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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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wir haben uns ohne Euch und wider Euch geholfen.
Aber bedenkt, daß Ihr, wenn Ihr den Vertrag nicht
unterzeichnet, dieses Land, das gewohnt ist, Euch als
seinen guten Engel zu verehren, durch Euren Wider¬
stand in blutiges, unabsehbares Elend stürzt." --

Der Herzog nahm die Rolle nicht. Er wandte
sich mit einer zornigen Thräne ab, dann sagte er und
seine Stimme bebte: "Ich habe schon vielen Undank
erfahren, -- aber noch nie ist mir auf so bittere Weise
mein Vertrauen mit Verrath und die von mir dem
Rechte des Kleinen erwiesene Ehre mit Schlangenbissen
und Schmach heimgezahlt worden. -- Ich unterzeichne
nicht. -- So tief kann ich Frankreich und seinen Feld¬
herrn unmöglich erniedrigen."

Die Stille, die jetzt entstand, wurde durch einen
Tumult vor der offen gebliebenen Thüre unterbrochen.
Durch das die Treppen füllende Volk drängte sich ein
breitschultriger rothhaariger Kriegsmann und man hörte
ihn dringend nach dem General Jenatsch fragen. Un¬
wirsch rief ihm dieser entgegen: "Ihr stört hier,
Hauptmann Gallus! Was giebt's?"

"Ich muß Eure Ordre haben," rief die rohe
Stimme. "Janett's Prätigauer wollen den neuen Eid
nicht schwören. Sie meinen, Ihr verhandelt sie an
die spanischen Pfaffen und sagen, sie hätten Frank¬

wir haben uns ohne Euch und wider Euch geholfen.
Aber bedenkt, daß Ihr, wenn Ihr den Vertrag nicht
unterzeichnet, dieſes Land, das gewohnt iſt, Euch als
ſeinen guten Engel zu verehren, durch Euren Wider¬
ſtand in blutiges, unabſehbares Elend ſtürzt.“ —

Der Herzog nahm die Rolle nicht. Er wandte
ſich mit einer zornigen Thräne ab, dann ſagte er und
ſeine Stimme bebte: „Ich habe ſchon vielen Undank
erfahren, — aber noch nie iſt mir auf ſo bittere Weiſe
mein Vertrauen mit Verrath und die von mir dem
Rechte des Kleinen erwieſene Ehre mit Schlangenbiſſen
und Schmach heimgezahlt worden. — Ich unterzeichne
nicht. — So tief kann ich Frankreich und ſeinen Feld¬
herrn unmöglich erniedrigen.“

Die Stille, die jetzt entſtand, wurde durch einen
Tumult vor der offen gebliebenen Thüre unterbrochen.
Durch das die Treppen füllende Volk drängte ſich ein
breitſchultriger rothhaariger Kriegsmann und man hörte
ihn dringend nach dem General Jenatſch fragen. Un¬
wirſch rief ihm dieſer entgegen: „Ihr ſtört hier,
Hauptmann Gallus! Was giebt's?“

„Ich muß Eure Ordre haben,“ rief die rohe
Stimme. „Janett's Prätigauer wollen den neuen Eid
nicht ſchwören. Sie meinen, Ihr verhandelt ſie an
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[319/0329] wir haben uns ohne Euch und wider Euch geholfen. Aber bedenkt, daß Ihr, wenn Ihr den Vertrag nicht unterzeichnet, dieſes Land, das gewohnt iſt, Euch als ſeinen guten Engel zu verehren, durch Euren Wider¬ ſtand in blutiges, unabſehbares Elend ſtürzt.“ — Der Herzog nahm die Rolle nicht. Er wandte ſich mit einer zornigen Thräne ab, dann ſagte er und ſeine Stimme bebte: „Ich habe ſchon vielen Undank erfahren, — aber noch nie iſt mir auf ſo bittere Weiſe mein Vertrauen mit Verrath und die von mir dem Rechte des Kleinen erwieſene Ehre mit Schlangenbiſſen und Schmach heimgezahlt worden. — Ich unterzeichne nicht. — So tief kann ich Frankreich und ſeinen Feld¬ herrn unmöglich erniedrigen.“ Die Stille, die jetzt entſtand, wurde durch einen Tumult vor der offen gebliebenen Thüre unterbrochen. Durch das die Treppen füllende Volk drängte ſich ein breitſchultriger rothhaariger Kriegsmann und man hörte ihn dringend nach dem General Jenatſch fragen. Un¬ wirſch rief ihm dieſer entgegen: „Ihr ſtört hier, Hauptmann Gallus! Was giebt's?“ „Ich muß Eure Ordre haben,“ rief die rohe Stimme. „Janett's Prätigauer wollen den neuen Eid nicht ſchwören. Sie meinen, Ihr verhandelt ſie an die ſpaniſchen Pfaffen und ſagen, ſie hätten Frank¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/329>, abgerufen am 22.11.2024.