heimliche Furcht zu erregen. So habe er sich in Zürich den Weg verrammelt und das Zutrauen einer löblichen Bürgerschaft in alle Zukunft verscherzt, welches doch, nebst einem reinen Gewissen, die Lebenslust des ächten Republikaners sei. -- "Das Schlimmste aber an dem jungen Manne," schloß der mehr als billig erregte Bürgermeister, "ist sein Mangel an aller und jeder Pietät, -- denn, ich bitt' Euch, innig verehrte -- dürft' ich sagen innig geliebte! -- Jungfer Sprecherin, was ist alles Wissen und Können der Welt ohne die Grund¬ lage eines religiösen Gemüthes!"
"Was mir den Locotenenten werth machte," sagte Fräulein Amantia fast beschämt, "war seine Treue an dem edlen Herzog Heinrich. Da hat er sich als ächten Cavalier gezeigt neben dem Verräther Georg Jenatsch, der mir trotz seines gewinnenden Wesens immer wie ein böser Geist vorkam, wenn er über unsere Treppen zum Herzog hinaufsprang."
"Ein schwer zu beurtheilender Charakter," sagte der zürcherische Bürgermeister, indem er, in einen traurig ernsten Ton übergehend, sich an Herrn Fortu¬ natus wandte. "In einem Stücke wenigstens über¬ ragt Georg Jenatsch unsere größten Zeitgenossen -- in seiner übermächtigen Vaterlandsliebe. Wie ich ihn kenne, so strömt sie ihm wie das Blut durch die Adern.
heimliche Furcht zu erregen. So habe er ſich in Zürich den Weg verrammelt und das Zutrauen einer löblichen Bürgerſchaft in alle Zukunft verſcherzt, welches doch, nebſt einem reinen Gewiſſen, die Lebensluſt des ächten Republikaners ſei. — „Das Schlimmſte aber an dem jungen Manne,“ ſchloß der mehr als billig erregte Bürgermeiſter, „iſt ſein Mangel an aller und jeder Pietät, — denn, ich bitt' Euch, innig verehrte — dürft' ich ſagen innig geliebte! — Jungfer Sprecherin, was iſt alles Wiſſen und Können der Welt ohne die Grund¬ lage eines religiöſen Gemüthes!“
„Was mir den Locotenenten werth machte,“ ſagte Fräulein Amantia faſt beſchämt, „war ſeine Treue an dem edlen Herzog Heinrich. Da hat er ſich als ächten Cavalier gezeigt neben dem Verräther Georg Jenatſch, der mir trotz ſeines gewinnenden Weſens immer wie ein böſer Geiſt vorkam, wenn er über unſere Treppen zum Herzog hinaufſprang.“
„Ein ſchwer zu beurtheilender Charakter,“ ſagte der zürcheriſche Bürgermeiſter, indem er, in einen traurig ernſten Ton übergehend, ſich an Herrn Fortu¬ natus wandte. „In einem Stücke wenigſtens über¬ ragt Georg Jenatſch unſere größten Zeitgenoſſen — in ſeiner übermächtigen Vaterlandsliebe. Wie ich ihn kenne, ſo ſtrömt ſie ihm wie das Blut durch die Adern.
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heimliche Furcht zu erregen. So habe er ſich in Zürich
den Weg verrammelt und das Zutrauen einer löblichen
Bürgerſchaft in alle Zukunft verſcherzt, welches doch,
nebſt einem reinen Gewiſſen, die Lebensluſt des ächten
Republikaners ſei. — „Das Schlimmſte aber an dem
jungen Manne,“ ſchloß der mehr als billig erregte
Bürgermeiſter, „iſt ſein Mangel an aller und jeder
Pietät, — denn, ich bitt' Euch, innig verehrte — dürft'
ich ſagen innig geliebte! — Jungfer Sprecherin, was
iſt alles Wiſſen und Können der Welt ohne die Grund¬
lage eines religiöſen Gemüthes!“
„Was mir den Locotenenten werth machte,“ ſagte
Fräulein Amantia faſt beſchämt, „war ſeine Treue an
dem edlen Herzog Heinrich. Da hat er ſich als ächten
Cavalier gezeigt neben dem Verräther Georg Jenatſch,
der mir trotz ſeines gewinnenden Weſens immer wie
ein böſer Geiſt vorkam, wenn er über unſere Treppen
zum Herzog hinaufſprang.“
„Ein ſchwer zu beurtheilender Charakter,“ ſagte
der zürcheriſche Bürgermeiſter, indem er, in einen
traurig ernſten Ton übergehend, ſich an Herrn Fortu¬
natus wandte. „In einem Stücke wenigſtens über¬
ragt Georg Jenatſch unſere größten Zeitgenoſſen — in
ſeiner übermächtigen Vaterlandsliebe. Wie ich ihn
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/387>, abgerufen am 31.10.2024.
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