Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Vorrede. So sehr aber die grossen Thaten ange- gebenheiten Achtung zu geben. Man steht
vielmehr in den Gedanken, ein Christ seye schuldig, bey allen wichtigen Begegnissen und Vorfallenheiten auf Erden aufmerksam und nachdenkend zu seyn; weil GOtt dabey alle- mahl gewiß seine Hand und seine grosse ver- borgene Absichten hat, auch etwas seliges, und zwar zu Zeiten durch die dunkelste und blutigste Wege auszuführen gedenket, wenn gleich die Menschen öfters durch keine andere Grundsätze und Bewegungsgründe, als durch Rache, Ehr- Länder- und Geldgeitz angetrie- ben werden, grosse Thaten zu verrichten. Das aber achtet man für sündlich, wenn man mit einem bloß neugierigen Herzen alles auf- fasset, Sinnen und Gedanken damit anfüllet, mit leeren Worten, und zu Zeiten gewiß arm- selig genug, in den Tag hinein schwätzet, das zu seiner Hauptsache, auf die man sich noch viel einbildet, machet; dabey aber das Seini- ge im Verborgenen vor GOtt nicht beyträgt, um die Absichten des HErrn zu erkennen, noch darfür arbeitet und ringet, daß dieselben an uns und andern, in der Nähe und in der Fer- ne, zur Erhaltung, Ausbreitung und Befe- stigung des Reiches JEsu möchten erfüllet werden. Vorrede. So ſehr aber die groſſen Thaten ange- gebenheiten Achtung zu geben. Man ſteht
vielmehr in den Gedanken, ein Chriſt ſeye ſchuldig, bey allen wichtigen Begegniſſen und Vorfallenheiten auf Erden aufmerkſam und nachdenkend zu ſeyn; weil GOtt dabey alle- mahl gewiß ſeine Hand und ſeine groſſe ver- borgene Abſichten hat, auch etwas ſeliges, und zwar zu Zeiten durch die dunkelſte und blutigſte Wege auszufuͤhren gedenket, wenn gleich die Menſchen oͤfters durch keine andere Grundſaͤtze und Bewegungsgruͤnde, als durch Rache, Ehr- Laͤnder- und Geldgeitz angetrie- ben werden, groſſe Thaten zu verrichten. Das aber achtet man fuͤr ſuͤndlich, wenn man mit einem bloß neugierigen Herzen alles auf- faſſet, Sinnen und Gedanken damit anfuͤllet, mit leeren Worten, und zu Zeiten gewiß arm- ſelig genug, in den Tag hinein ſchwaͤtzet, das zu ſeiner Hauptſache, auf die man ſich noch viel einbildet, machet; dabey aber das Seini- ge im Verborgenen vor GOtt nicht beytraͤgt, um die Abſichten des HErrn zu erkennen, noch darfuͤr arbeitet und ringet, daß dieſelben an uns und andern, in der Naͤhe und in der Fer- ne, zur Erhaltung, Ausbreitung und Befe- ſtigung des Reiches JEſu moͤchten erfuͤllet werden. <TEI> <text> <front> <div type="preface" n="1"> <pb facs="#f0024"/> <fw place="top" type="header">Vorrede.</fw><lb/> <p>So ſehr aber die groſſen Thaten<lb/> der Helden dieſer Erde die Menſchen<lb/> beſchaͤftigen, ſo hoch die Thaten, die<lb/> in dem Reich der Natur geſchehen,<lb/> da alles vergaͤnglich iſt, bey der Welt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ange-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="a.)">gebenheiten Achtung zu geben. Man ſteht<lb/> vielmehr in den Gedanken, ein Chriſt ſeye<lb/> ſchuldig, bey allen wichtigen Begegniſſen und<lb/> Vorfallenheiten auf Erden aufmerkſam und<lb/> nachdenkend zu ſeyn; weil GOtt dabey alle-<lb/> mahl gewiß ſeine Hand und ſeine groſſe ver-<lb/> borgene Abſichten hat, auch etwas ſeliges,<lb/> und zwar zu Zeiten durch die dunkelſte und<lb/> blutigſte Wege auszufuͤhren gedenket, wenn<lb/> gleich die Menſchen oͤfters durch keine andere<lb/> Grundſaͤtze und Bewegungsgruͤnde, als durch<lb/> Rache, Ehr- Laͤnder- und Geldgeitz angetrie-<lb/> ben werden, groſſe Thaten zu verrichten.<lb/> Das aber achtet man fuͤr ſuͤndlich, wenn man<lb/> mit einem bloß neugierigen Herzen alles auf-<lb/> faſſet, Sinnen und Gedanken damit anfuͤllet,<lb/> mit leeren Worten, und zu Zeiten gewiß arm-<lb/> ſelig genug, in den Tag hinein ſchwaͤtzet, das<lb/> zu ſeiner Hauptſache, auf die man ſich noch<lb/> viel einbildet, machet; dabey aber das Seini-<lb/> ge im Verborgenen vor GOtt nicht beytraͤgt,<lb/> um die Abſichten des HErrn zu erkennen, noch<lb/> darfuͤr arbeitet und ringet, daß dieſelben an<lb/> uns und andern, in der Naͤhe und in der Fer-<lb/> ne, zur Erhaltung, Ausbreitung und Befe-<lb/> ſtigung des Reiches JEſu moͤchten erfuͤllet<lb/> werden.</note><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0024]
Vorrede.
So ſehr aber die groſſen Thaten
der Helden dieſer Erde die Menſchen
beſchaͤftigen, ſo hoch die Thaten, die
in dem Reich der Natur geſchehen,
da alles vergaͤnglich iſt, bey der Welt
ange-
a.)
a.) gebenheiten Achtung zu geben. Man ſteht
vielmehr in den Gedanken, ein Chriſt ſeye
ſchuldig, bey allen wichtigen Begegniſſen und
Vorfallenheiten auf Erden aufmerkſam und
nachdenkend zu ſeyn; weil GOtt dabey alle-
mahl gewiß ſeine Hand und ſeine groſſe ver-
borgene Abſichten hat, auch etwas ſeliges,
und zwar zu Zeiten durch die dunkelſte und
blutigſte Wege auszufuͤhren gedenket, wenn
gleich die Menſchen oͤfters durch keine andere
Grundſaͤtze und Bewegungsgruͤnde, als durch
Rache, Ehr- Laͤnder- und Geldgeitz angetrie-
ben werden, groſſe Thaten zu verrichten.
Das aber achtet man fuͤr ſuͤndlich, wenn man
mit einem bloß neugierigen Herzen alles auf-
faſſet, Sinnen und Gedanken damit anfuͤllet,
mit leeren Worten, und zu Zeiten gewiß arm-
ſelig genug, in den Tag hinein ſchwaͤtzet, das
zu ſeiner Hauptſache, auf die man ſich noch
viel einbildet, machet; dabey aber das Seini-
ge im Verborgenen vor GOtt nicht beytraͤgt,
um die Abſichten des HErrn zu erkennen, noch
darfuͤr arbeitet und ringet, daß dieſelben an
uns und andern, in der Naͤhe und in der Fer-
ne, zur Erhaltung, Ausbreitung und Befe-
ſtigung des Reiches JEſu moͤchten erfuͤllet
werden.
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