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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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aller Sittlichkeit! -- Ich bin ein entschiedener Bekenner
der menschlichen Freiheit!"

"Wohl Dir," fuhr der Andere unbeirrt fort. "Bei¬
läufig gesagt, es gelang mir nicht, aus dem Hexen¬
meister etwas Festes und Faßbares herauszubringen.
Entweder wußte er nichts, oder er fürchtete von mir
verrathen zu werden. -- Vorhin im Traume aber sah
ich den Mann wieder vor mir und ich setzte ihm den
Dolch auf die Brust, um mein Schicksal zu erfahren.
Da entschloß er sich, es mir zu zeigen und zog mit den
feierlichen Worten: "Dieser ist dein Schicksal!" den
Vorhang von seinem Zauberspiegel.

Anfangs sah ich nichts als eine helle Seelandschaft,
dann trat eine grünbewachsene Mauer hervor und da
saß, die Karte von Bünden vor sich, mild und bleich,
wie wir ihn eben gesehen haben, der Herzog Heinrich
Rohan."


aller Sittlichkeit! — Ich bin ein entſchiedener Bekenner
der menſchlichen Freiheit!“

„Wohl Dir,“ fuhr der Andere unbeirrt fort. „Bei¬
läufig geſagt, es gelang mir nicht, aus dem Hexen¬
meiſter etwas Feſtes und Faßbares herauszubringen.
Entweder wußte er nichts, oder er fürchtete von mir
verrathen zu werden. — Vorhin im Traume aber ſah
ich den Mann wieder vor mir und ich ſetzte ihm den
Dolch auf die Bruſt, um mein Schickſal zu erfahren.
Da entſchloß er ſich, es mir zu zeigen und zog mit den
feierlichen Worten: „Dieſer iſt dein Schickſal!“ den
Vorhang von ſeinem Zauberſpiegel.

Anfangs ſah ich nichts als eine helle Seelandſchaft,
dann trat eine grünbewachſene Mauer hervor und da
ſaß, die Karte von Bünden vor ſich, mild und bleich,
wie wir ihn eben geſehen haben, der Herzog Heinrich
Rohan.“


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[80/0090] aller Sittlichkeit! — Ich bin ein entſchiedener Bekenner der menſchlichen Freiheit!“ „Wohl Dir,“ fuhr der Andere unbeirrt fort. „Bei¬ läufig geſagt, es gelang mir nicht, aus dem Hexen¬ meiſter etwas Feſtes und Faßbares herauszubringen. Entweder wußte er nichts, oder er fürchtete von mir verrathen zu werden. — Vorhin im Traume aber ſah ich den Mann wieder vor mir und ich ſetzte ihm den Dolch auf die Bruſt, um mein Schickſal zu erfahren. Da entſchloß er ſich, es mir zu zeigen und zog mit den feierlichen Worten: „Dieſer iſt dein Schickſal!“ den Vorhang von ſeinem Zauberſpiegel. Anfangs ſah ich nichts als eine helle Seelandſchaft, dann trat eine grünbewachſene Mauer hervor und da ſaß, die Karte von Bünden vor ſich, mild und bleich, wie wir ihn eben geſehen haben, der Herzog Heinrich Rohan.“

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/90>, abgerufen am 21.11.2024.