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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Tintorett, die Naturmöglichkeit überbietend, aus gold¬
durchwirktem Damaste hervorquellen lassen, noch habe
sie die nächtlichen halbgeschlossenen Augen und die blau¬
schwarz schimmernden Flechten um die sanfte, listige
Schläfe, die ihn an andern Töchtern der Lagunenstadt
berücken; aber sie habe es ihm nun einmal angethan
mit einem gewissen ehrlichen großen Wesen. Was bei
Lucretia Wahrheit sei, halte er bei Jenatsch zum guten
Theil für Schein; gerade jene große Manier, von der
er gesprochen.

Sei übrigens der Hauptmann Jenatsch auf hohes
Spiel erpicht, so habe er gestern Abend seine Lust büßen
können.

Mitten aus der Rührung sei er von Sbirren
herausgeholt und unter die Bleidächer gesetzt worden.
Der Provveditore Grimani, der den Bündner merk¬
würdiger Weise für ein wichtiges und staatsgefährliches
Subjekt halte, hätte ihn gern sogleich in den Kanal
versenkt. Aber der umständliche alte Herr habe dabei
eine kostbare Zeit verloren, die sich der Herzog zu nutze
gemacht, um seinen neuen Günstling sich wieder zurück¬
liefern zu lassen. Ihm persönlich sei das nicht gerade
unlieb, denn er verspreche sich bei den merkwürdigen
Lebensumständen des neuen Kameraden noch manchen
schlagenden Witz des Zufalls und freue sich besonders

Meyer, Georg Jenatsch. 14

Tintorett, die Naturmöglichkeit überbietend, aus gold¬
durchwirktem Damaſte hervorquellen laſſen, noch habe
ſie die nächtlichen halbgeſchloſſenen Augen und die blau¬
ſchwarz ſchimmernden Flechten um die ſanfte, liſtige
Schläfe, die ihn an andern Töchtern der Lagunenſtadt
berücken; aber ſie habe es ihm nun einmal angethan
mit einem gewiſſen ehrlichen großen Weſen. Was bei
Lucretia Wahrheit ſei, halte er bei Jenatſch zum guten
Theil für Schein; gerade jene große Manier, von der
er geſprochen.

Sei übrigens der Hauptmann Jenatſch auf hohes
Spiel erpicht, ſo habe er geſtern Abend ſeine Luſt büßen
können.

Mitten aus der Rührung ſei er von Sbirren
herausgeholt und unter die Bleidächer geſetzt worden.
Der Provveditore Grimani, der den Bündner merk¬
würdiger Weiſe für ein wichtiges und ſtaatsgefährliches
Subjekt halte, hätte ihn gern ſogleich in den Kanal
verſenkt. Aber der umſtändliche alte Herr habe dabei
eine koſtbare Zeit verloren, die ſich der Herzog zu nutze
gemacht, um ſeinen neuen Günſtling ſich wieder zurück¬
liefern zu laſſen. Ihm perſönlich ſei das nicht gerade
unlieb, denn er verſpreche ſich bei den merkwürdigen
Lebensumſtänden des neuen Kameraden noch manchen
ſchlagenden Witz des Zufalls und freue ſich beſonders

Meyer, Georg Jenatſch. 14
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[209/0219] Tintorett, die Naturmöglichkeit überbietend, aus gold¬ durchwirktem Damaſte hervorquellen laſſen, noch habe ſie die nächtlichen halbgeſchloſſenen Augen und die blau¬ ſchwarz ſchimmernden Flechten um die ſanfte, liſtige Schläfe, die ihn an andern Töchtern der Lagunenſtadt berücken; aber ſie habe es ihm nun einmal angethan mit einem gewiſſen ehrlichen großen Weſen. Was bei Lucretia Wahrheit ſei, halte er bei Jenatſch zum guten Theil für Schein; gerade jene große Manier, von der er geſprochen. Sei übrigens der Hauptmann Jenatſch auf hohes Spiel erpicht, ſo habe er geſtern Abend ſeine Luſt büßen können. Mitten aus der Rührung ſei er von Sbirren herausgeholt und unter die Bleidächer geſetzt worden. Der Provveditore Grimani, der den Bündner merk¬ würdiger Weiſe für ein wichtiges und ſtaatsgefährliches Subjekt halte, hätte ihn gern ſogleich in den Kanal verſenkt. Aber der umſtändliche alte Herr habe dabei eine koſtbare Zeit verloren, die ſich der Herzog zu nutze gemacht, um ſeinen neuen Günſtling ſich wieder zurück¬ liefern zu laſſen. Ihm perſönlich ſei das nicht gerade unlieb, denn er verſpreche ſich bei den merkwürdigen Lebensumſtänden des neuen Kameraden noch manchen ſchlagenden Witz des Zufalls und freue ſich beſonders Meyer, Georg Jenatſch. 14

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/219>, abgerufen am 23.11.2024.