Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.Campo aber in seinem zelt erschossen worden: über das bissen noch etliche fürnemme Persohnen mehr ins gras. Die von Ostende verloren dreissig mann. Den 22. Julij war der hafen mit Stuken der massen besezt und beschossen/ daß keine schiff mehr dörfften einfahren: dises ward aber durch anleitung etlicher alter erfahrner Schiffleute remedirt/ in dem man einen Wall an der Contrescarpen eröffnet/ und also dise schiffe eingebracht/ auch die andere in dem statt-graben verborgen/ und daselbst ganz befrejet. Der Erz Herzog ließ zwar vilschiff mit steinen zu Neuport und anderswo belasten / und um die Gvele seuken/ um dieselbe zu stopfen: richtete damit aber wenig aus. Die Ostendischen hingegen befestigten sich so wol gegen dem Wasser/ als Landwerts/ auffs allerbeste/ wurden auch über die masse wol proviantirt: also daß dar vil Seeländer aus fürwiz und neubegirigkeit/ mit weib und kind/ in Ostende führen: weil ihnen bewust/ daß daselbst essen und trinken wolfe ler weder in Holand und Seeland/ und alle leibliche speisen von allem Vngeld frei waren. Nicht weniger langten auch vil Prinz und Fürstlicher personen/ allerhand Nationen/ da an/ den kriegs handel und gelegenheit der statt zu besichtigen: under anderen des Königs von Dennemark Herz bruder/ der Herzog von Holstein/ mit dem Graafen von Hohenloe: und andere mehr. Jader König in Frankreich Heinrich der vierte kam selbst im Augusto auff Cales/ die gelegenheit diser belägerung zuu vernemmen. Der Graaf von Chastillon/ ein sehr schöner/ langer/ tapferer und frommer Herr/ ein enkel des berühmten Admirals in Frankreich/ war auch in der statt im dienst/ und oberster über die Franzosen: welchen den 10. September ein unglük traff/ wie er stunde oben auff dem sandhügel/ und durch die schanzkörb hinaus sehen wolte/ neben dem Gubernatorn: dem herren von der Noot/ dem Colonell Vchtenbruch/ und anderen fürnemmen Officirern: sintemal ihm mit einer kugel die Hirn-pfanne vom haupt abgeschossen worden / daß das Hirn und die Hirnschal dem Colonell Vchtenbruch dem Capitain Brok und anderen das angesicht besprengete/ also daß etliche schier auch ums leben kommen. Wie dann auch gedachter Vchtenbruch kurz hernach am lezten September erschossen/ und sehr beklagt/ in gleichem ein Französischer Capitain la Promerende genant. Aber alle Capitainen/ so inner oder ausserhalb der statt tod bliben/ zu beschreiben/ ist unmüglich: können auch nicht er zehlt werden die mancherlei und wunderbarliche fäll/ so sich täg ich begeben: wiewol es dennoch von dem kriegsvolk nichts geachtet noch die geringste forcht bei ihren erwekt: dann die gewonheit macht auch den schreken selbsten unerschreklich. Vnder andern trugs sich zu/ daß in dem ein Soldat/ ein gekaufftes Brot in die Höhe hebt / und sehen läßt: eine Kugel geflogen kommt/ und jhm die halbe Scheit des Brods hinweg nimmt: die andere Scheit behielt er in der Hand/ und sagte lachend: das war eine recht schaffene Kriegsmans-Kugel/ die mir gleichwol noch den meisten Theil des Brods gelassen hat. Ein noch nicht gar zwanzigjähriger Engelländer fiel under andern Campo aber in seinem zelt erschossen worden: über das bissen noch etliche fürnemme Persohnen mehr ins gras. Die von Ostende verloren dreissig mann. Den 22. Julij war der hafen mit Stuken der massen besezt und beschossen/ daß keine schiff mehr dörfften einfahren: dises ward aber durch anleitung etlicher alter erfahrner Schiffleute remedirt/ in dem man einen Wall an der Contrescarpen eröffnet/ und also dise schiffe eingebracht/ auch die andere in dem statt-graben verborgen/ und daselbst ganz befrejet. Der Erz Herzog ließ zwar vilschiff mit steinen zu Neuport und anderswo belasten / und um die Gvele seuken/ um dieselbe zu stopfen: richtete damit aber wenig aus. Die Ostendischen hingegen befestigten sich so wol gegen dem Wasser/ als Landwerts/ auffs allerbeste/ wurden auch über die masse wol proviantirt: also daß dar vil Seeländer aus fürwiz und neubegirigkeit/ mit weib und kind/ in Ostende führen: weil ihnen bewust/ daß daselbst essen und trinken wolfe ler weder in Holand und Seeland/ und alle leibliche speisen von allem Vngeld frei waren. Nicht weniger langten auch vil Prinz und Fürstlicher personen/ allerhand Nationen/ da an/ den kriegs handel und gelegenheit der statt zu besichtigen: under anderen des Königs von Dennemark Herz bruder/ der Herzog von Holstein/ mit dem Graafen von Hohenloe: und andere mehr. Jader König in Frankreich Heinrich der vierte kam selbst im Augusto auff Cales/ die gelegenheit diser belägerung zuu vernemmen. Der Graaf von Chastillon/ ein sehr schöner/ langer/ tapferer und frommer Herr/ ein enkel des berühmten Admirals in Frankreich/ war auch in der statt im dienst/ und oberster über die Franzosen: welchen den 10. September ein unglük traff/ wie er stunde oben auff dem sandhügel/ und durch die schanzkörb hinaus sehen wolte/ neben dem Gubernatorn: dem herren von der Noot/ dem Colonell Vchtenbruch/ und anderen fürnemmen Officirern: sintemal ihm mit einer kugel die Hirn-pfanne vom haupt abgeschossen worden / daß das Hirn und die Hirnschal dem Colonell Vchtenbruch dem Capitain Brok und anderen das angesicht besprengete/ also daß etliche schier auch ums leben kommen. Wie dann auch gedachter Vchtenbruch kurz hernach am lezten September erschossen/ und sehr beklagt/ in gleichem ein Französischer Capitain la Promerende genant. Aber alle Capitainen/ so inner oder ausserhalb der statt tod bliben/ zu beschreiben/ ist unmüglich: können auch nicht er zehlt werden die mancherlei und wunderbarliche fäll/ so sich täg ich begeben: wiewol es dennoch von dem kriegsvolk nichts geachtet noch die geringste forcht bei ihren erwekt: dann die gewonheit macht auch den schreken selbsten unerschreklich. Vnder andern trugs sich zu/ daß in dem ein Soldat/ ein gekaufftes Brot in die Höhe hebt / und sehen läßt: eine Kugel geflogen kom̃t/ und jhm die halbe Scheit des Brods hinweg nimmt: die andere Scheit behielt er in der Hand/ und sagte lachend: das war eine recht schaffene Kriegsmans-Kugel/ die mir gleichwol noch den meisten Theil des Brods gelassen hat. Ein noch nicht gar zwanzigjähriger Engelländer fiel under andern <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0345" n="311"/> Campo aber in seinem zelt erschossen worden: über das bissen noch etliche fürnemme Persohnen mehr ins gras. 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Die Ostendischen hingegen befestigten sich so wol gegen dem Wasser/ als Landwerts/ auffs allerbeste/ wurden auch über die masse wol proviantirt: also daß dar vil Seeländer aus fürwiz und neubegirigkeit/ mit weib und kind/ in Ostende führen: weil ihnen bewust/ daß daselbst essen und trinken wolfe ler weder in Holand und Seeland/ und alle leibliche speisen von allem Vngeld frei waren.</p> <p>Nicht weniger langten auch vil Prinz und Fürstlicher personen/ allerhand Nationen/ da an/ den kriegs handel und gelegenheit der statt zu besichtigen: under anderen des Königs von Dennemark Herz bruder/ der Herzog von Holstein/ mit dem Graafen von Hohenloe: und andere mehr. Jader König in Frankreich Heinrich der vierte kam selbst im Augusto auff Cales/ die gelegenheit diser belägerung zuu vernemmen.</p> <p>Der Graaf von Chastillon/ ein sehr schöner/ langer/ tapferer und frommer Herr/ ein enkel des berühmten Admirals in Frankreich/ war auch in der statt im dienst/ und oberster über die Franzosen: welchen den 10. September ein unglük traff/ wie er stunde oben auff dem sandhügel/ und durch die schanzkörb hinaus sehen wolte/ neben dem Gubernatorn: dem herren von der Noot/ dem Colonell Vchtenbruch/ und anderen fürnemmen Officirern: sintemal ihm mit einer kugel die Hirn-pfanne vom haupt abgeschossen worden / daß das Hirn und die Hirnschal dem Colonell Vchtenbruch dem Capitain Brok und anderen das angesicht besprengete/ also daß etliche schier auch ums leben kommen. Wie dann auch gedachter Vchtenbruch kurz hernach am lezten September erschossen/ und sehr beklagt/ in gleichem ein Französischer Capitain la Promerende genant. Aber alle Capitainen/ so inner oder ausserhalb der statt tod bliben/ zu beschreiben/ ist unmüglich: können auch nicht er zehlt werden die mancherlei und wunderbarliche fäll/ so sich täg ich begeben: wiewol es dennoch von dem kriegsvolk nichts geachtet noch die geringste forcht bei ihren erwekt: dann die gewonheit macht auch den schreken selbsten unerschreklich.</p> <p>Vnder andern trugs sich zu/ daß in dem ein Soldat/ ein gekaufftes Brot in die Höhe hebt / und sehen läßt: eine Kugel geflogen kom̃t/ und jhm die halbe Scheit des Brods hinweg nimmt: die andere Scheit behielt er in der Hand/ und sagte lachend: das war eine recht schaffene Kriegsmans-Kugel/ die mir gleichwol noch den meisten Theil des Brods gelassen hat.</p> <p>Ein noch nicht gar zwanzigjähriger Engelländer fiel under andern </p> </div> </body> </text> </TEI> [311/0345]
Campo aber in seinem zelt erschossen worden: über das bissen noch etliche fürnemme Persohnen mehr ins gras. Die von Ostende verloren dreissig mann.
Den 22. Julij war der hafen mit Stuken der massen besezt und beschossen/ daß keine schiff mehr dörfften einfahren: dises ward aber durch anleitung etlicher alter erfahrner Schiffleute remedirt/ in dem man einen Wall an der Contrescarpen eröffnet/ und also dise schiffe eingebracht/ auch die andere in dem statt-graben verborgen/ und daselbst ganz befrejet. Der Erz Herzog ließ zwar vilschiff mit steinen zu Neuport und anderswo belasten / und um die Gvele seuken/ um dieselbe zu stopfen: richtete damit aber wenig aus. Die Ostendischen hingegen befestigten sich so wol gegen dem Wasser/ als Landwerts/ auffs allerbeste/ wurden auch über die masse wol proviantirt: also daß dar vil Seeländer aus fürwiz und neubegirigkeit/ mit weib und kind/ in Ostende führen: weil ihnen bewust/ daß daselbst essen und trinken wolfe ler weder in Holand und Seeland/ und alle leibliche speisen von allem Vngeld frei waren.
Nicht weniger langten auch vil Prinz und Fürstlicher personen/ allerhand Nationen/ da an/ den kriegs handel und gelegenheit der statt zu besichtigen: under anderen des Königs von Dennemark Herz bruder/ der Herzog von Holstein/ mit dem Graafen von Hohenloe: und andere mehr. Jader König in Frankreich Heinrich der vierte kam selbst im Augusto auff Cales/ die gelegenheit diser belägerung zuu vernemmen.
Der Graaf von Chastillon/ ein sehr schöner/ langer/ tapferer und frommer Herr/ ein enkel des berühmten Admirals in Frankreich/ war auch in der statt im dienst/ und oberster über die Franzosen: welchen den 10. September ein unglük traff/ wie er stunde oben auff dem sandhügel/ und durch die schanzkörb hinaus sehen wolte/ neben dem Gubernatorn: dem herren von der Noot/ dem Colonell Vchtenbruch/ und anderen fürnemmen Officirern: sintemal ihm mit einer kugel die Hirn-pfanne vom haupt abgeschossen worden / daß das Hirn und die Hirnschal dem Colonell Vchtenbruch dem Capitain Brok und anderen das angesicht besprengete/ also daß etliche schier auch ums leben kommen. Wie dann auch gedachter Vchtenbruch kurz hernach am lezten September erschossen/ und sehr beklagt/ in gleichem ein Französischer Capitain la Promerende genant. Aber alle Capitainen/ so inner oder ausserhalb der statt tod bliben/ zu beschreiben/ ist unmüglich: können auch nicht er zehlt werden die mancherlei und wunderbarliche fäll/ so sich täg ich begeben: wiewol es dennoch von dem kriegsvolk nichts geachtet noch die geringste forcht bei ihren erwekt: dann die gewonheit macht auch den schreken selbsten unerschreklich.
Vnder andern trugs sich zu/ daß in dem ein Soldat/ ein gekaufftes Brot in die Höhe hebt / und sehen läßt: eine Kugel geflogen kom̃t/ und jhm die halbe Scheit des Brods hinweg nimmt: die andere Scheit behielt er in der Hand/ und sagte lachend: das war eine recht schaffene Kriegsmans-Kugel/ die mir gleichwol noch den meisten Theil des Brods gelassen hat.
Ein noch nicht gar zwanzigjähriger Engelländer fiel under andern
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