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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Als seine Gnaden für ihren weltberühmten bischöf¬
lichen Keller einen Mann nach ihrem Herzen, ausgerüstet
mit den erforderlichen Kenntnissen und Tugenden suchten,
schrieben sie mir nach Venedig, an meiner ihnen wohl¬
bekannten Person sei nur eines, das sie störe -- die
Verschiedenheit des Glaubens. Sie meinten, ihr Ma¬
lanser würde ihnen nicht schmecken, wenn ihr Keller¬
meister und Mundschenk die bestimmte Aussicht hätte,
dereinst in der Flamme ewigen Durst zu leiden, und
drangen heftig in mich, zum Besten ihres Kellers und
meiner Seele die protestantischen Ketzereien abzuthun.
Lorenz Fausch aber, meine Herren, blieb fest und ge¬
langte doch ans Ziel. Die Unterhandlung schloß damit,
daß Gnaden einsahen, ein Apostat wäre nicht der Mann,
ihnen reinen Wein einzuschenken."

Fausch verstummte, denn eben war ein junges
Rathsglied zu der Gruppe getreten und erzählte mit
Lebhaftigkeit, wie stolz der Oberst dem Bürgermeister
Meyer die Urkunde überreicht und in wie wohlgesetzten
Worten das zürcherische Standeshaupt den Glückwunsch
seiner Vaterstadt zu Bündens glorreicher und wunder¬
barer Wiederherstellung vorgebracht habe.

"Der Heini Waser hat gleichfalls mit mir auf
derselben Schulbank geschwitzt," rief Meister Lorenz von
seinem Holzbock herunter. "Auch ein Pfiffikus! Aber

„Als ſeine Gnaden für ihren weltberühmten biſchöf¬
lichen Keller einen Mann nach ihrem Herzen, ausgerüſtet
mit den erforderlichen Kenntniſſen und Tugenden ſuchten,
ſchrieben ſie mir nach Venedig, an meiner ihnen wohl¬
bekannten Perſon ſei nur eines, das ſie ſtöre — die
Verſchiedenheit des Glaubens. Sie meinten, ihr Ma¬
lanſer würde ihnen nicht ſchmecken, wenn ihr Keller¬
meiſter und Mundſchenk die beſtimmte Ausſicht hätte,
dereinſt in der Flamme ewigen Durſt zu leiden, und
drangen heftig in mich, zum Beſten ihres Kellers und
meiner Seele die proteſtantiſchen Ketzereien abzuthun.
Lorenz Fauſch aber, meine Herren, blieb feſt und ge¬
langte doch ans Ziel. Die Unterhandlung ſchloß damit,
daß Gnaden einſahen, ein Apoſtat wäre nicht der Mann,
ihnen reinen Wein einzuſchenken.“

Fauſch verſtummte, denn eben war ein junges
Rathsglied zu der Gruppe getreten und erzählte mit
Lebhaftigkeit, wie ſtolz der Oberſt dem Bürgermeiſter
Meyer die Urkunde überreicht und in wie wohlgeſetzten
Worten das zürcheriſche Standeshaupt den Glückwunſch
ſeiner Vaterſtadt zu Bündens glorreicher und wunder¬
barer Wiederherſtellung vorgebracht habe.

„Der Heini Waſer hat gleichfalls mit mir auf
derſelben Schulbank geſchwitzt,“ rief Meiſter Lorenz von
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[391/0401] „Als ſeine Gnaden für ihren weltberühmten biſchöf¬ lichen Keller einen Mann nach ihrem Herzen, ausgerüſtet mit den erforderlichen Kenntniſſen und Tugenden ſuchten, ſchrieben ſie mir nach Venedig, an meiner ihnen wohl¬ bekannten Perſon ſei nur eines, das ſie ſtöre — die Verſchiedenheit des Glaubens. Sie meinten, ihr Ma¬ lanſer würde ihnen nicht ſchmecken, wenn ihr Keller¬ meiſter und Mundſchenk die beſtimmte Ausſicht hätte, dereinſt in der Flamme ewigen Durſt zu leiden, und drangen heftig in mich, zum Beſten ihres Kellers und meiner Seele die proteſtantiſchen Ketzereien abzuthun. Lorenz Fauſch aber, meine Herren, blieb feſt und ge¬ langte doch ans Ziel. Die Unterhandlung ſchloß damit, daß Gnaden einſahen, ein Apoſtat wäre nicht der Mann, ihnen reinen Wein einzuſchenken.“ Fauſch verſtummte, denn eben war ein junges Rathsglied zu der Gruppe getreten und erzählte mit Lebhaftigkeit, wie ſtolz der Oberſt dem Bürgermeiſter Meyer die Urkunde überreicht und in wie wohlgeſetzten Worten das zürcheriſche Standeshaupt den Glückwunſch ſeiner Vaterſtadt zu Bündens glorreicher und wunder¬ barer Wiederherſtellung vorgebracht habe. „Der Heini Waſer hat gleichfalls mit mir auf derſelben Schulbank geſchwitzt,“ rief Meiſter Lorenz von ſeinem Holzbock herunter. „Auch ein Pfiffikus! Aber

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/401>, abgerufen am 22.11.2024.