Bey diesem demüthigen Anhalten um Gnade, bey diesem zerschmelzten Sehnen nach der Ausstreckung des Gnadenzepters, bey diesem unaufhörlichen Schreyen um Hülfe und Errettung, liesse sich der Tröster der heilige Geist nicht unbezeuget; Er wie- se sie, von ihrer drückenden Last, auf die Last, unter welcher der Heyland unserer Sünden wegen schier verschmachtet war, von ihren Seelenwunden, auf die Wunden des erwürgeten Lammes, von ihren um Rache schreyenden Sünden, auf das um Gnade redende Blut JEsu, von denen feu- rigen Bissen der alten Schlange, auf den an dem Creutze erhöheten Schlangentretter, von dem Abgrunde ihres Elendes, auf den Abgrund der Erbarmungen in Christo. Er zeigte ihr in seinem Licht, daß nicht nur der Heyland allein die Genesungsmittel besitze, durch die ihr aus dem Tode ins Leben könte geholfen werden, sondern er schloß ihr auch die erbarmenden Gesinnungen auf, in welchen dieser treue Seelenfreund gegen alle Heyls- und Gnadenbegierige Sünder stehe.
So getreu ist der Geist der Gnade, daß er die Seele in ihren zappelnden Aengsten nicht verschmachten lässet. Wo nur die Seele recht arm und ausgelährt ist, wo nur eine willige und ganze Uebergabe an JEsum
ist,
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Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
Bey dieſem demuͤthigen Anhalten um Gnade, bey dieſem zerſchmelzten Sehnen nach der Ausſtreckung des Gnadenzepters, bey dieſem unaufhoͤrlichen Schreyen um Huͤlfe und Errettung, lieſſe ſich der Troͤſter der heilige Geiſt nicht unbezeuget; Er wie- ſe ſie, von ihrer druͤckenden Laſt, auf die Laſt, unter welcher der Heyland unſerer Suͤnden wegen ſchier verſchmachtet war, von ihren Seelenwunden, auf die Wunden des erwuͤrgeten Lammes, von ihren um Rache ſchreyenden Suͤnden, auf das um Gnade redende Blut JEſu, von denen feu- rigen Biſſen der alten Schlange, auf den an dem Creutze erhoͤheten Schlangentretter, von dem Abgrunde ihres Elendes, auf den Abgrund der Erbarmungen in Chriſto. Er zeigte ihr in ſeinem Licht, daß nicht nur der Heyland allein die Geneſungsmittel beſitze, durch die ihr aus dem Tode ins Leben koͤnte geholfen werden, ſondern er ſchloß ihr auch die erbarmenden Geſinnungen auf, in welchen dieſer treue Seelenfreund gegen alle Heyls- und Gnadenbegierige Suͤnder ſtehe.
So getreu iſt der Geiſt der Gnade, daß er die Seele in ihren zappelnden Aengſten nicht verſchmachten laͤſſet. Wo nur die Seele recht arm und ausgelaͤhrt iſt, wo nur eine willige und ganze Uebergabe an JEſum
iſt,
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Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
Bey dieſem demuͤthigen Anhalten um
Gnade, bey dieſem zerſchmelzten Sehnen
nach der Ausſtreckung des Gnadenzepters,
bey dieſem unaufhoͤrlichen Schreyen um
Huͤlfe und Errettung, lieſſe ſich der Troͤſter
der heilige Geiſt nicht unbezeuget; Er wie-
ſe ſie, von ihrer druͤckenden Laſt, auf die
Laſt, unter welcher der Heyland unſerer
Suͤnden wegen ſchier verſchmachtet war,
von ihren Seelenwunden, auf die Wunden
des erwuͤrgeten Lammes, von ihren um
Rache ſchreyenden Suͤnden, auf das um
Gnade redende Blut JEſu, von denen feu-
rigen Biſſen der alten Schlange, auf den
an dem Creutze erhoͤheten Schlangentretter,
von dem Abgrunde ihres Elendes, auf den
Abgrund der Erbarmungen in Chriſto. Er
zeigte ihr in ſeinem Licht, daß nicht nur der
Heyland allein die Geneſungsmittel beſitze,
durch die ihr aus dem Tode ins Leben
koͤnte geholfen werden, ſondern er ſchloß
ihr auch die erbarmenden Geſinnungen auf,
in welchen dieſer treue Seelenfreund gegen
alle Heyls- und Gnadenbegierige Suͤnder
ſtehe.
So getreu iſt der Geiſt der Gnade, daß
er die Seele in ihren zappelnden Aengſten
nicht verſchmachten laͤſſet. Wo nur die
Seele recht arm und ausgelaͤhrt iſt, wo nur
eine willige und ganze Uebergabe an JEſum
iſt,
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/395>, abgerufen am 22.11.2024.
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