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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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verborgen geblieben, daß ihm diese alljährlich wiederholte
effektvolle Scene schon längst den kriegsmäßigen Spitz¬
namen Magaddi zugezogen hatte, der sich im Wechsel
der nachrückenden Geschlechter von Klasse auf Klasse
vererbte.

Heinrich Wasers Aufmerksamkeit aber wurde seit
einigen Minuten von einem andern Gegenstande gefesselt.
Er saß der morschen Eichenthüre gegenüber, an welcher
sich in längern Zwischenräumen ein zweimaliges, drei¬
maliges Klopfen hatte vernehmen lassen und die sich
dann leise, leise aufthat. Durch die Spalte wurden
zwei spähende Kinderaugen sichtbar. Als der Drom¬
metenstoß erscholl, mochte der kleine Besuch das tönende
Wort für die in einer fremden Sprache an ihn er¬
gehende Aufforderung zum Eintritte nehmen. Es öffnete
sich geräuschlos die Thür und über die hohe Schwelle
trat ein vielleicht zehnjähriges Mädchen mit dunkeln
Augen und trotzig scheuer Miene. Ein Körbchen in der
Hand näherte sie sich ohne Zögern dem würdigen Semm¬
ler, verneigte sich vor ihm mit Anstand und sprach:
"Mit Eurer Erlaubniß, Signor Maestro." Dann schritt
sie auf Jürg Jenatsch zu, den sie auf den ersten Blick
in der Schülerschaar entdeckt hatte.

Dieser saß, eine fremdartige Erscheinung, unter
seinen fünfzehnjährigen Altersgenossen, die er um Hauptes¬

verborgen geblieben, daß ihm dieſe alljährlich wiederholte
effektvolle Scene ſchon längſt den kriegsmäßigen Spitz¬
namen Magaddi zugezogen hatte, der ſich im Wechſel
der nachrückenden Geſchlechter von Klaſſe auf Klaſſe
vererbte.

Heinrich Waſers Aufmerkſamkeit aber wurde ſeit
einigen Minuten von einem andern Gegenſtande gefeſſelt.
Er ſaß der morſchen Eichenthüre gegenüber, an welcher
ſich in längern Zwiſchenräumen ein zweimaliges, drei¬
maliges Klopfen hatte vernehmen laſſen und die ſich
dann leiſe, leiſe aufthat. Durch die Spalte wurden
zwei ſpähende Kinderaugen ſichtbar. Als der Drom¬
metenſtoß erſcholl, mochte der kleine Beſuch das tönende
Wort für die in einer fremden Sprache an ihn er¬
gehende Aufforderung zum Eintritte nehmen. Es öffnete
ſich geräuſchlos die Thür und über die hohe Schwelle
trat ein vielleicht zehnjähriges Mädchen mit dunkeln
Augen und trotzig ſcheuer Miene. Ein Körbchen in der
Hand näherte ſie ſich ohne Zögern dem würdigen Semm¬
ler, verneigte ſich vor ihm mit Anſtand und ſprach:
„Mit Eurer Erlaubniß, Signor Maestro.“ Dann ſchritt
ſie auf Jürg Jenatſch zu, den ſie auf den erſten Blick
in der Schülerſchaar entdeckt hatte.

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[16/0026] verborgen geblieben, daß ihm dieſe alljährlich wiederholte effektvolle Scene ſchon längſt den kriegsmäßigen Spitz¬ namen Magaddi zugezogen hatte, der ſich im Wechſel der nachrückenden Geſchlechter von Klaſſe auf Klaſſe vererbte. Heinrich Waſers Aufmerkſamkeit aber wurde ſeit einigen Minuten von einem andern Gegenſtande gefeſſelt. Er ſaß der morſchen Eichenthüre gegenüber, an welcher ſich in längern Zwiſchenräumen ein zweimaliges, drei¬ maliges Klopfen hatte vernehmen laſſen und die ſich dann leiſe, leiſe aufthat. Durch die Spalte wurden zwei ſpähende Kinderaugen ſichtbar. Als der Drom¬ metenſtoß erſcholl, mochte der kleine Beſuch das tönende Wort für die in einer fremden Sprache an ihn er¬ gehende Aufforderung zum Eintritte nehmen. Es öffnete ſich geräuſchlos die Thür und über die hohe Schwelle trat ein vielleicht zehnjähriges Mädchen mit dunkeln Augen und trotzig ſcheuer Miene. Ein Körbchen in der Hand näherte ſie ſich ohne Zögern dem würdigen Semm¬ ler, verneigte ſich vor ihm mit Anſtand und ſprach: „Mit Eurer Erlaubniß, Signor Maestro.“ Dann ſchritt ſie auf Jürg Jenatſch zu, den ſie auf den erſten Blick in der Schülerſchaar entdeckt hatte. Dieſer ſaß, eine fremdartige Erſcheinung, unter ſeinen fünfzehnjährigen Altersgenoſſen, die er um Hauptes¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/26>, abgerufen am 09.11.2024.