Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. II. Stück. te, sondern auch die, so aus ihm gebohrensind, und zeigte eine rechte brüderliche Zu- neigung gegen die wahren Gläubigen, und überhaupt gegen alle ihre Nächste, besonders aber für die Jhre, für welche sie gar ernst- lich kämpfte und range. Jnsonderheit mach- te der Liebesgeist JEsu, das Gebot von der Liebe gegen die Feinde, welches sonsten aus- sert der Gnade das schwerste und unmög- lichste ist, ihr sanft und süsse. Sie sahe n[ä]mlich, wie der HErr ihre Feinde und Betrüber, (zwar wider ihr Wissen und Wil- len,) in seiner Hand zu Mitteln und Werk- zeugen gebrauchte, sie durch Creutz und Lei- den in sein Liebesnetz zu treiben. Es wur- den daher dieselben ihr sehr theuer und an- gelegen, sie vergab ihnen, nicht nur von ganzem Herzen, alles ihr angethane und zugefügte Unrecht und Beleidigungen, son- dern suchte in ihrem Gebet bey GOtt für sie die Vergebung, wie für alle ihre Uebertret- tungen, so insonderheit für die Sünden, die sie gegen ihr begangen hatten, und bate zugleich den HErrn herzlich, daß er ihnen doch ihre Augen aufthun, sie von ihrer Ge- fahr überzeugen, und doch noch zu dem Le- ben der Gnade in einer wahren Demüthi- gung ziehen wolle. So wird es einer See- le möglich, dem Heyland in der Liebe zu denen L 2
Thaten der Gnade. II. Stuͤck. te, ſondern auch die, ſo aus ihm gebohrenſind, und zeigte eine rechte bruͤderliche Zu- neigung gegen die wahren Glaͤubigen, und uͤberhaupt gegen alle ihre Naͤchſte, beſonders aber fuͤr die Jhre, fuͤr welche ſie gar ernſt- lich kaͤmpfte und range. Jnſonderheit mach- te der Liebesgeiſt JEſu, das Gebot von der Liebe gegen die Feinde, welches ſonſten auſ- ſert der Gnade das ſchwerſte und unmoͤg- lichſte iſt, ihr ſanft und ſuͤſſe. Sie ſahe n[aͤ]mlich, wie der HErr ihre Feinde und Betruͤber, (zwar wider ihr Wiſſen und Wil- len,) in ſeiner Hand zu Mitteln und Werk- zeugen gebrauchte, ſie durch Creutz und Lei- den in ſein Liebesnetz zu treiben. Es wur- den daher dieſelben ihr ſehr theuer und an- gelegen, ſie vergab ihnen, nicht nur von ganzem Herzen, alles ihr angethane und zugefuͤgte Unrecht und Beleidigungen, ſon- dern ſuchte in ihrem Gebet bey GOtt fuͤr ſie die Vergebung, wie fuͤr alle ihre Uebertret- tungen, ſo inſonderheit fuͤr die Suͤnden, die ſie gegen ihr begangen hatten, und bate zugleich den HErrn herzlich, daß er ihnen doch ihre Augen aufthun, ſie von ihrer Ge- fahr uͤberzeugen, und doch noch zu dem Le- ben der Gnade in einer wahren Demuͤthi- gung ziehen wolle. So wird es einer See- le moͤglich, dem Heyland in der Liebe zu denen L 2
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Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
te, ſondern auch die, ſo aus ihm gebohren
ſind, und zeigte eine rechte bruͤderliche Zu-
neigung gegen die wahren Glaͤubigen, und
uͤberhaupt gegen alle ihre Naͤchſte, beſonders
aber fuͤr die Jhre, fuͤr welche ſie gar ernſt-
lich kaͤmpfte und range. Jnſonderheit mach-
te der Liebesgeiſt JEſu, das Gebot von der
Liebe gegen die Feinde, welches ſonſten auſ-
ſert der Gnade das ſchwerſte und unmoͤg-
lichſte iſt, ihr ſanft und ſuͤſſe. Sie ſahe
naͤmlich, wie der HErr ihre Feinde und
Betruͤber, (zwar wider ihr Wiſſen und Wil-
len,) in ſeiner Hand zu Mitteln und Werk-
zeugen gebrauchte, ſie durch Creutz und Lei-
den in ſein Liebesnetz zu treiben. Es wur-
den daher dieſelben ihr ſehr theuer und an-
gelegen, ſie vergab ihnen, nicht nur von
ganzem Herzen, alles ihr angethane und
zugefuͤgte Unrecht und Beleidigungen, ſon-
dern ſuchte in ihrem Gebet bey GOtt fuͤr ſie
die Vergebung, wie fuͤr alle ihre Uebertret-
tungen, ſo inſonderheit fuͤr die Suͤnden,
die ſie gegen ihr begangen hatten, und bate
zugleich den HErrn herzlich, daß er ihnen
doch ihre Augen aufthun, ſie von ihrer Ge-
fahr uͤberzeugen, und doch noch zu dem Le-
ben der Gnade in einer wahren Demuͤthi-
gung ziehen wolle. So wird es einer See-
le moͤglich, dem Heyland in der Liebe zu
denen
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