Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.aus dem Ofen/ und zugleich das obgedachte Bättbuch ganz unversehret wider mit heraus/ dessen erschrak die gute Frau/ sagte doch zu den Umstehenden: Nun liebe Kinder/ wie der liebe Gott die drej Männer im feurigen Ofen erhalten/ also hat er auch dises liebe Buch im Feuer erhalten/ so lasset uns nun bej Gottes Wort beständig bleiben/ und darvon nicht weichen. Ob nun wol die Würthin aus liebe/ dises Buch gern behalten wolte/ ward es doch von der Obrigkeit von ihr abgefordert/ und dem Hauptman zu Giessen zugeschiket/ von hier aus ließ es Landgraf Philipp naher Buzbach abholen/ da es dann in der Fürstlichen Bibliothec zur ewigen. Gedächtnus verwahret wird. 1625. Grausame Pest. in Engelland. Diß Jahrs grassirte eine solche grausame Pest in Engelland/ daß in einer Wochen zu Londen 4870. Menschen daran gestorben/ und ganze Gassen lär gestanden. In der Statt Neapels hat sich nachfolgende sehr traurige geschicht begeben: Traurige mordgschicht zu Neapels. Es war allda eine vierzig-jährige Edle Weibsperson/ von ehrlichem Geschlecht/ und tugendl ich geführtem Leben/ welche im Wittibstand/ und wegen wassersucht ihres Leibes zuschwellen angefangen / auch der bauch sich Narsdörffer. also erhoben/ das ihre zween leibliche/ albereit erwachsene söhn anders nicht ver meint gehabt/ als ob ir gend durch fleischliche wollust sie solche geschwulst empfangen hätte/ und darvon mit einem Kinde schwanger gienge. Sie betrübten sich hierüber/ und wurden endlich durch des bösen Feindes anleitung/ ihrem geschlecht/ von vermeintem schimpf und schande abzuhelffen/ dahin bewogen/ das mit einstimmung des einen/ der ander seine leibliche Muter/ durch einen schlag jämerlich erwordet: so auf dem Lande und ihrem Adelichen Erbsiz geschehen ist: Von dannen sie sich ganz heimlich wider in die Statt Neapels begeben haben. Als der Todschlag ruchtbar/ und solcher den Söhnen angezeigt worden/ haben sie sich ganz kläglich gestellet/ und alsobald die Muter besichtigen zulassen b[unleserliches Material]gehret. Das Gericht befindet den tödlichen Schlag/ und stehet in aus dem Ofen/ und zugleich das obgedachte Bättbuch ganz unversehret wider mit heraus/ dessen erschrak die gute Frau/ sagte doch zu den Umstehenden: Nun liebe Kinder/ wie der liebe Gott die drej Mäñer im feurigen Ofen erhalten/ also hat er auch dises liebe Buch im Feuer erhalten/ so lasset uns nun bej Gottes Wort beständig bleiben/ und darvon nicht weichen. Ob nun wol die Würthin aus liebe/ dises Buch gern behalten wolte/ ward es doch von der Obrigkeit von ihr abgefordert/ und dem Hauptman zu Giessen zugeschiket/ von hier aus ließ es Landgraf Philipp naher Buzbach abholen/ da es dann in der Fürstlichen Bibliothec zur ewigen. Gedächtnus verwahret wird. 1625. Grausame Pest. in Engelland. Diß Jahrs grassirte eine solche grausame Pest in Engelland/ daß in einer Wochen zu Londen 4870. Menschen daran gestorben/ und ganze Gassen lär gestanden. In der Statt Neapels hat sich nachfolgende sehr traurige geschicht begeben: Traurige mordgschicht zu Neapels. Es war allda eine vierzig-jährige Edle Weibsperson/ von ehrlichem Geschlecht/ und tugendl ich geführtem Leben/ welche im Wittibstand/ und wegen wassersucht ihres Leibes zuschwellen angefangen / auch der bauch sich Narsdörffer. also erhoben/ das ihre zween leibliche/ albereit erwachsene söhn anders nicht ver meint gehabt/ als ob ir gend durch fleischliche wollust sie solche geschwulst empfangen hätte/ und darvon mit einem Kinde schwanger gienge. Sie betrübten sich hierüber/ und wurden endlich durch des bösen Feindes anleitung/ ihrem geschlecht/ von vermeintem schimpf und schande abzuhelffen/ dahin bewogen/ das mit einstimmung des einen/ der ander seine leibliche Muter/ durch einen schlag jämerlich erwordet: so auf dem Lande und ihrem Adelichen Erbsiz geschehen ist: Von dannen sie sich ganz heimlich wider in die Statt Neapels begeben haben. Als der Todschlag ruchtbar/ und solcher den Söhnen angezeigt worden/ haben sie sich ganz kläglich gestellet/ und alsobald die Muter besichtigen zulassen b[unleserliches Material]gehret. Das Gericht befindet den tödlichen Schlag/ und stehet in <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0384" n="348"/> aus dem Ofen/ und zugleich das obgedachte Bättbuch ganz unversehret wider mit heraus/ dessen erschrak die gute Frau/ sagte doch zu den Umstehenden: Nun liebe Kinder/ wie der liebe Gott die drej Mäñer im feurigen Ofen erhalten/ also hat er auch dises liebe Buch im Feuer erhalten/ so lasset uns nun bej Gottes Wort beständig bleiben/ und darvon nicht weichen. Ob nun wol die Würthin aus liebe/ dises Buch gern behalten wolte/ ward es doch von der Obrigkeit von ihr abgefordert/ und dem Hauptman zu Giessen zugeschiket/ von hier aus ließ es Landgraf Philipp naher Buzbach abholen/ da es dann in der Fürstlichen Bibliothec zur ewigen. Gedächtnus verwahret wird.</p> <p><note place="left">1625. Grausame Pest. in Engelland.</note> Diß Jahrs grassirte eine solche grausame Pest in Engelland/ daß in einer Wochen zu Londen 4870. 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Sie betrübten sich hierüber/ und wurden endlich durch des bösen Feindes anleitung/ ihrem geschlecht/ von vermeintem schimpf und schande abzuhelffen/ dahin bewogen/ das mit einstimmung des einen/ der ander seine leibliche Muter/ durch einen schlag jämerlich erwordet: so auf dem Lande und ihrem Adelichen Erbsiz geschehen ist: Von dannen sie sich ganz heimlich wider in die Statt Neapels begeben haben. Als der Todschlag ruchtbar/ und solcher den Söhnen angezeigt worden/ haben sie sich ganz kläglich gestellet/ und alsobald die Muter besichtigen zulassen b<gap reason="illegible"/>gehret. Das Gericht befindet den tödlichen Schlag/ und stehet in</p> </div> </body> </text> </TEI> [348/0384]
aus dem Ofen/ und zugleich das obgedachte Bättbuch ganz unversehret wider mit heraus/ dessen erschrak die gute Frau/ sagte doch zu den Umstehenden: Nun liebe Kinder/ wie der liebe Gott die drej Mäñer im feurigen Ofen erhalten/ also hat er auch dises liebe Buch im Feuer erhalten/ so lasset uns nun bej Gottes Wort beständig bleiben/ und darvon nicht weichen. Ob nun wol die Würthin aus liebe/ dises Buch gern behalten wolte/ ward es doch von der Obrigkeit von ihr abgefordert/ und dem Hauptman zu Giessen zugeschiket/ von hier aus ließ es Landgraf Philipp naher Buzbach abholen/ da es dann in der Fürstlichen Bibliothec zur ewigen. Gedächtnus verwahret wird.
Diß Jahrs grassirte eine solche grausame Pest in Engelland/ daß in einer Wochen zu Londen 4870. Menschen daran gestorben/ und ganze Gassen lär gestanden.
1625. Grausame Pest. in Engelland. In der Statt Neapels hat sich nachfolgende sehr traurige geschicht begeben:
Es war allda eine vierzig-jährige Edle Weibsperson/ von ehrlichem Geschlecht/ und tugendl ich geführtem Leben/ welche im Wittibstand/ und wegen wassersucht ihres Leibes zuschwellen angefangen / auch der bauch sich also erhoben/ das ihre zween leibliche/ albereit erwachsene söhn anders nicht ver meint gehabt/ als ob ir gend durch fleischliche wollust sie solche geschwulst empfangen hätte/ und darvon mit einem Kinde schwanger gienge. Sie betrübten sich hierüber/ und wurden endlich durch des bösen Feindes anleitung/ ihrem geschlecht/ von vermeintem schimpf und schande abzuhelffen/ dahin bewogen/ das mit einstimmung des einen/ der ander seine leibliche Muter/ durch einen schlag jämerlich erwordet: so auf dem Lande und ihrem Adelichen Erbsiz geschehen ist: Von dannen sie sich ganz heimlich wider in die Statt Neapels begeben haben. Als der Todschlag ruchtbar/ und solcher den Söhnen angezeigt worden/ haben sie sich ganz kläglich gestellet/ und alsobald die Muter besichtigen zulassen b_ gehret. Das Gericht befindet den tödlichen Schlag/ und stehet in
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/384>, abgerufen am 16.07.2024. |