Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. III. Stück. aller deiner Gefahr bist, desto grösser istsein Kummer wegen dir. Je weniger du an eine Hülfe denkest, je ohnmächtiger du bist, eine solche dir zu schaffen, desto mehr denket er an deine Errettung, und desto williger wäre er seine Liebesmacht an dir zu offenbahren. Gehe in dich selbst o Seele! weil du dieses liesest, findest du nicht in dir eine Bewegung, eine geheime Unruhe und Bekümmerniß über deinen verirrten und verlohrnen Zustand, fühlest du nicht ein Anklagen in deinem Gewissen? steigen nicht verborgene Seufzer auf? zeiget sich nicht etwas von einem Verlangen bey dir, um errettet zu werden? ist nicht noch ein schwa- cher Wunsch da, von dem Heylande in sei- ne Arme gesammlet, und von seinen Se- ligkeiten erquicket zu werden? Nun das ist schon eine Anzeigung, daß aus dem mitlei- denden Herze JEsu eine Bewegung in dein Herze ausgegangen, die dich noch (so arm und elend es auch mit dir steht) zu ihm einladet, locket und treibet. Folge nun diesem Triebe, wirf dich zu des Heylandes Füssen, bitte ihn mit Ernst und Thränen, daß er dir auch etwas von denen Gaben schenken wolle, die er für die Abtrünni- gen erworben hat. Höre nicht auf vor ihm zu ringen, bis in seiner Macht und Liebe dir geholfen ist. Eben
Thaten der Gnade. III. Stuͤck. aller deiner Gefahr biſt, deſto groͤſſer iſtſein Kummer wegen dir. Je weniger du an eine Huͤlfe denkeſt, je ohnmaͤchtiger du biſt, eine ſolche dir zu ſchaffen, deſto mehr denket er an deine Errettung, und deſto williger waͤre er ſeine Liebesmacht an dir zu offenbahren. Gehe in dich ſelbſt o Seele! weil du dieſes lieſeſt, findeſt du nicht in dir eine Bewegung, eine geheime Unruhe und Bekuͤmmerniß uͤber deinen verirrten und verlohrnen Zuſtand, fuͤhleſt du nicht ein Anklagen in deinem Gewiſſen? ſteigen nicht verborgene Seufzer auf? zeiget ſich nicht etwas von einem Verlangen bey dir, um errettet zu werden? iſt nicht noch ein ſchwa- cher Wunſch da, von dem Heylande in ſei- ne Arme geſammlet, und von ſeinen Se- ligkeiten erquicket zu werden? Nun das iſt ſchon eine Anzeigung, daß aus dem mitlei- denden Herze JEſu eine Bewegung in dein Herze ausgegangen, die dich noch (ſo arm und elend es auch mit dir ſteht) zu ihm einladet, locket und treibet. Folge nun dieſem Triebe, wirf dich zu des Heylandes Fuͤſſen, bitte ihn mit Ernſt und Thraͤnen, daß er dir auch etwas von denen Gaben ſchenken wolle, die er fuͤr die Abtruͤnni- gen erworben hat. Hoͤre nicht auf vor ihm zu ringen, bis in ſeiner Macht und Liebe dir geholfen iſt. Eben
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
aller deiner Gefahr biſt, deſto groͤſſer iſt
ſein Kummer wegen dir. Je weniger du
an eine Huͤlfe denkeſt, je ohnmaͤchtiger du
biſt, eine ſolche dir zu ſchaffen, deſto mehr
denket er an deine Errettung, und deſto
williger waͤre er ſeine Liebesmacht an dir zu
offenbahren. Gehe in dich ſelbſt o Seele!
weil du dieſes lieſeſt, findeſt du nicht in dir
eine Bewegung, eine geheime Unruhe und
Bekuͤmmerniß uͤber deinen verirrten und
verlohrnen Zuſtand, fuͤhleſt du nicht ein
Anklagen in deinem Gewiſſen? ſteigen nicht
verborgene Seufzer auf? zeiget ſich nicht
etwas von einem Verlangen bey dir, um
errettet zu werden? iſt nicht noch ein ſchwa-
cher Wunſch da, von dem Heylande in ſei-
ne Arme geſammlet, und von ſeinen Se-
ligkeiten erquicket zu werden? Nun das iſt
ſchon eine Anzeigung, daß aus dem mitlei-
denden Herze JEſu eine Bewegung in dein
Herze ausgegangen, die dich noch (ſo arm
und elend es auch mit dir ſteht) zu ihm
einladet, locket und treibet. Folge nun
dieſem Triebe, wirf dich zu des Heylandes
Fuͤſſen, bitte ihn mit Ernſt und Thraͤnen,
daß er dir auch etwas von denen Gaben
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