Wunsch, den der Cardinal ohne Zweifel erfüllen wird. Betrachtet es als abgethan.
Um auf Wichtigeres zu kommen," lenkte Rohan ab, der die auflodernde Vaterlandsliebe des Bündners in diesem Momente der Abspannung zu scheuen schien, "Ihr waret in Innsbruck, da habt Ihr wohl etwas von der Stimmung des erzherzoglichen Hofes gegen uns erfah¬ ren. Gedenken uns die Oesterreicher noch einmal im Veltlin anzugreifen?"
"Dazu sind Eure Lorbeeren noch zu frisch, erlauchter Herr. So lange Eure Hand den Feldherrnstab führt, dürfen sie's nicht wagen. -- Aber," der Bündner seufzte tief, "laßt mich mein ganzes Herz vor Euch ausschüt¬ ten! Bei der falschen Kunde von Eurem Hinscheiden regte sich wieder alles kriechende Gewürm der Kabale und unsere Landesverbannten von der spanischen Partei fingen wieder an, unterirdisch zu wühlen. Diese ekeln Todtengräber glaubten schon, Bündens zwei höchste Kleinodien: Eure geliebte Person und seine theure Frei¬ heit, deren Bürge Ihr seid, in die gleiche Gruft versenkt.
"In Innsbruck," fuhr er nach einer beobachtenden Pause mit unverhehlter Bewegung fort, "glaubt man auch jetzt, da Gott Euch uns wieder zum Leben erweckt hat, nicht an den Vertrag von Chiavenna. Wie
Wunſch, den der Cardinal ohne Zweifel erfüllen wird. Betrachtet es als abgethan.
Um auf Wichtigeres zu kommen,“ lenkte Rohan ab, der die auflodernde Vaterlandsliebe des Bündners in dieſem Momente der Abſpannung zu ſcheuen ſchien, „Ihr waret in Innsbruck, da habt Ihr wohl etwas von der Stimmung des erzherzoglichen Hofes gegen uns erfah¬ ren. Gedenken uns die Oeſterreicher noch einmal im Veltlin anzugreifen?“
„Dazu ſind Eure Lorbeeren noch zu friſch, erlauchter Herr. So lange Eure Hand den Feldherrnſtab führt, dürfen ſie's nicht wagen. — Aber,“ der Bündner ſeufzte tief, „laßt mich mein ganzes Herz vor Euch ausſchüt¬ ten! Bei der falſchen Kunde von Eurem Hinſcheiden regte ſich wieder alles kriechende Gewürm der Kabale und unſere Landesverbannten von der ſpaniſchen Partei fingen wieder an, unterirdiſch zu wühlen. Dieſe ekeln Todtengräber glaubten ſchon, Bündens zwei höchſte Kleinodien: Eure geliebte Perſon und ſeine theure Frei¬ heit, deren Bürge Ihr ſeid, in die gleiche Gruft verſenkt.
„In Innsbruck,“ fuhr er nach einer beobachtenden Pauſe mit unverhehlter Bewegung fort, „glaubt man auch jetzt, da Gott Euch uns wieder zum Leben erweckt hat, nicht an den Vertrag von Chiavenna. Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0271"n="261"/>
Wunſch, den der Cardinal ohne Zweifel erfüllen wird.<lb/>
Betrachtet es als abgethan.</p><lb/><p>Um auf Wichtigeres zu kommen,“ lenkte Rohan ab,<lb/>
der die auflodernde Vaterlandsliebe des Bündners in<lb/>
dieſem Momente der Abſpannung zu ſcheuen ſchien, „Ihr<lb/>
waret in Innsbruck, da habt Ihr wohl etwas von der<lb/>
Stimmung des erzherzoglichen Hofes gegen uns erfah¬<lb/>
ren. Gedenken uns die Oeſterreicher noch einmal im<lb/>
Veltlin anzugreifen?“</p><lb/><p>„Dazu ſind Eure Lorbeeren noch zu friſch, erlauchter<lb/>
Herr. So lange Eure Hand den Feldherrnſtab führt,<lb/>
dürfen ſie's nicht wagen. — Aber,“ der Bündner ſeufzte<lb/>
tief, „laßt mich mein ganzes Herz vor Euch ausſchüt¬<lb/>
ten! Bei der falſchen Kunde von Eurem Hinſcheiden<lb/>
regte ſich wieder alles kriechende Gewürm der Kabale<lb/>
und unſere Landesverbannten von der ſpaniſchen Partei<lb/>
fingen wieder an, unterirdiſch zu wühlen. Dieſe ekeln<lb/>
Todtengräber glaubten ſchon, Bündens zwei höchſte<lb/>
Kleinodien: Eure geliebte Perſon und ſeine theure Frei¬<lb/>
heit, deren Bürge Ihr ſeid, in die gleiche Gruft<lb/>
verſenkt.</p><lb/><p>„In Innsbruck,“ fuhr er nach einer beobachtenden<lb/>
Pauſe mit unverhehlter Bewegung fort, „glaubt man<lb/>
auch jetzt, da Gott Euch uns wieder zum Leben erweckt<lb/>
hat, nicht an den Vertrag von Chiavenna. Wie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[261/0271]
Wunſch, den der Cardinal ohne Zweifel erfüllen wird.
Betrachtet es als abgethan.
Um auf Wichtigeres zu kommen,“ lenkte Rohan ab,
der die auflodernde Vaterlandsliebe des Bündners in
dieſem Momente der Abſpannung zu ſcheuen ſchien, „Ihr
waret in Innsbruck, da habt Ihr wohl etwas von der
Stimmung des erzherzoglichen Hofes gegen uns erfah¬
ren. Gedenken uns die Oeſterreicher noch einmal im
Veltlin anzugreifen?“
„Dazu ſind Eure Lorbeeren noch zu friſch, erlauchter
Herr. So lange Eure Hand den Feldherrnſtab führt,
dürfen ſie's nicht wagen. — Aber,“ der Bündner ſeufzte
tief, „laßt mich mein ganzes Herz vor Euch ausſchüt¬
ten! Bei der falſchen Kunde von Eurem Hinſcheiden
regte ſich wieder alles kriechende Gewürm der Kabale
und unſere Landesverbannten von der ſpaniſchen Partei
fingen wieder an, unterirdiſch zu wühlen. Dieſe ekeln
Todtengräber glaubten ſchon, Bündens zwei höchſte
Kleinodien: Eure geliebte Perſon und ſeine theure Frei¬
heit, deren Bürge Ihr ſeid, in die gleiche Gruft
verſenkt.
„In Innsbruck,“ fuhr er nach einer beobachtenden
Pauſe mit unverhehlter Bewegung fort, „glaubt man
auch jetzt, da Gott Euch uns wieder zum Leben erweckt
hat, nicht an den Vertrag von Chiavenna. Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/271>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.