Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.und sich gleichfalls an der geheiligten Person der Volksvertreter Das am 29. März eingesetzte Ministerium Camphausen Die Volkspartei sprach von Errungenschaften, die Krone und ſich gleichfalls an der geheiligten Perſon der Volksvertreter Das am 29. März eingeſetzte Miniſterium Camphauſen Die Volkspartei ſprach von Errungenſchaften, die Krone <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="2"/> und ſich gleichfalls an der geheiligten Perſon der Volksvertreter<lb/> vergreift. Bei uns iſt es wahrlich zu verwundern geweſen, wie<lb/> die kurz nach einer Staatsumwälzung nothwendig entfeſſelte Volks-<lb/> freiheit ſich, dem nordiſchen Charakter gemäß, weniger wild und<lb/> blutig zeigte; und dieſer Umſtand uns doch nicht davor bewahrte,<lb/> daß die Rückſchritts-Partei das Aeußerſte gegen unſere Freiheiten<lb/> wagte. Doch zur Sache.</p><lb/> <p>Das am 29. März eingeſetzte Miniſterium <hi rendition="#g">Camphauſen</hi><lb/> hat ſich das Miniſterium der Vermittelung genannt. Jn der<lb/> That, es hatte die Brücke des Rechtsbodens von dem Vereinigten<lb/> Landtage in die neuen Zuſtände geſchlagen. Es hatte das Ge-<lb/> ſetz vom 6. April über einige Grundlagen der neuen Preußiſchen<lb/> Verfaſſung, es hatte das Wahlgeſetz vom 8. April, welches die<lb/> zur Vereinbarung dieſer Verfaſſung berufene Volksvertretung ins<lb/> Leben rief, durchgeſetzt; es wollte, wie in geregelten Zuſtänden,<lb/> die Verantwortlichkeit verfaſſungsmäßiger Miniſter auf ſich neh-<lb/> men. Was Wunder, wenn es der Volksvertretung gegenüber<lb/> das Daſein einer Staatsumwälzung beſtritt! Warum hatte man<lb/> ſich die erdenklichſte Mühe gegeben, den Vereinigten Landtag noch<lb/> einmal auf die Bühne der Geſchichte erſcheinen zu laſſen, warum<lb/> mußte derſelbe der neuen Volksvertretung alle reichsſtändiſchen<lb/> Rechte übertragen, als damit die Stätigkeit des Uebergangs in<lb/> der Geſetzgebung nicht unterbrochen würde? Nicht einmal das<lb/> Wahlgeſetz ſollte der König aus eigener Machtvollkommenheit er-<lb/> laſſen, wie die Fortſchrittspartei eifrig wünſchte, damit nicht in<lb/> der Folge, ſo ſagte man, Alles, was die daraus hervorgehende<lb/> Verſammlung ſchaffen würde, für null und nichtig erklärt wer-<lb/> den könne, weil derſelben eben die Stätigkeit der Rechtsüber-<lb/> tragung fehle, kein Geſetz ohne Anhörung der Stände erlaſſen<lb/> werden dürfe.</p><lb/> <p>Die Volkspartei ſprach von Errungenſchaften, die Krone<lb/> wollte Alles ſchon vorher verliehen haben. Da durch vollſtän-<lb/> dige Aufrechthaltung des Rechtsbodens das Miniſterium Camp-<lb/> hauſen ſich rühmen durfte, die Vermittelung glücklich herbeige-<lb/> führt zu haben: ſo konnte man ihm den Triumph gönnen, es<lb/> durch die, wenn gleich kleine, Mehrzahl der Volksvertreter am<lb/> 9. Juni ausgeſprochen zu ſehen, daß wir der Vereinbarung „der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0012]
und ſich gleichfalls an der geheiligten Perſon der Volksvertreter
vergreift. Bei uns iſt es wahrlich zu verwundern geweſen, wie
die kurz nach einer Staatsumwälzung nothwendig entfeſſelte Volks-
freiheit ſich, dem nordiſchen Charakter gemäß, weniger wild und
blutig zeigte; und dieſer Umſtand uns doch nicht davor bewahrte,
daß die Rückſchritts-Partei das Aeußerſte gegen unſere Freiheiten
wagte. Doch zur Sache.
Das am 29. März eingeſetzte Miniſterium Camphauſen
hat ſich das Miniſterium der Vermittelung genannt. Jn der
That, es hatte die Brücke des Rechtsbodens von dem Vereinigten
Landtage in die neuen Zuſtände geſchlagen. Es hatte das Ge-
ſetz vom 6. April über einige Grundlagen der neuen Preußiſchen
Verfaſſung, es hatte das Wahlgeſetz vom 8. April, welches die
zur Vereinbarung dieſer Verfaſſung berufene Volksvertretung ins
Leben rief, durchgeſetzt; es wollte, wie in geregelten Zuſtänden,
die Verantwortlichkeit verfaſſungsmäßiger Miniſter auf ſich neh-
men. Was Wunder, wenn es der Volksvertretung gegenüber
das Daſein einer Staatsumwälzung beſtritt! Warum hatte man
ſich die erdenklichſte Mühe gegeben, den Vereinigten Landtag noch
einmal auf die Bühne der Geſchichte erſcheinen zu laſſen, warum
mußte derſelbe der neuen Volksvertretung alle reichsſtändiſchen
Rechte übertragen, als damit die Stätigkeit des Uebergangs in
der Geſetzgebung nicht unterbrochen würde? Nicht einmal das
Wahlgeſetz ſollte der König aus eigener Machtvollkommenheit er-
laſſen, wie die Fortſchrittspartei eifrig wünſchte, damit nicht in
der Folge, ſo ſagte man, Alles, was die daraus hervorgehende
Verſammlung ſchaffen würde, für null und nichtig erklärt wer-
den könne, weil derſelben eben die Stätigkeit der Rechtsüber-
tragung fehle, kein Geſetz ohne Anhörung der Stände erlaſſen
werden dürfe.
Die Volkspartei ſprach von Errungenſchaften, die Krone
wollte Alles ſchon vorher verliehen haben. Da durch vollſtän-
dige Aufrechthaltung des Rechtsbodens das Miniſterium Camp-
hauſen ſich rühmen durfte, die Vermittelung glücklich herbeige-
führt zu haben: ſo konnte man ihm den Triumph gönnen, es
durch die, wenn gleich kleine, Mehrzahl der Volksvertreter am
9. Juni ausgeſprochen zu ſehen, daß wir der Vereinbarung „der
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