Eben diese zärtliche Bemühungen JEsu zeigten sich bey unserer so tief gefallenen und verirrten Person, eben diese Mitleidensvolle Rührungen, giengen aus dem Herze des Heylandes, und wirkten in ihr eint und andere Bewegungen, die sie endlich noch von dem völligen Untergange errettet, zum Nachdenken und einem rechtschaffenen Um- kehren gebracht hat.
Mißbrauche aber o irrende Seele! die- sen Liebesaffect deines Heylandes nicht! denke nicht! ist dem HErrn JEsu so viel an der Errettung einer einigen abtrünnigen Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch die geringste und undankbarste von densel- ben, treibt ihn sein langmüthiges Erbar- men an, derselben in die Wildniß und Wü- ste so lange nachzulaufen, bis er sie wieder gefunden und errettet hat, so will ich mich nicht lange grämen, und mir mein Leben sauer und bitter machen, ich will in meinem Laufe, und in meinen Sünden fortgehen, will der Hirte meiner etwas, so wird er mich schon zu suchen, und zurecht zu bringen wissen. Nein! das wäre auf Gnade hin- gesündiget, muthwillig und vorsetzlich ein- gewilliget, ein Raub des Feindes zu seyn, und immerhin zu bleiben. Mache es viel- mehr also: merkest du auf der Flucht von JEsu noch etwas in deinem Jnnwendigen,
das
Der groſſen und ſeligen
Eben dieſe zaͤrtliche Bemuͤhungen JEſu zeigten ſich bey unſerer ſo tief gefallenen und verirrten Perſon, eben dieſe Mitleidensvolle Ruͤhrungen, giengen aus dem Herze des Heylandes, und wirkten in ihr eint und andere Bewegungen, die ſie endlich noch von dem voͤlligen Untergange errettet, zum Nachdenken und einem rechtſchaffenen Um- kehren gebracht hat.
Mißbrauche aber o irrende Seele! die- ſen Liebesaffect deines Heylandes nicht! denke nicht! iſt dem HErrn JEſu ſo viel an der Errettung einer einigen abtruͤnnigen Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch die geringſte und undankbarſte von denſel- ben, treibt ihn ſein langmuͤthiges Erbar- men an, derſelben in die Wildniß und Wuͤ- ſte ſo lange nachzulaufen, bis er ſie wieder gefunden und errettet hat, ſo will ich mich nicht lange graͤmen, und mir mein Leben ſauer und bitter machen, ich will in meinem Laufe, und in meinen Suͤnden fortgehen, will der Hirte meiner etwas, ſo wird er mich ſchon zu ſuchen, und zurecht zu bringen wiſſen. Nein! das waͤre auf Gnade hin- geſuͤndiget, muthwillig und vorſetzlich ein- gewilliget, ein Raub des Feindes zu ſeyn, und immerhin zu bleiben. Mache es viel- mehr alſo: merkeſt du auf der Flucht von JEſu noch etwas in deinem Jnnwendigen,
das
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Der groſſen und ſeligen
Eben dieſe zaͤrtliche Bemuͤhungen JEſu
zeigten ſich bey unſerer ſo tief gefallenen und
verirrten Perſon, eben dieſe Mitleidensvolle
Ruͤhrungen, giengen aus dem Herze des
Heylandes, und wirkten in ihr eint und
andere Bewegungen, die ſie endlich noch
von dem voͤlligen Untergange errettet, zum
Nachdenken und einem rechtſchaffenen Um-
kehren gebracht hat.
Mißbrauche aber o irrende Seele! die-
ſen Liebesaffect deines Heylandes nicht!
denke nicht! iſt dem HErrn JEſu ſo viel
an der Errettung einer einigen abtruͤnnigen
Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch
die geringſte und undankbarſte von denſel-
ben, treibt ihn ſein langmuͤthiges Erbar-
men an, derſelben in die Wildniß und Wuͤ-
ſte ſo lange nachzulaufen, bis er ſie wieder
gefunden und errettet hat, ſo will ich mich
nicht lange graͤmen, und mir mein Leben
ſauer und bitter machen, ich will in meinem
Laufe, und in meinen Suͤnden fortgehen,
will der Hirte meiner etwas, ſo wird er mich
ſchon zu ſuchen, und zurecht zu bringen
wiſſen. Nein! das waͤre auf Gnade hin-
geſuͤndiget, muthwillig und vorſetzlich ein-
gewilliget, ein Raub des Feindes zu ſeyn,
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/288>, abgerufen am 21.11.2024.
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