Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Der grossen und seligen
richtig und ganz zu ergeben, und um seinet-
willen Haß, Verachtung und Creutz auf sich
zu nehmen, und endlich ihm bis zum Tode ge-
treu zu seyn. Verspüre sie nun dieses, so sey
das erste Nothwendige nun dieses: daß sie fein
tief grabe, und auf einen recht guten
Grund baue. Sie solle darum GOtt herz-
lich bitten, daß er ihr das ganze Verderben der
Sünde, die verborgensten und in dem Staub
der Vergessenheit schon lange verdeckt gele-
genen Uebertrettungen, mit den subtilesten
Verdorbenheiten in seiner Gnade entdecken,
und alles unter das Licht ihres Angesichtes
stellen wolle, was in der Ewigkeit ihr zu
wissen nöthig seye; und daß er auch alle
Entschuldigungen, Ausflüchte und Ränke
der bösen Vernunft und des Fleisches mit
dem falschen Grund aller eigenen Gerech-
tigkeit und Gutheit aus dem Herzen trei-
ben und zertrümmern, hingegen sie in ihren
Augen zu einem recht armen, elenden, mü-
heseligen und beladenen Sünder machen,
und das durch die lange Gewohnheit im
Sündigen recht hart und fest gewordene Herz
in seiner Liebe recht angreifen, erweichen
und zerschmelzen wolle. Seye nun auf die-
se Weise recht tief gegraben, so müsse nun
alle Hofnung zum Leben auf den Heyland
und seine blutige Gerechtigkeit, als auf den
einigen Felsengrund gebauet werden. Sie

müsse

Der groſſen und ſeligen
richtig und ganz zu ergeben, und um ſeinet-
willen Haß, Verachtung und Creutz auf ſich
zu nehmen, und endlich ihm bis zum Tode ge-
treu zu ſeyn. Verſpuͤre ſie nun dieſes, ſo ſey
das erſte Nothwendige nun dieſes: daß ſie fein
tief grabe, und auf einen recht guten
Grund baue. Sie ſolle darum GOtt herz-
lich bitten, daß er ihr das ganze Verderben der
Suͤnde, die verborgenſten und in dem Staub
der Vergeſſenheit ſchon lange verdeckt gele-
genen Uebertrettungen, mit den ſubtileſten
Verdorbenheiten in ſeiner Gnade entdecken,
und alles unter das Licht ihres Angeſichtes
ſtellen wolle, was in der Ewigkeit ihr zu
wiſſen noͤthig ſeye; und daß er auch alle
Entſchuldigungen, Ausfluͤchte und Raͤnke
der boͤſen Vernunft und des Fleiſches mit
dem falſchen Grund aller eigenen Gerech-
tigkeit und Gutheit aus dem Herzen trei-
ben und zertruͤmmern, hingegen ſie in ihren
Augen zu einem recht armen, elenden, muͤ-
heſeligen und beladenen Suͤnder machen,
und das durch die lange Gewohnheit im
Suͤndigen recht hart und feſt gewordene Herz
in ſeiner Liebe recht angreifen, erweichen
und zerſchmelzen wolle. Seye nun auf die-
ſe Weiſe recht tief gegraben, ſo muͤſſe nun
alle Hofnung zum Leben auf den Heyland
und ſeine blutige Gerechtigkeit, als auf den
einigen Felſengrund gebauet werden. Sie

muͤſſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="222"/><fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
richtig und ganz zu ergeben, und um &#x017F;einet-<lb/>
willen Haß, Verachtung und Creutz auf &#x017F;ich<lb/>
zu nehmen, und endlich ihm bis zum Tode ge-<lb/>
treu zu &#x017F;eyn. Ver&#x017F;pu&#x0364;re &#x017F;ie nun die&#x017F;es, &#x017F;o &#x017F;ey<lb/>
das er&#x017F;te Nothwendige nun die&#x017F;es: daß &#x017F;ie fein<lb/>
tief grabe, und auf einen recht guten<lb/>
Grund baue. Sie &#x017F;olle darum GOtt herz-<lb/>
lich bitten, daß er ihr das ganze Verderben der<lb/>
Su&#x0364;nde, die verborgen&#x017F;ten und in dem Staub<lb/>
der Verge&#x017F;&#x017F;enheit &#x017F;chon lange verdeckt gele-<lb/>
genen Uebertrettungen, mit den &#x017F;ubtile&#x017F;ten<lb/>
Verdorbenheiten in &#x017F;einer Gnade entdecken,<lb/>
und alles unter das Licht ihres Ange&#x017F;ichtes<lb/>
&#x017F;tellen wolle, was in der Ewigkeit ihr zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en no&#x0364;thig &#x017F;eye; und daß er auch alle<lb/>
Ent&#x017F;chuldigungen, Ausflu&#x0364;chte und Ra&#x0364;nke<lb/>
der bo&#x0364;&#x017F;en Vernunft und des Flei&#x017F;ches mit<lb/>
dem fal&#x017F;chen Grund aller eigenen Gerech-<lb/>
tigkeit und Gutheit aus dem Herzen trei-<lb/>
ben und zertru&#x0364;mmern, hingegen &#x017F;ie in ihren<lb/>
Augen zu einem recht armen, elenden, mu&#x0364;-<lb/>
he&#x017F;eligen und beladenen Su&#x0364;nder machen,<lb/>
und das durch die lange Gewohnheit im<lb/>
Su&#x0364;ndigen recht hart und fe&#x017F;t gewordene Herz<lb/>
in &#x017F;einer Liebe recht angreifen, erweichen<lb/>
und zer&#x017F;chmelzen wolle. Seye nun auf die-<lb/>
&#x017F;e Wei&#x017F;e recht tief gegraben, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nun<lb/>
alle Hofnung zum Leben auf den Heyland<lb/>
und &#x017F;eine blutige Gerechtigkeit, als auf den<lb/>
einigen Fel&#x017F;engrund gebauet werden. Sie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0274] Der groſſen und ſeligen richtig und ganz zu ergeben, und um ſeinet- willen Haß, Verachtung und Creutz auf ſich zu nehmen, und endlich ihm bis zum Tode ge- treu zu ſeyn. Verſpuͤre ſie nun dieſes, ſo ſey das erſte Nothwendige nun dieſes: daß ſie fein tief grabe, und auf einen recht guten Grund baue. Sie ſolle darum GOtt herz- lich bitten, daß er ihr das ganze Verderben der Suͤnde, die verborgenſten und in dem Staub der Vergeſſenheit ſchon lange verdeckt gele- genen Uebertrettungen, mit den ſubtileſten Verdorbenheiten in ſeiner Gnade entdecken, und alles unter das Licht ihres Angeſichtes ſtellen wolle, was in der Ewigkeit ihr zu wiſſen noͤthig ſeye; und daß er auch alle Entſchuldigungen, Ausfluͤchte und Raͤnke der boͤſen Vernunft und des Fleiſches mit dem falſchen Grund aller eigenen Gerech- tigkeit und Gutheit aus dem Herzen trei- ben und zertruͤmmern, hingegen ſie in ihren Augen zu einem recht armen, elenden, muͤ- heſeligen und beladenen Suͤnder machen, und das durch die lange Gewohnheit im Suͤndigen recht hart und feſt gewordene Herz in ſeiner Liebe recht angreifen, erweichen und zerſchmelzen wolle. Seye nun auf die- ſe Weiſe recht tief gegraben, ſo muͤſſe nun alle Hofnung zum Leben auf den Heyland und ſeine blutige Gerechtigkeit, als auf den einigen Felſengrund gebauet werden. Sie muͤſſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/274
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/274>, abgerufen am 21.11.2024.