blutenden Gewissen zu dem Blute der Ver- söhnung eilen, wenn ihr eure Wunden an die Wunden eures Erbarmers legen, und als Todes- und Verdammniß- würdige Sünder mit Thränen und Seufzen Gnade und Friede suchen würdet.
Jn diesem elenden, kläglichen und be- trübten Zustand gienge unsere Person fort, ohne das geringste Nachdenken und Ueber- legen, ohne die wenigste Begierde und Ver- langen sehen zu lassen, etwas bessers zu er- wählen und zu suchen. Jhr sündhaftes, und aller Wohlfahrt der Seele so wohl als des Leibes so widersprechende Verhalten, stürzte sie zwar in manche Noth, Jammer und Elend, in allerhand klägliche Schicksa- le, und in eine recht drückende Armuth, ein Ungemach nach dem andern verfolgte sie mit dem verlohrnen Sohn auf ihren Sün- denwegen, aber das alles war unvermö- gend, sie zu sich selbsten zu bringen, und zu bewegen, mit Ernst daran zu gedenken, durch Verlassung der ungeheuren und fürch- terlichen Wüste und Wildniß ihres so lan- gen Sündenstandes, sich dem geistlichen und leiblichen Elend zu entreissen, und sich auf- zumachen, und in dem Hause des Vaters was bessers zu suchen. Ohne Zweifel wird in der Noth, unter dem öftern Druck, und wenn sie in manche Enge gejaget worden,
das
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
blutenden Gewiſſen zu dem Blute der Ver- ſoͤhnung eilen, wenn ihr eure Wunden an die Wunden eures Erbarmers legen, und als Todes- und Verdammniß- wuͤrdige Suͤnder mit Thraͤnen und Seufzen Gnade und Friede ſuchen wuͤrdet.
Jn dieſem elenden, klaͤglichen und be- truͤbten Zuſtand gienge unſere Perſon fort, ohne das geringſte Nachdenken und Ueber- legen, ohne die wenigſte Begierde und Ver- langen ſehen zu laſſen, etwas beſſers zu er- waͤhlen und zu ſuchen. Jhr ſuͤndhaftes, und aller Wohlfahrt der Seele ſo wohl als des Leibes ſo widerſprechende Verhalten, ſtuͤrzte ſie zwar in manche Noth, Jammer und Elend, in allerhand klaͤgliche Schickſa- le, und in eine recht druͤckende Armuth, ein Ungemach nach dem andern verfolgte ſie mit dem verlohrnen Sohn auf ihren Suͤn- denwegen, aber das alles war unvermoͤ- gend, ſie zu ſich ſelbſten zu bringen, und zu bewegen, mit Ernſt daran zu gedenken, durch Verlaſſung der ungeheuren und fuͤrch- terlichen Wuͤſte und Wildniß ihres ſo lan- gen Suͤndenſtandes, ſich dem geiſtlichen und leiblichen Elend zu entreiſſen, und ſich auf- zumachen, und in dem Hauſe des Vaters was beſſers zu ſuchen. Ohne Zweifel wird in der Noth, unter dem oͤftern Druck, und wenn ſie in manche Enge gejaget worden,
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
blutenden Gewiſſen zu dem Blute der Ver-
ſoͤhnung eilen, wenn ihr eure Wunden an
die Wunden eures Erbarmers legen, und
als Todes- und Verdammniß- wuͤrdige
Suͤnder mit Thraͤnen und Seufzen Gnade
und Friede ſuchen wuͤrdet.
Jn dieſem elenden, klaͤglichen und be-
truͤbten Zuſtand gienge unſere Perſon fort,
ohne das geringſte Nachdenken und Ueber-
legen, ohne die wenigſte Begierde und Ver-
langen ſehen zu laſſen, etwas beſſers zu er-
waͤhlen und zu ſuchen. Jhr ſuͤndhaftes,
und aller Wohlfahrt der Seele ſo wohl als
des Leibes ſo widerſprechende Verhalten,
ſtuͤrzte ſie zwar in manche Noth, Jammer
und Elend, in allerhand klaͤgliche Schickſa-
le, und in eine recht druͤckende Armuth,
ein Ungemach nach dem andern verfolgte ſie
mit dem verlohrnen Sohn auf ihren Suͤn-
denwegen, aber das alles war unvermoͤ-
gend, ſie zu ſich ſelbſten zu bringen, und zu
bewegen, mit Ernſt daran zu gedenken,
durch Verlaſſung der ungeheuren und fuͤrch-
terlichen Wuͤſte und Wildniß ihres ſo lan-
gen Suͤndenſtandes, ſich dem geiſtlichen und
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/247>, abgerufen am 21.11.2024.
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