Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.Gestaltung der Welt ihren Stoff erhalten. "Alle wirklichen Mächte Auf diese Weise werden wir uns von zwei äußersten Rich- Geſtaltung der Welt ihren Stoff erhalten. „Alle wirklichen Mächte Auf dieſe Weiſe werden wir uns von zwei äußerſten Rich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="41"/> Geſtaltung der Welt ihren Stoff erhalten. „Alle wirklichen Mächte<lb/> der Geſellſchaft können ſich des neuen Grundſatzes bedienen, als<lb/> eines Mittels der Erhaltung und Entwickelung. Umgekehrt kann<lb/> und ſoll die neue Vereinigung ſich aller beſtehenden Mächte, als<lb/> eines Mittels ihrer Wirkſamkeit bedienen. — Die geſellſchaftliche<lb/> Bewegung muß in materieller Hinſicht die höheren Stände ſichern,<lb/> und die niederen befriedigen.‟</p><lb/> <p>Auf dieſe Weiſe werden wir uns von zwei äußerſten Rich-<lb/> tungen entfernt zu halten haben: der Einen, welche das Beſtehende<lb/> in der ganzen Breite ſeiner dermaligen Formen erhalten wiſſen<lb/> will; der anderen, welche mit dem vollkommenen Umſturz des Alten<lb/> eine neue Welt zu gründen ſucht. Das bisherige Zuſammen-<lb/> leben der Menſchen zur gegenſeitigen Befriedigung ihrer Bedürf-<lb/> niſſe war dem blinden Ungefähr überlaſſen. Das Einzelleben war<lb/> darin ſo maßgebend, daß Jeder nur auf ſich angewieſen war,<lb/> wenn es ſich darum handelte, ſeinen Lebensunterhalt zu erwerben.<lb/> Die Staatswirthſchafts-Lehre war die Wiſſenſchaft, welche den<lb/> inneren Zuſammenhang dieſer Thatſachen aufſuchte und ſie unter<lb/> Geſetze bringen wollte. Aber weil ſie von der Erfahrung aus-<lb/> ging und deren Thatſachen ſich ſtets widerſprechen, ſo kam man<lb/> zu dem Satze, daß es in der Staatswirthſchaft keinen unwan-<lb/> kenden Grundſatz gebe. Jn der That werden wir ſie, eben wegen<lb/> des Feſthaltens eines ſo einſeitigen Standpunkts als das Einzel-<lb/> leben iſt, ſich in die ſchroffſten Widerſprüche verwickeln ſehen. Zu<lb/> den älteſten Gründern dieſer Wiſſenſchaft, Adam Smith, Say,<lb/> Ricardo, geſellt ſich eine reiche Schule neuerer Schriftſteller, wie<lb/> Baſtiat, Leon Faucher, Roſſi, Dunoyer und Andere. Den geraden<lb/> Gegenſatz hierzu bilden die Gemeinſchafts- und Vereins-Lehrer,<lb/> welche alle Thätigkeit aus dem Einzelleben heraus in den Ge-<lb/> ſammtmenſchen, den Staat ſetzen, der in jeder geſellſchaftlichen Thä-<lb/> tigkeit an die Stelle des Einzelnen treten ſoll. Abſehend von der<lb/> Erfahrung, von dem lebendigen Quell der Wirklichkeit, wie er<lb/> im freien Menſchen aufbricht, lebt dieſe Richtung in einem Jdeale,<lb/> wodurch eben das kräftige Selbſtbewußtſein der Menſchen am mei-<lb/> ſten verletzt wurde. Es gehören hierher die Gemeinſchaftslehrer<lb/> Babeuf, St. Simon, Cabet, Louis Blanc, und unter den Ver-<lb/> einslehrern führe ich ſtatt aller andern Fourier an. Wir werden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0051]
Geſtaltung der Welt ihren Stoff erhalten. „Alle wirklichen Mächte
der Geſellſchaft können ſich des neuen Grundſatzes bedienen, als
eines Mittels der Erhaltung und Entwickelung. Umgekehrt kann
und ſoll die neue Vereinigung ſich aller beſtehenden Mächte, als
eines Mittels ihrer Wirkſamkeit bedienen. — Die geſellſchaftliche
Bewegung muß in materieller Hinſicht die höheren Stände ſichern,
und die niederen befriedigen.‟
Auf dieſe Weiſe werden wir uns von zwei äußerſten Rich-
tungen entfernt zu halten haben: der Einen, welche das Beſtehende
in der ganzen Breite ſeiner dermaligen Formen erhalten wiſſen
will; der anderen, welche mit dem vollkommenen Umſturz des Alten
eine neue Welt zu gründen ſucht. Das bisherige Zuſammen-
leben der Menſchen zur gegenſeitigen Befriedigung ihrer Bedürf-
niſſe war dem blinden Ungefähr überlaſſen. Das Einzelleben war
darin ſo maßgebend, daß Jeder nur auf ſich angewieſen war,
wenn es ſich darum handelte, ſeinen Lebensunterhalt zu erwerben.
Die Staatswirthſchafts-Lehre war die Wiſſenſchaft, welche den
inneren Zuſammenhang dieſer Thatſachen aufſuchte und ſie unter
Geſetze bringen wollte. Aber weil ſie von der Erfahrung aus-
ging und deren Thatſachen ſich ſtets widerſprechen, ſo kam man
zu dem Satze, daß es in der Staatswirthſchaft keinen unwan-
kenden Grundſatz gebe. Jn der That werden wir ſie, eben wegen
des Feſthaltens eines ſo einſeitigen Standpunkts als das Einzel-
leben iſt, ſich in die ſchroffſten Widerſprüche verwickeln ſehen. Zu
den älteſten Gründern dieſer Wiſſenſchaft, Adam Smith, Say,
Ricardo, geſellt ſich eine reiche Schule neuerer Schriftſteller, wie
Baſtiat, Leon Faucher, Roſſi, Dunoyer und Andere. Den geraden
Gegenſatz hierzu bilden die Gemeinſchafts- und Vereins-Lehrer,
welche alle Thätigkeit aus dem Einzelleben heraus in den Ge-
ſammtmenſchen, den Staat ſetzen, der in jeder geſellſchaftlichen Thä-
tigkeit an die Stelle des Einzelnen treten ſoll. Abſehend von der
Erfahrung, von dem lebendigen Quell der Wirklichkeit, wie er
im freien Menſchen aufbricht, lebt dieſe Richtung in einem Jdeale,
wodurch eben das kräftige Selbſtbewußtſein der Menſchen am mei-
ſten verletzt wurde. Es gehören hierher die Gemeinſchaftslehrer
Babeuf, St. Simon, Cabet, Louis Blanc, und unter den Ver-
einslehrern führe ich ſtatt aller andern Fourier an. Wir werden
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