Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.des Minister-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch Die Versammlung entschied zunächst zwei, später sogar drei des Miniſter-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch Die Verſammlung entſchied zunächſt zwei, ſpäter ſogar drei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="11"/> des Miniſter-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch<lb/> ſeine verantwortliche Gegenzeichnung die Krone gegen den Ueber-<lb/> griff der Verſammlung, den ſie durch Einmiſchung in Verwal-<lb/> tungsmaßregeln begangen habe, Verwahrung einlegen. Das Mi-<lb/> niſterium <hi rendition="#g">Beckerath</hi> kam nicht zu Stande, weil ſein Glaubens-<lb/> bekenntniß, welches den friedlichen Uebergang der alten Zuſtände<lb/> in die neuen herbeiführen wollte, verworfen wurde. Von dieſem<lb/> Augenblik traten die Abſichten der Rückſchrittspartei immer deut-<lb/> licher hervor. Der General Wrangel wurde am 15. zum Ober-<lb/> befehlshaber in den Marken ernannt, als wenn das Erbland ein<lb/> feindliches Gebiet ſei. Die Generale Wrangel und Branden-<lb/> burg erließen ſehr bedeutſame Aufrufe, worin ſie mit Umgehung<lb/> der Bürgerwehr ein bewaffnetes Einſchreiten in Ausſicht ſtellten;<lb/> der gewaltſame Umſturz der beſtehenden Volksrechte ſchien unzwei-<lb/> felhaft. Mit der Ernennung des Miniſteriums <hi rendition="#g">Pfuel,</hi> welches<lb/> man das Miniſterium des bewaffneten Widerſtandes genannt hat,<lb/> war es am 21. September Jedermann klar, daß wir am Vor-<lb/> abend einer neuen Staatsumwälzung ſtanden, als plötzlich ſein<lb/> Glaubensbekenntniß, womit es vor die Verſammlung trat, das<lb/> Ungewitter zertheilte. Es wollte verfaſſungsmäßig bleiben, den in<lb/> Bezug auf die Verwaltung von den Volksvertretern „geäußerten<lb/> Wünſchen <hi rendition="#g">ſchuldige</hi> Rechnung tragen,‟ und verlangte nur Be-<lb/> ſchleunigung der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde, ſo wie der Ge-<lb/> meinde-Ordnung; auch verſprach es die Vorlage der Kreis- und<lb/> Bezirks-Ordnung zu machen, ſo wie gegen rückſchreitende<lb/> Kriegs- und bürgerliche Beamte einzuſchreiten. Ja, es erließ an<lb/> das Heer einen Befehl, worin die Mehrheit der Verſammlung<lb/> den Stein’ſchen Antrag für erledigt anſehen konnte, und wies<lb/> die Verantwortlichkeit für die Erlaſſe jener beiden Generale<lb/> von ſich.</p><lb/> <p>Die Verſammlung entſchied zunächſt zwei, ſpäter ſogar drei<lb/> Sitzungen wöchentlich der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde<lb/> zu widmen. Miniſterium und Kammer traten in ein freundliches<lb/> Verhältniß. Es war der Hofpartei gelungen, den Freiſinn der<lb/> bürgerlichen Oppoſition des Vereinigten Landtags aus dem Mi-<lb/> niſterium zu drängen; die alte Beamten- und Adelsherrſchaft, von<lb/> einem Soldaten geführt, hatte wieder das Miniſterium inne. Aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0021]
des Miniſter-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch
ſeine verantwortliche Gegenzeichnung die Krone gegen den Ueber-
griff der Verſammlung, den ſie durch Einmiſchung in Verwal-
tungsmaßregeln begangen habe, Verwahrung einlegen. Das Mi-
niſterium Beckerath kam nicht zu Stande, weil ſein Glaubens-
bekenntniß, welches den friedlichen Uebergang der alten Zuſtände
in die neuen herbeiführen wollte, verworfen wurde. Von dieſem
Augenblik traten die Abſichten der Rückſchrittspartei immer deut-
licher hervor. Der General Wrangel wurde am 15. zum Ober-
befehlshaber in den Marken ernannt, als wenn das Erbland ein
feindliches Gebiet ſei. Die Generale Wrangel und Branden-
burg erließen ſehr bedeutſame Aufrufe, worin ſie mit Umgehung
der Bürgerwehr ein bewaffnetes Einſchreiten in Ausſicht ſtellten;
der gewaltſame Umſturz der beſtehenden Volksrechte ſchien unzwei-
felhaft. Mit der Ernennung des Miniſteriums Pfuel, welches
man das Miniſterium des bewaffneten Widerſtandes genannt hat,
war es am 21. September Jedermann klar, daß wir am Vor-
abend einer neuen Staatsumwälzung ſtanden, als plötzlich ſein
Glaubensbekenntniß, womit es vor die Verſammlung trat, das
Ungewitter zertheilte. Es wollte verfaſſungsmäßig bleiben, den in
Bezug auf die Verwaltung von den Volksvertretern „geäußerten
Wünſchen ſchuldige Rechnung tragen,‟ und verlangte nur Be-
ſchleunigung der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde, ſo wie der Ge-
meinde-Ordnung; auch verſprach es die Vorlage der Kreis- und
Bezirks-Ordnung zu machen, ſo wie gegen rückſchreitende
Kriegs- und bürgerliche Beamte einzuſchreiten. Ja, es erließ an
das Heer einen Befehl, worin die Mehrheit der Verſammlung
den Stein’ſchen Antrag für erledigt anſehen konnte, und wies
die Verantwortlichkeit für die Erlaſſe jener beiden Generale
von ſich.
Die Verſammlung entſchied zunächſt zwei, ſpäter ſogar drei
Sitzungen wöchentlich der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde
zu widmen. Miniſterium und Kammer traten in ein freundliches
Verhältniß. Es war der Hofpartei gelungen, den Freiſinn der
bürgerlichen Oppoſition des Vereinigten Landtags aus dem Mi-
niſterium zu drängen; die alte Beamten- und Adelsherrſchaft, von
einem Soldaten geführt, hatte wieder das Miniſterium inne. Aber
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