreppe des Palaſtes brachte. Da er von der Dienerſchaft erfuhr, Jenatſch ſei nicht hier und der Herzog beſchäftigt, ließ er ſich bei der Frau Herzogin anmelden. Die hohe Dame dann hatte ihm die geſtrigen Er¬ eigniſſe bewegt und wirkungsvoll, aber höchſt unklar geſchildert und dabei Andeutungen gemacht über das

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/194>, abgerufen am 24.11.2024.