meraden für Frankreichs Ehrenhaftigkeit mit all dem Euern einsteht und mir die von Spanien versuchten Intriguen und Bestechungen aufdeckt, daß ich glaube, Euch volles Vertrauen schenken und auch in den schwie¬ rigsten Fällen auf Eure sichern Dienste zählen zu dür¬ fen. -- Darf ich das, Georg, auch wenn ich Euch viel Geduld und Selbstverleugnung zumuthe?"
"Wie könntet Ihr an mir zweifeln?" sagte Jenatsch mit leidenschaftlicher Wärme und einem Blicke schmerz¬ lichen Vorwurfes.
"Offenheit also gegen Offenheit," fuhr Rohan fort und legte die Hand auf des Bündners Schulter, "Ver¬ trauen gegen Vertrauen. -- Es ist mir peinlich aus¬ zusprechen: Der Vertrag von Chiavenna ist von Paris zurückgekommen ohne Unterschrift und mit Aenderungen, die ich nicht billige, die ich Eurem Volke nicht zumuthen und nicht vorschlagen will."
Bei diesen traurig und leise gesprochenen Worten sah der Herzog dem Bündner in das ausdrucksvolle Gesicht, wie nach der Wirkung des ungern gemachten Geständnisses forschend. Es blieb unbewegt, aber über¬ zog sich langsam mit fahler Blässe.
"Und welches sind diese Aenderungen, gnädiger Herr?" fragte Jenatsch nach kurzem Schweigen.
"Zwei Hauptpunkte: Französische Besatzungen in
meraden für Frankreichs Ehrenhaftigkeit mit all dem Euern einſteht und mir die von Spanien verſuchten Intriguen und Beſtechungen aufdeckt, daß ich glaube, Euch volles Vertrauen ſchenken und auch in den ſchwie¬ rigſten Fällen auf Eure ſichern Dienſte zählen zu dür¬ fen. — Darf ich das, Georg, auch wenn ich Euch viel Geduld und Selbſtverleugnung zumuthe?“
„Wie könntet Ihr an mir zweifeln?“ ſagte Jenatſch mit leidenſchaftlicher Wärme und einem Blicke ſchmerz¬ lichen Vorwurfes.
„Offenheit alſo gegen Offenheit,“ fuhr Rohan fort und legte die Hand auf des Bündners Schulter, „Ver¬ trauen gegen Vertrauen. — Es iſt mir peinlich aus¬ zuſprechen: Der Vertrag von Chiavenna iſt von Paris zurückgekommen ohne Unterſchrift und mit Aenderungen, die ich nicht billige, die ich Eurem Volke nicht zumuthen und nicht vorſchlagen will.“
Bei dieſen traurig und leiſe geſprochenen Worten ſah der Herzog dem Bündner in das ausdrucksvolle Geſicht, wie nach der Wirkung des ungern gemachten Geſtändniſſes forſchend. Es blieb unbewegt, aber über¬ zog ſich langſam mit fahler Bläſſe.
„Und welches ſind dieſe Aenderungen, gnädiger Herr?“ fragte Jenatſch nach kurzem Schweigen.
„Zwei Hauptpunkte: Franzöſiſche Beſatzungen in
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meraden für Frankreichs Ehrenhaftigkeit mit all dem
Euern einſteht und mir die von Spanien verſuchten
Intriguen und Beſtechungen aufdeckt, daß ich glaube,
Euch volles Vertrauen ſchenken und auch in den ſchwie¬
rigſten Fällen auf Eure ſichern Dienſte zählen zu dür¬
fen. — Darf ich das, Georg, auch wenn ich Euch viel
Geduld und Selbſtverleugnung zumuthe?“
„Wie könntet Ihr an mir zweifeln?“ ſagte Jenatſch
mit leidenſchaftlicher Wärme und einem Blicke ſchmerz¬
lichen Vorwurfes.
„Offenheit alſo gegen Offenheit,“ fuhr Rohan fort
und legte die Hand auf des Bündners Schulter, „Ver¬
trauen gegen Vertrauen. — Es iſt mir peinlich aus¬
zuſprechen: Der Vertrag von Chiavenna iſt von Paris
zurückgekommen ohne Unterſchrift und mit Aenderungen,
die ich nicht billige, die ich Eurem Volke nicht zumuthen
und nicht vorſchlagen will.“
Bei dieſen traurig und leiſe geſprochenen Worten
ſah der Herzog dem Bündner in das ausdrucksvolle
Geſicht, wie nach der Wirkung des ungern gemachten
Geſtändniſſes forſchend. Es blieb unbewegt, aber über¬
zog ſich langſam mit fahler Bläſſe.
„Und welches ſind dieſe Aenderungen, gnädiger
Herr?“ fragte Jenatſch nach kurzem Schweigen.
„Zwei Hauptpunkte: Franzöſiſche Beſatzungen in
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/273>, abgerufen am 22.11.2024.
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