Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Thaten der Gnade. III. Stück.
müsse also nun herzlich um die Offenbarung
und Verklärung des Heylandes beten, und
nicht nachlassen, bis sie von seiner Nothwen-
digkeit, Allgenugsamkeit und Bereitwillig-
keit recht lebendig in dem Herzen überzeuget
seye. Wenn sie nun in dem göttlichen Licht
das Gesicht von der Tiefe ihres Elendes auf
der einten, und die Fülle von der alles ver-
mögenden Liebeskraft des Heylandes auf der
andern Seite recht gefasset habe, und dabey
sehe, daß ihr nothwendig müsse geholfen
werden, daß aber weder in ihr, noch in ei-
ner Creatur, oder etwas geschaffenem eini-
ge Hülfe zu finden, so solle sie nicht länger
bey dem Gesichte ihres Elendes und ihrer
Gefahr stille stehen, sondern wenn gleich al-
les anklage, wenn schon alles über sie Ra-
che schreye, und von innen und aussen alles
sie verurtheile und verdamme, so seye es
denn die rechte Zeit, auf den Heyland, als
Fürsprech, Mittler und Erlöser zu schauen,
zu ihm als eine von dem Bluträcher ver-
folgte Seele ihre Zuflucht zu nehmen, und
sich in seine Wunden, als die einige Frey-
stätte, da Sicherheit, Errettung und Ruhe
zu finden, zu flüchten, und um die Zueig-
nung seines Blutes, Todes und Gerechtig-
keit in dem Glauben sich völlig zu versichern,
und durch alle Hindernisse sich durch zu be-
ten und durchzukämpfen. Endlich aber auch

dem

Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
muͤſſe alſo nun herzlich um die Offenbarung
und Verklaͤrung des Heylandes beten, und
nicht nachlaſſen, bis ſie von ſeiner Nothwen-
digkeit, Allgenugſamkeit und Bereitwillig-
keit recht lebendig in dem Herzen uͤberzeuget
ſeye. Wenn ſie nun in dem goͤttlichen Licht
das Geſicht von der Tiefe ihres Elendes auf
der einten, und die Fuͤlle von der alles ver-
moͤgenden Liebeskraft des Heylandes auf der
andern Seite recht gefaſſet habe, und dabey
ſehe, daß ihr nothwendig muͤſſe geholfen
werden, daß aber weder in ihr, noch in ei-
ner Creatur, oder etwas geſchaffenem eini-
ge Huͤlfe zu finden, ſo ſolle ſie nicht laͤnger
bey dem Geſichte ihres Elendes und ihrer
Gefahr ſtille ſtehen, ſondern wenn gleich al-
les anklage, wenn ſchon alles uͤber ſie Ra-
che ſchreye, und von innen und auſſen alles
ſie verurtheile und verdamme, ſo ſeye es
denn die rechte Zeit, auf den Heyland, als
Fuͤrſprech, Mittler und Erloͤſer zu ſchauen,
zu ihm als eine von dem Blutraͤcher ver-
folgte Seele ihre Zuflucht zu nehmen, und
ſich in ſeine Wunden, als die einige Frey-
ſtaͤtte, da Sicherheit, Errettung und Ruhe
zu finden, zu fluͤchten, und um die Zueig-
nung ſeines Blutes, Todes und Gerechtig-
keit in dem Glauben ſich voͤllig zu verſichern,
und durch alle Hinderniſſe ſich durch zu be-
ten und durchzukaͤmpfen. Endlich aber auch

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0275" n="223"/><fw place="top" type="header">Thaten der Gnade. <hi rendition="#aq">III</hi>. Stu&#x0364;ck.</fw><lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e al&#x017F;o nun herzlich um die Offenbarung<lb/>
und Verkla&#x0364;rung des Heylandes beten, und<lb/>
nicht nachla&#x017F;&#x017F;en, bis &#x017F;ie von &#x017F;einer Nothwen-<lb/>
digkeit, Allgenug&#x017F;amkeit und Bereitwillig-<lb/>
keit recht lebendig in dem Herzen u&#x0364;berzeuget<lb/>
&#x017F;eye. Wenn &#x017F;ie nun in dem go&#x0364;ttlichen Licht<lb/>
das Ge&#x017F;icht von der Tiefe ihres Elendes auf<lb/>
der einten, und die Fu&#x0364;lle von der alles ver-<lb/>
mo&#x0364;genden Liebeskraft des Heylandes auf der<lb/>
andern Seite recht gefa&#x017F;&#x017F;et habe, und dabey<lb/>
&#x017F;ehe, daß ihr nothwendig mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e geholfen<lb/>
werden, daß aber weder in ihr, noch in ei-<lb/>
ner Creatur, oder etwas ge&#x017F;chaffenem eini-<lb/>
ge Hu&#x0364;lfe zu finden, &#x017F;o &#x017F;olle &#x017F;ie nicht la&#x0364;nger<lb/>
bey dem Ge&#x017F;ichte ihres Elendes und ihrer<lb/>
Gefahr &#x017F;tille &#x017F;tehen, &#x017F;ondern wenn gleich al-<lb/>
les anklage, wenn &#x017F;chon alles u&#x0364;ber &#x017F;ie Ra-<lb/>
che &#x017F;chreye, und von innen und au&#x017F;&#x017F;en alles<lb/>
&#x017F;ie verurtheile und verdamme, &#x017F;o &#x017F;eye es<lb/>
denn die rechte Zeit, auf den Heyland, als<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;prech, Mittler und Erlo&#x0364;&#x017F;er zu &#x017F;chauen,<lb/>
zu ihm als eine von dem Blutra&#x0364;cher ver-<lb/>
folgte Seele ihre Zuflucht zu nehmen, und<lb/>
&#x017F;ich in &#x017F;eine Wunden, als die einige Frey-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tte, da Sicherheit, Errettung und Ruhe<lb/>
zu finden, zu flu&#x0364;chten, und um die Zueig-<lb/>
nung &#x017F;eines Blutes, Todes und Gerechtig-<lb/>
keit in dem Glauben &#x017F;ich vo&#x0364;llig zu ver&#x017F;ichern,<lb/>
und durch alle Hinderni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich durch zu be-<lb/>
ten und durchzuka&#x0364;mpfen. Endlich aber auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0275] Thaten der Gnade. III. Stuͤck. muͤſſe alſo nun herzlich um die Offenbarung und Verklaͤrung des Heylandes beten, und nicht nachlaſſen, bis ſie von ſeiner Nothwen- digkeit, Allgenugſamkeit und Bereitwillig- keit recht lebendig in dem Herzen uͤberzeuget ſeye. Wenn ſie nun in dem goͤttlichen Licht das Geſicht von der Tiefe ihres Elendes auf der einten, und die Fuͤlle von der alles ver- moͤgenden Liebeskraft des Heylandes auf der andern Seite recht gefaſſet habe, und dabey ſehe, daß ihr nothwendig muͤſſe geholfen werden, daß aber weder in ihr, noch in ei- ner Creatur, oder etwas geſchaffenem eini- ge Huͤlfe zu finden, ſo ſolle ſie nicht laͤnger bey dem Geſichte ihres Elendes und ihrer Gefahr ſtille ſtehen, ſondern wenn gleich al- les anklage, wenn ſchon alles uͤber ſie Ra- che ſchreye, und von innen und auſſen alles ſie verurtheile und verdamme, ſo ſeye es denn die rechte Zeit, auf den Heyland, als Fuͤrſprech, Mittler und Erloͤſer zu ſchauen, zu ihm als eine von dem Blutraͤcher ver- folgte Seele ihre Zuflucht zu nehmen, und ſich in ſeine Wunden, als die einige Frey- ſtaͤtte, da Sicherheit, Errettung und Ruhe zu finden, zu fluͤchten, und um die Zueig- nung ſeines Blutes, Todes und Gerechtig- keit in dem Glauben ſich voͤllig zu verſichern, und durch alle Hinderniſſe ſich durch zu be- ten und durchzukaͤmpfen. Endlich aber auch dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/275
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/275>, abgerufen am 21.11.2024.