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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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reich geschworen und gehorchten niemandem als dem
Herzog."

Jenatsch war vor Wuth todtenbleich geworden.
Er warf den Kopf nach dem Sprechenden herum und
schrie ihn heiser an: "Mein Regiment gegen sie vor¬
geführt! Erschießt sie Alle!" Dann wandte er sich wie¬
der dem Herzog zu und drohte, wie außer sich, mit
erstickter Stimme: "Ihr Blut über Euch, Herzog
Rohan!"

Der Herzog zuckte und stand eine Weile in schmerz¬
lichem innern Kampf. Endlich ergriff er mit zittern¬
der Hand die auf dem Tische liegende Rolle, wandte
sich und schritt der Thüre seines Arbeitszimmers zu,
die der ihm folgende Wertmüller fest hinter ihm ver¬
schloß.

Jenatsch kehrte sich, immer noch tief erblaßt, zu
dem Bürgermeister. "Unsere Sache ist gewonnen,"
sagte er. "Man muß dem Herzog Ruhe lassen. Ent¬
fernt die Leute. Ich stehe dafür, daß er unter¬
schreibt."

Dann befahl er dem Hauptmann Gallus, der
unschlüssig stehen geblieben war: "Sagt dem Janett,
seine tapferen Prätigauer sollen des Eides wegen un¬
behelligt bleiben. Der Herzog sei mit der Regierung

reich geſchworen und gehorchten niemandem als dem
Herzog.“

Jenatſch war vor Wuth todtenbleich geworden.
Er warf den Kopf nach dem Sprechenden herum und
ſchrie ihn heiſer an: „Mein Regiment gegen ſie vor¬
geführt! Erſchießt ſie Alle!“ Dann wandte er ſich wie¬
der dem Herzog zu und drohte, wie außer ſich, mit
erſtickter Stimme: „Ihr Blut über Euch, Herzog
Rohan!“

Der Herzog zuckte und ſtand eine Weile in ſchmerz¬
lichem innern Kampf. Endlich ergriff er mit zittern¬
der Hand die auf dem Tiſche liegende Rolle, wandte
ſich und ſchritt der Thüre ſeines Arbeitszimmers zu,
die der ihm folgende Wertmüller feſt hinter ihm ver¬
ſchloß.

Jenatſch kehrte ſich, immer noch tief erblaßt, zu
dem Bürgermeiſter. „Unſere Sache iſt gewonnen,“
ſagte er. „Man muß dem Herzog Ruhe laſſen. Ent¬
fernt die Leute. Ich ſtehe dafür, daß er unter¬
ſchreibt.“

Dann befahl er dem Hauptmann Gallus, der
unſchlüſſig ſtehen geblieben war: „Sagt dem Janett,
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behelligt bleiben. Der Herzog ſei mit der Regierung

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[320/0330] reich geſchworen und gehorchten niemandem als dem Herzog.“ Jenatſch war vor Wuth todtenbleich geworden. Er warf den Kopf nach dem Sprechenden herum und ſchrie ihn heiſer an: „Mein Regiment gegen ſie vor¬ geführt! Erſchießt ſie Alle!“ Dann wandte er ſich wie¬ der dem Herzog zu und drohte, wie außer ſich, mit erſtickter Stimme: „Ihr Blut über Euch, Herzog Rohan!“ Der Herzog zuckte und ſtand eine Weile in ſchmerz¬ lichem innern Kampf. Endlich ergriff er mit zittern¬ der Hand die auf dem Tiſche liegende Rolle, wandte ſich und ſchritt der Thüre ſeines Arbeitszimmers zu, die der ihm folgende Wertmüller feſt hinter ihm ver¬ ſchloß. Jenatſch kehrte ſich, immer noch tief erblaßt, zu dem Bürgermeiſter. „Unſere Sache iſt gewonnen,“ ſagte er. „Man muß dem Herzog Ruhe laſſen. Ent¬ fernt die Leute. Ich ſtehe dafür, daß er unter¬ ſchreibt.“ Dann befahl er dem Hauptmann Gallus, der unſchlüſſig ſtehen geblieben war: „Sagt dem Janett, ſeine tapferen Prätigauer ſollen des Eides wegen un¬ behelligt bleiben. Der Herzog ſei mit der Regierung

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/330>, abgerufen am 22.11.2024.