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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
angefüllten und zerschlagenen Seele empfind-
lich gerühret, aber auch zu einem innigen
Lobe gegen dem HErrn über die liebreichen
aber recht grossen Thaten seiner Gnade ge-
reitzet. Da nun der heilige Geist dieser
Seele ihre Wunden so lebendig aufgedecket,
allen tödtlichen Seelenschaden gezeiget, sie
den Schrecken, Angst, Gefahr und alle
traurigen Folgen der Sünde fühlen, und sie
unter dieser schweren Last gleichsam in ihrem
Blute so ängstlich zaplen und winden lassen,
so glaubte er, es seye nicht nöthig, die Wun-
den noch mehr aufzureissen, und den Eiter
auszudrucken, sondern nun die rechte Zeit,
an das Wort Pauli zu gedenken: Uns
ist bange, aber wir verzagen nicht.

2. Cor. 4:8. Jnsonderheit an den Befehl
und den Zuruf GOttes selber. Esaj. 35:3.4.
Stärket die müden Hände, und er-
quicket die strauchelnden Knie. Sa-
get den verzagten Herzen, seyd ge-
trost! und fürchtet euch nicht!
Ja an
das Beyspiel des Heylandes selber, der ge-
sandt war, denen Armen das Evange-
lium zu verkündigen, und die zerknirsch-
ten Herzen zu heilen.
Luc. 4:18.

Der Prediger priesse ihr also die Barm-
herzigkeit GOttes in Christo gar herzlich
an, und suchte ihr die nach allen elenden
und armen, aber nach seiner Gnade sehnen-

den

Der groſſen und ſeligen
angefuͤllten und zerſchlagenen Seele empfind-
lich geruͤhret, aber auch zu einem innigen
Lobe gegen dem HErrn uͤber die liebreichen
aber recht groſſen Thaten ſeiner Gnade ge-
reitzet. Da nun der heilige Geiſt dieſer
Seele ihre Wunden ſo lebendig aufgedecket,
allen toͤdtlichen Seelenſchaden gezeiget, ſie
den Schrecken, Angſt, Gefahr und alle
traurigen Folgen der Suͤnde fuͤhlen, und ſie
unter dieſer ſchweren Laſt gleichſam in ihrem
Blute ſo aͤngſtlich zaplen und winden laſſen,
ſo glaubte er, es ſeye nicht noͤthig, die Wun-
den noch mehr aufzureiſſen, und den Eiter
auszudrucken, ſondern nun die rechte Zeit,
an das Wort Pauli zu gedenken: Uns
iſt bange, aber wir verzagen nicht.

2. Cor. 4:8. Jnſonderheit an den Befehl
und den Zuruf GOttes ſelber. Eſaj. 35:3.4.
Staͤrket die muͤden Haͤnde, und er-
quicket die ſtrauchelnden Knie. Sa-
get den verzagten Herzen, ſeyd ge-
troſt! und fuͤrchtet euch nicht!
Ja an
das Beyſpiel des Heylandes ſelber, der ge-
ſandt war, denen Armen das Evange-
lium zu verkuͤndigen, und die zerknirſch-
ten Herzen zu heilen.
Luc. 4:18.

Der Prediger prieſſe ihr alſo die Barm-
herzigkeit GOttes in Chriſto gar herzlich
an, und ſuchte ihr die nach allen elenden
und armen, aber nach ſeiner Gnade ſehnen-

den
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[264/0316] Der groſſen und ſeligen angefuͤllten und zerſchlagenen Seele empfind- lich geruͤhret, aber auch zu einem innigen Lobe gegen dem HErrn uͤber die liebreichen aber recht groſſen Thaten ſeiner Gnade ge- reitzet. Da nun der heilige Geiſt dieſer Seele ihre Wunden ſo lebendig aufgedecket, allen toͤdtlichen Seelenſchaden gezeiget, ſie den Schrecken, Angſt, Gefahr und alle traurigen Folgen der Suͤnde fuͤhlen, und ſie unter dieſer ſchweren Laſt gleichſam in ihrem Blute ſo aͤngſtlich zaplen und winden laſſen, ſo glaubte er, es ſeye nicht noͤthig, die Wun- den noch mehr aufzureiſſen, und den Eiter auszudrucken, ſondern nun die rechte Zeit, an das Wort Pauli zu gedenken: Uns iſt bange, aber wir verzagen nicht. 2. Cor. 4:8. Jnſonderheit an den Befehl und den Zuruf GOttes ſelber. Eſaj. 35:3.4. Staͤrket die muͤden Haͤnde, und er- quicket die ſtrauchelnden Knie. Sa- get den verzagten Herzen, ſeyd ge- troſt! und fuͤrchtet euch nicht! Ja an das Beyſpiel des Heylandes ſelber, der ge- ſandt war, denen Armen das Evange- lium zu verkuͤndigen, und die zerknirſch- ten Herzen zu heilen. Luc. 4:18. Der Prediger prieſſe ihr alſo die Barm- herzigkeit GOttes in Chriſto gar herzlich an, und ſuchte ihr die nach allen elenden und armen, aber nach ſeiner Gnade ſehnen- den

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/316>, abgerufen am 21.11.2024.