Duft seines Nestes wieder zu riechen, aber verschwieg dabei natürlich, daß er sich dort dem Herzoge bei seinem Durchbruche aus dem Elsaß nach Graubünden anschließen und die Wartezeit zu Werbungen für Frankreich ver¬ wenden werde. Dagegen berichtete er weitläufig, die aus Mailand entflohene dolchführende Schönheit habe er nicht nur kennen gelernt, sondern es werde ihm so¬ gar die Ehre zu Theil, besagte tapfere Person auf Ge¬ heiß des Herzogs über das Gebirge nach Bünden zu geleiten, was ihn von seiner eigenen Reiseroute nicht abführe. -- Als Belohnung für die vom Vetter ihm zum Besten gegebene Geschichte und als deren Vervoll¬ ständigung erzählte er ihm den unerwarteten Auftritt im Saale des Herzogs, dem er, persönlich unbetheiligt, mit gekreuzten Armen als vergessener Beobachter hinter einer bergenden Säule beigewohnt habe, -- halb gerührt, halb ärgerlich, -- denn er sei eigentlich kein Liebhaber heftig ausbrechender Gefühle. In einen solchen vul¬ kanischen Ausbruch aber habe die bescheidene, von der sentimentalen Herzogin in Scene gesetzte Vorführung einer Schutzflehenden plötzlich umgeschlagen. Er selbst habe die Lunte angezündet, indem er den Heldenspieler eingeführt, einen tapfern Soldaten, aber leider ehe¬ maligen Pfarrer, der ihm trotz einiger tüchtiger Eigen¬ schaften wenig sympathisch sei, da demselben gewisse
Duft ſeines Neſtes wieder zu riechen, aber verſchwieg dabei natürlich, daß er ſich dort dem Herzoge bei ſeinem Durchbruche aus dem Elſaß nach Graubünden anſchließen und die Wartezeit zu Werbungen für Frankreich ver¬ wenden werde. Dagegen berichtete er weitläufig, die aus Mailand entflohene dolchführende Schönheit habe er nicht nur kennen gelernt, ſondern es werde ihm ſo¬ gar die Ehre zu Theil, beſagte tapfere Perſon auf Ge¬ heiß des Herzogs über das Gebirge nach Bünden zu geleiten, was ihn von ſeiner eigenen Reiſeroute nicht abführe. — Als Belohnung für die vom Vetter ihm zum Beſten gegebene Geſchichte und als deren Vervoll¬ ſtändigung erzählte er ihm den unerwarteten Auftritt im Saale des Herzogs, dem er, perſönlich unbetheiligt, mit gekreuzten Armen als vergeſſener Beobachter hinter einer bergenden Säule beigewohnt habe, — halb gerührt, halb ärgerlich, — denn er ſei eigentlich kein Liebhaber heftig ausbrechender Gefühle. In einen ſolchen vul¬ kaniſchen Ausbruch aber habe die beſcheidene, von der ſentimentalen Herzogin in Scene geſetzte Vorführung einer Schutzflehenden plötzlich umgeſchlagen. Er ſelbſt habe die Lunte angezündet, indem er den Heldenſpieler eingeführt, einen tapfern Soldaten, aber leider ehe¬ maligen Pfarrer, der ihm trotz einiger tüchtiger Eigen¬ ſchaften wenig ſympathiſch ſei, da demſelben gewiſſe
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[207/0217]
Duft ſeines Neſtes wieder zu riechen, aber verſchwieg
dabei natürlich, daß er ſich dort dem Herzoge bei ſeinem
Durchbruche aus dem Elſaß nach Graubünden anſchließen
und die Wartezeit zu Werbungen für Frankreich ver¬
wenden werde. Dagegen berichtete er weitläufig, die
aus Mailand entflohene dolchführende Schönheit habe
er nicht nur kennen gelernt, ſondern es werde ihm ſo¬
gar die Ehre zu Theil, beſagte tapfere Perſon auf Ge¬
heiß des Herzogs über das Gebirge nach Bünden zu
geleiten, was ihn von ſeiner eigenen Reiſeroute nicht
abführe. — Als Belohnung für die vom Vetter ihm
zum Beſten gegebene Geſchichte und als deren Vervoll¬
ſtändigung erzählte er ihm den unerwarteten Auftritt
im Saale des Herzogs, dem er, perſönlich unbetheiligt,
mit gekreuzten Armen als vergeſſener Beobachter hinter
einer bergenden Säule beigewohnt habe, — halb gerührt,
halb ärgerlich, — denn er ſei eigentlich kein Liebhaber
heftig ausbrechender Gefühle. In einen ſolchen vul¬
kaniſchen Ausbruch aber habe die beſcheidene, von der
ſentimentalen Herzogin in Scene geſetzte Vorführung
einer Schutzflehenden plötzlich umgeſchlagen. Er ſelbſt
habe die Lunte angezündet, indem er den Heldenſpieler
eingeführt, einen tapfern Soldaten, aber leider ehe¬
maligen Pfarrer, der ihm trotz einiger tüchtiger Eigen¬
ſchaften wenig ſympathiſch ſei, da demſelben gewiſſe
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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