geöffneten Ledertasche und zwei daneben auf den Tisch geworfenen, entsiegelten Briefen. Die Federzüge, welche sie bargen, entschieden über das Wohl oder Wehe seines Landes.
Jetzt öffnete sich langsam die Thüre der Kammer und Heinrich Rohan erschien blaß und hager auf der Schwelle. Mit einer unwillkürlichen, freudigen Bewe¬ gung schritt er dem Bündner entgegen, der dem hohen Herrn in raschem Diensteifer einen tiefen Lehnstuhl neben das Fenster rückte, wo der Blick des Reisemüden sich an der goldenen Abendruhe seines Berges erquicken konnte. Der Herzog ließ sich mit jetzt sichtbar werden¬ der Abspannung nieder und richtete sein klares Auge auf Georg Jenatsch; dann begann er mit leiser Stimme und in fragendem Tone: "Ihr kommt von Finstermünz?"
Dieser hatte sich ehrfurchtsvoll vor den in den Sessel Zurückgelehnten gestellt und betrachtete unverwandt die edlen Züge, welche in mehr als einer Weise ihm ver¬ ändert erschienen. Neben den erwarteten Spuren der schweren Krankheit befremdete ihn darin ein tief ein¬ gegrabener Zug verschwiegenen, hoffnungslosen Grames, der peinlich hervortrat, wenn der Herzog seinen lautern strahlenden Blick zeitweise senkte.
Jenatsch brannte vor Begierde zu erfahren, ob
geöffneten Ledertaſche und zwei daneben auf den Tiſch geworfenen, entſiegelten Briefen. Die Federzüge, welche ſie bargen, entſchieden über das Wohl oder Wehe ſeines Landes.
Jetzt öffnete ſich langſam die Thüre der Kammer und Heinrich Rohan erſchien blaß und hager auf der Schwelle. Mit einer unwillkürlichen, freudigen Bewe¬ gung ſchritt er dem Bündner entgegen, der dem hohen Herrn in raſchem Dienſteifer einen tiefen Lehnſtuhl neben das Fenſter rückte, wo der Blick des Reiſemüden ſich an der goldenen Abendruhe ſeines Berges erquicken konnte. Der Herzog ließ ſich mit jetzt ſichtbar werden¬ der Abſpannung nieder und richtete ſein klares Auge auf Georg Jenatſch; dann begann er mit leiſer Stimme und in fragendem Tone: „Ihr kommt von Finſtermünz?“
Dieſer hatte ſich ehrfurchtsvoll vor den in den Seſſel Zurückgelehnten geſtellt und betrachtete unverwandt die edlen Züge, welche in mehr als einer Weiſe ihm ver¬ ändert erſchienen. Neben den erwarteten Spuren der ſchweren Krankheit befremdete ihn darin ein tief ein¬ gegrabener Zug verſchwiegenen, hoffnungsloſen Grames, der peinlich hervortrat, wenn der Herzog ſeinen lautern ſtrahlenden Blick zeitweiſe ſenkte.
Jenatſch brannte vor Begierde zu erfahren, ob
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geöffneten Ledertaſche und zwei daneben auf den Tiſch
geworfenen, entſiegelten Briefen. Die Federzüge, welche
ſie bargen, entſchieden über das Wohl oder Wehe ſeines
Landes.
Jetzt öffnete ſich langſam die Thüre der Kammer
und Heinrich Rohan erſchien blaß und hager auf der
Schwelle. Mit einer unwillkürlichen, freudigen Bewe¬
gung ſchritt er dem Bündner entgegen, der dem hohen
Herrn in raſchem Dienſteifer einen tiefen Lehnſtuhl
neben das Fenſter rückte, wo der Blick des Reiſemüden
ſich an der goldenen Abendruhe ſeines Berges erquicken
konnte. Der Herzog ließ ſich mit jetzt ſichtbar werden¬
der Abſpannung nieder und richtete ſein klares Auge
auf Georg Jenatſch; dann begann er mit leiſer
Stimme und in fragendem Tone: „Ihr kommt von
Finſtermünz?“
Dieſer hatte ſich ehrfurchtsvoll vor den in den Seſſel
Zurückgelehnten geſtellt und betrachtete unverwandt die
edlen Züge, welche in mehr als einer Weiſe ihm ver¬
ändert erſchienen. Neben den erwarteten Spuren der
ſchweren Krankheit befremdete ihn darin ein tief ein¬
gegrabener Zug verſchwiegenen, hoffnungsloſen Grames,
der peinlich hervortrat, wenn der Herzog ſeinen lautern
ſtrahlenden Blick zeitweiſe ſenkte.
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/268>, abgerufen am 21.11.2024.
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