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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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pompöse Manieren, wahrscheinlich von der Kanzel her,
ankleben und ein leidiger Hang zu grandiosem Komödien¬
spiele. In seiner Jugend sei der Pfarrer ein wüthender
Demokrat gewesen und einer der bösen Gesellen, die
den Pompejus Planta umgebracht. Statt nun still, wie
er, der taktvolle Wertmüller, es gethan, im Hintergrunde
zu bleiben, habe sich der Abenteurer sofort der bünd¬
nerischen Dame als Mörder ihres Vaters und zugleich
als ehemaligen zärtlichen Liebhaber vorgestellt. Daraus
sei plötzlich eine solche Explosion verrückter Dinge ent¬
standen, ein so einziges Spektakel, daß ihm heute noch
der Kopf davon schwirre. Für die Herzogin, deren
poetischer Schwung allen Verstand übersteige, sei es
eine Wonne gewesen. Sie habe schnatternd auf dem
Thränenmeer herumgerudert wie die Enten im Teiche. --
Jetzt arbeite sie daran, einen würdigen Schlußakt her¬
beizuführen nach dem Muster der gegenwärtig in Paris
Furore machenden Komödie, deren Autor einen Vogel¬
namen trage und die einen ganz ähnlichen Gegenstand
behandle. Dort schließe der Conflict mit Heiraths¬
aussichten; hier aber werde es hoffentlich, und wenn
noch Vernunft im Leben sei, nicht dazu kommen. Es
wäre Schade um das Mädchen, er gönne sie dem Volks¬
helden nicht. Sie sei zwar keine blondlockige üppige
Schönheit, wie sie Paul der Veroneser und der flotte

pompöſe Manieren, wahrſcheinlich von der Kanzel her,
ankleben und ein leidiger Hang zu grandioſem Komödien¬
ſpiele. In ſeiner Jugend ſei der Pfarrer ein wüthender
Demokrat geweſen und einer der böſen Geſellen, die
den Pompejus Planta umgebracht. Statt nun ſtill, wie
er, der taktvolle Wertmüller, es gethan, im Hintergrunde
zu bleiben, habe ſich der Abenteurer ſofort der bünd¬
neriſchen Dame als Mörder ihres Vaters und zugleich
als ehemaligen zärtlichen Liebhaber vorgeſtellt. Daraus
ſei plötzlich eine ſolche Exploſion verrückter Dinge ent¬
ſtanden, ein ſo einziges Spektakel, daß ihm heute noch
der Kopf davon ſchwirre. Für die Herzogin, deren
poetiſcher Schwung allen Verſtand überſteige, ſei es
eine Wonne geweſen. Sie habe ſchnatternd auf dem
Thränenmeer herumgerudert wie die Enten im Teiche. —
Jetzt arbeite ſie daran, einen würdigen Schlußakt her¬
beizuführen nach dem Muſter der gegenwärtig in Paris
Furore machenden Komödie, deren Autor einen Vogel¬
namen trage und die einen ganz ähnlichen Gegenſtand
behandle. Dort ſchließe der Conflict mit Heiraths¬
ausſichten; hier aber werde es hoffentlich, und wenn
noch Vernunft im Leben ſei, nicht dazu kommen. Es
wäre Schade um das Mädchen, er gönne ſie dem Volks¬
helden nicht. Sie ſei zwar keine blondlockige üppige
Schönheit, wie ſie Paul der Veroneſer und der flotte

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[208/0218] pompöſe Manieren, wahrſcheinlich von der Kanzel her, ankleben und ein leidiger Hang zu grandioſem Komödien¬ ſpiele. In ſeiner Jugend ſei der Pfarrer ein wüthender Demokrat geweſen und einer der böſen Geſellen, die den Pompejus Planta umgebracht. Statt nun ſtill, wie er, der taktvolle Wertmüller, es gethan, im Hintergrunde zu bleiben, habe ſich der Abenteurer ſofort der bünd¬ neriſchen Dame als Mörder ihres Vaters und zugleich als ehemaligen zärtlichen Liebhaber vorgeſtellt. Daraus ſei plötzlich eine ſolche Exploſion verrückter Dinge ent¬ ſtanden, ein ſo einziges Spektakel, daß ihm heute noch der Kopf davon ſchwirre. Für die Herzogin, deren poetiſcher Schwung allen Verſtand überſteige, ſei es eine Wonne geweſen. Sie habe ſchnatternd auf dem Thränenmeer herumgerudert wie die Enten im Teiche. — Jetzt arbeite ſie daran, einen würdigen Schlußakt her¬ beizuführen nach dem Muſter der gegenwärtig in Paris Furore machenden Komödie, deren Autor einen Vogel¬ namen trage und die einen ganz ähnlichen Gegenſtand behandle. Dort ſchließe der Conflict mit Heiraths¬ ausſichten; hier aber werde es hoffentlich, und wenn noch Vernunft im Leben ſei, nicht dazu kommen. Es wäre Schade um das Mädchen, er gönne ſie dem Volks¬ helden nicht. Sie ſei zwar keine blondlockige üppige Schönheit, wie ſie Paul der Veroneſer und der flotte

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/218>, abgerufen am 23.11.2024.