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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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erwiderte die Bäbe mit bescheidenem Ernst, nehmen Sie mir's nicht übel -- aber das kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich will Alles thun, was Sie verlangen. Ich will dem Tobias nicht nachgehen, und in das Pfarrhaus und in den Pfarrhof soll er um meinetwillen nicht mehr kommen. Aber wenn er mich zum Weib haben will, dann kann ich nicht zu ihm sagen: geh und heirathe die Weberstochter, weil's dein Vater verlangt! Der Vater meint, weil die Andere mehr Geld hat, darum wär' sie besser. Aber ich kann etwas, das auch Geld werth ist, und es ist sehr die Frag', ob er mit mir nicht weiter kommt, als mit der Andern, -- von der Lieb', die er nun einmal zu mir hat, gar nicht zu reden. Ich muß mir jetzt Alles gefallen lassen, was mir geschehen ist; aber was mein Verhältniß zum Tobias angeht, Frau Pfarrerin, da will ich nichts dran ändern, weder so noch so. Vielleicht geht's doch noch anders, als man jetzt denkt! -- Die Frau versetzte: Ich kann dich nicht zwingen, meinen Rath anzunehmen, und will mich in deine Angelegenheiten nicht mischen. Handle, wie du's vor deinem Gewissen glaubst verantworten zu können. Aber so lang du bei mir bist, kommst du mit dem Burschen nicht mehr zusammen, weder im Pfarrhaus noch anderswo. Das verlang' ich von dir. Später kannst du's halten, wie dir's beliebt. -- Nach einem Moment setzte sie hinzu: Trag das Geschirr jetzt hinaus -- die Sache ist abgemacht.

Die Bäbe ergriff das Kaffeebrett und wollte die

erwiderte die Bäbe mit bescheidenem Ernst, nehmen Sie mir's nicht übel — aber das kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich will Alles thun, was Sie verlangen. Ich will dem Tobias nicht nachgehen, und in das Pfarrhaus und in den Pfarrhof soll er um meinetwillen nicht mehr kommen. Aber wenn er mich zum Weib haben will, dann kann ich nicht zu ihm sagen: geh und heirathe die Weberstochter, weil's dein Vater verlangt! Der Vater meint, weil die Andere mehr Geld hat, darum wär' sie besser. Aber ich kann etwas, das auch Geld werth ist, und es ist sehr die Frag', ob er mit mir nicht weiter kommt, als mit der Andern, — von der Lieb', die er nun einmal zu mir hat, gar nicht zu reden. Ich muß mir jetzt Alles gefallen lassen, was mir geschehen ist; aber was mein Verhältniß zum Tobias angeht, Frau Pfarrerin, da will ich nichts dran ändern, weder so noch so. Vielleicht geht's doch noch anders, als man jetzt denkt! — Die Frau versetzte: Ich kann dich nicht zwingen, meinen Rath anzunehmen, und will mich in deine Angelegenheiten nicht mischen. Handle, wie du's vor deinem Gewissen glaubst verantworten zu können. Aber so lang du bei mir bist, kommst du mit dem Burschen nicht mehr zusammen, weder im Pfarrhaus noch anderswo. Das verlang' ich von dir. Später kannst du's halten, wie dir's beliebt. — Nach einem Moment setzte sie hinzu: Trag das Geschirr jetzt hinaus — die Sache ist abgemacht.

Die Bäbe ergriff das Kaffeebrett und wollte die

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[0125] erwiderte die Bäbe mit bescheidenem Ernst, nehmen Sie mir's nicht übel — aber das kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich will Alles thun, was Sie verlangen. Ich will dem Tobias nicht nachgehen, und in das Pfarrhaus und in den Pfarrhof soll er um meinetwillen nicht mehr kommen. Aber wenn er mich zum Weib haben will, dann kann ich nicht zu ihm sagen: geh und heirathe die Weberstochter, weil's dein Vater verlangt! Der Vater meint, weil die Andere mehr Geld hat, darum wär' sie besser. Aber ich kann etwas, das auch Geld werth ist, und es ist sehr die Frag', ob er mit mir nicht weiter kommt, als mit der Andern, — von der Lieb', die er nun einmal zu mir hat, gar nicht zu reden. Ich muß mir jetzt Alles gefallen lassen, was mir geschehen ist; aber was mein Verhältniß zum Tobias angeht, Frau Pfarrerin, da will ich nichts dran ändern, weder so noch so. Vielleicht geht's doch noch anders, als man jetzt denkt! — Die Frau versetzte: Ich kann dich nicht zwingen, meinen Rath anzunehmen, und will mich in deine Angelegenheiten nicht mischen. Handle, wie du's vor deinem Gewissen glaubst verantworten zu können. Aber so lang du bei mir bist, kommst du mit dem Burschen nicht mehr zusammen, weder im Pfarrhaus noch anderswo. Das verlang' ich von dir. Später kannst du's halten, wie dir's beliebt. — Nach einem Moment setzte sie hinzu: Trag das Geschirr jetzt hinaus — die Sache ist abgemacht. Die Bäbe ergriff das Kaffeebrett und wollte die

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/125>, abgerufen am 25.05.2024.