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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Möglichkeit wir uns eine nähere Erklärung ausbitten müßten.

Auf dem Dorfe erleidet dieses Verhältniß eine naturgemäße Abänderung. Der Schneider ist hier zugleich Besitzer einer kleinen Oekonomie und legt die Nadel vielfach weg, um den Pflug, die Sense, den Dreschflegel in die Hand zu nehmen. Dies erhält ihn frischer und läßt zwischen den Gestalten seiner Nachbarn und der seinigen keinen allzu großen Unterschied aufkommen. Dennoch äußert das Metier auch hier seine Einwirkung, und zumal auf dem jungen Schneider pflegt im Punkte des Muthes und der Körperstärke für die andern Bursche eine levis notae macula zu sitzen. Der Name bezeichnet weder einen Goliath noch einen David, und wenn der Träger desselben dem alten Vorurtheil nicht mit Geduld oder guter Laune begegnen will, so muß er es für seine Person durch Thaten entkräften. Es kommt nun auch wirklich vor, daß zu irgend einem gefährlich scheinenden Unternehmen just ein Schneider sich meldet, der den Verdacht der Feigheit von sich abwälzen will; sein Entschluß erweckt aber bei den Uebrigen stets eine gewisse Verwunderung, und unter Umständen Heiterkeit.

Ein Dorf, das im mittlern Riese gelegen ist, besaß in seinem Hauptschneider -- neben ihm existirte noch ein geringerer für die geringeren Leute -- eine der ehrenvollsten Ausnahmen, die je das Metier zierten. Balthasar Eber war nicht nur der Starken einer im Orte, sondern geradezu der Stärkste selber, groß, von

Möglichkeit wir uns eine nähere Erklärung ausbitten müßten.

Auf dem Dorfe erleidet dieses Verhältniß eine naturgemäße Abänderung. Der Schneider ist hier zugleich Besitzer einer kleinen Oekonomie und legt die Nadel vielfach weg, um den Pflug, die Sense, den Dreschflegel in die Hand zu nehmen. Dies erhält ihn frischer und läßt zwischen den Gestalten seiner Nachbarn und der seinigen keinen allzu großen Unterschied aufkommen. Dennoch äußert das Metier auch hier seine Einwirkung, und zumal auf dem jungen Schneider pflegt im Punkte des Muthes und der Körperstärke für die andern Bursche eine levis notae macula zu sitzen. Der Name bezeichnet weder einen Goliath noch einen David, und wenn der Träger desselben dem alten Vorurtheil nicht mit Geduld oder guter Laune begegnen will, so muß er es für seine Person durch Thaten entkräften. Es kommt nun auch wirklich vor, daß zu irgend einem gefährlich scheinenden Unternehmen just ein Schneider sich meldet, der den Verdacht der Feigheit von sich abwälzen will; sein Entschluß erweckt aber bei den Uebrigen stets eine gewisse Verwunderung, und unter Umständen Heiterkeit.

Ein Dorf, das im mittlern Riese gelegen ist, besaß in seinem Hauptschneider — neben ihm existirte noch ein geringerer für die geringeren Leute — eine der ehrenvollsten Ausnahmen, die je das Metier zierten. Balthasar Eber war nicht nur der Starken einer im Orte, sondern geradezu der Stärkste selber, groß, von

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[0009] Möglichkeit wir uns eine nähere Erklärung ausbitten müßten. Auf dem Dorfe erleidet dieses Verhältniß eine naturgemäße Abänderung. Der Schneider ist hier zugleich Besitzer einer kleinen Oekonomie und legt die Nadel vielfach weg, um den Pflug, die Sense, den Dreschflegel in die Hand zu nehmen. Dies erhält ihn frischer und läßt zwischen den Gestalten seiner Nachbarn und der seinigen keinen allzu großen Unterschied aufkommen. Dennoch äußert das Metier auch hier seine Einwirkung, und zumal auf dem jungen Schneider pflegt im Punkte des Muthes und der Körperstärke für die andern Bursche eine levis notae macula zu sitzen. Der Name bezeichnet weder einen Goliath noch einen David, und wenn der Träger desselben dem alten Vorurtheil nicht mit Geduld oder guter Laune begegnen will, so muß er es für seine Person durch Thaten entkräften. Es kommt nun auch wirklich vor, daß zu irgend einem gefährlich scheinenden Unternehmen just ein Schneider sich meldet, der den Verdacht der Feigheit von sich abwälzen will; sein Entschluß erweckt aber bei den Uebrigen stets eine gewisse Verwunderung, und unter Umständen Heiterkeit. Ein Dorf, das im mittlern Riese gelegen ist, besaß in seinem Hauptschneider — neben ihm existirte noch ein geringerer für die geringeren Leute — eine der ehrenvollsten Ausnahmen, die je das Metier zierten. Balthasar Eber war nicht nur der Starken einer im Orte, sondern geradezu der Stärkste selber, groß, von

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/9>, abgerufen am 22.12.2024.