Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Geheimeräthe -- Orden -- Haupt- und Rebensachen. -- Aber, wo sollen denn nur diese armen Weiber das -- Wenn sie nur erst einmal überzeugt sind, daß bei Nächst den einheimischen könnten gastirende Aerzte viel Auch wenn es sich weniger um eine förmliche Cur als V. Geheimeräthe — Orden — Haupt- und Rebenſachen. — Aber, wo ſollen denn nur dieſe armen Weiber das — Wenn ſie nur erſt einmal überzeugt ſind, daß bei Nächſt den einheimiſchen könnten gaſtirende Aerzte viel Auch wenn es ſich weniger um eine förmliche Cur als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0139" n="125"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Geheimeräthe — Orden — Haupt- und Rebenſachen.</fw><lb/> <p>— Aber, wo ſollen denn nur dieſe armen Weiber das<lb/> Geld hernehmen zu Matratzen und ſonſtigem Comfort?</p><lb/> <p>— Wenn ſie nur erſt einmal überzeugt ſind, daß bei<lb/> verhältnißmäßig geringer Geldanlage mit Sicherheit viel zu<lb/> erwerben iſt, ſo werden ſie dafür ſchon Rath ſchaffen. Und<lb/> übrigens ſind bei der allgemeinen Werthſteigerung von Grund<lb/> und Boden und der verhältnißmäßigen Wohlfeilheit von Er-<lb/> zeugniſſen der Induſtrie, ſelbſt die kleinſten Grundbeſitzer<lb/> nicht mehr ſo gar hilflos, zeigt ſich das doch auch an ihren<lb/> baulichen Veränderungen und Vergrößerungen.</p><lb/> <p>Nächſt den einheimiſchen könnten gaſtirende Aerzte viel<lb/> durchſetzen, beſonders wenn ſie betitelt und decorirt ſind,<lb/> werden ſie auf Vorſtände beſtrickend und beſtimmend wirken.<lb/> Geheime Räthe richten bei Behörden immer mehr aus, als<lb/> öffentliche, in Zeitungen oder Büchern gegebene Räthe, und<lb/> unter die günſtigſten Sterne, die ſolchen Zwiegeſprächen<lb/> leuchten können, gehören die des rothen Adlerordens und der<lb/> verſchiedenen Hausorden. Dieſer Artikel hätte eigentlich im<lb/> Vademecum (S. 19) verzeichnet ſein ſollen, da mir aber kein<lb/> Fall bekannt geworden iſt, daß auf einer Badereiſe ein Orden<lb/> von ſeinem Beſitzer vergeſſen worden wäre, ſo glaubte ich,<lb/> die Erinnerung unterlaſſen zu dürfen; dazu weiß man ja,<lb/> daß „nur für die Reiſe“ Manche einen Orden erſtreben.</p><lb/> <p>Auch wenn es ſich weniger um eine förmliche Cur als<lb/> Wahl eines „ſtärkenden Sommeraufenthalts“ handelt, wird<lb/> oft mit derſelben Sorgloſigkeit verfahren, mit welcher junge<lb/> Leute einen Beruf oder eine Lebensgefährtin wählen. Der<lb/> Eine z. B. ſucht ein verſtecktes Gebirgswinkelchen auf, wo er-<lb/> fahrungsmäßig faſt nie genießbares Fleiſch auf den Tiſch<lb/> kommt, nur weil das Gerücht geht, daß unter ſeinen Gäſten<lb/> noch nie ein „Berliner“ geweſen ſei; ein Anderer bringt die<lb/> heißen Sommermonate am <placeName>Genferſee</placeName> zu, weil er ein viel-<lb/> gerühmtes Paradies für die Augen iſt. Der Weiſe prüft und<lb/> claſſificirt bedächtig das Nothwendige, Nützliche, Wünſchens-<lb/> werthe, Entbehrliche, Ueberflüſſige, Zweckwidrige, zählt unter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0139]
V. Geheimeräthe — Orden — Haupt- und Rebenſachen.
— Aber, wo ſollen denn nur dieſe armen Weiber das
Geld hernehmen zu Matratzen und ſonſtigem Comfort?
— Wenn ſie nur erſt einmal überzeugt ſind, daß bei
verhältnißmäßig geringer Geldanlage mit Sicherheit viel zu
erwerben iſt, ſo werden ſie dafür ſchon Rath ſchaffen. Und
übrigens ſind bei der allgemeinen Werthſteigerung von Grund
und Boden und der verhältnißmäßigen Wohlfeilheit von Er-
zeugniſſen der Induſtrie, ſelbſt die kleinſten Grundbeſitzer
nicht mehr ſo gar hilflos, zeigt ſich das doch auch an ihren
baulichen Veränderungen und Vergrößerungen.
Nächſt den einheimiſchen könnten gaſtirende Aerzte viel
durchſetzen, beſonders wenn ſie betitelt und decorirt ſind,
werden ſie auf Vorſtände beſtrickend und beſtimmend wirken.
Geheime Räthe richten bei Behörden immer mehr aus, als
öffentliche, in Zeitungen oder Büchern gegebene Räthe, und
unter die günſtigſten Sterne, die ſolchen Zwiegeſprächen
leuchten können, gehören die des rothen Adlerordens und der
verſchiedenen Hausorden. Dieſer Artikel hätte eigentlich im
Vademecum (S. 19) verzeichnet ſein ſollen, da mir aber kein
Fall bekannt geworden iſt, daß auf einer Badereiſe ein Orden
von ſeinem Beſitzer vergeſſen worden wäre, ſo glaubte ich,
die Erinnerung unterlaſſen zu dürfen; dazu weiß man ja,
daß „nur für die Reiſe“ Manche einen Orden erſtreben.
Auch wenn es ſich weniger um eine förmliche Cur als
Wahl eines „ſtärkenden Sommeraufenthalts“ handelt, wird
oft mit derſelben Sorgloſigkeit verfahren, mit welcher junge
Leute einen Beruf oder eine Lebensgefährtin wählen. Der
Eine z. B. ſucht ein verſtecktes Gebirgswinkelchen auf, wo er-
fahrungsmäßig faſt nie genießbares Fleiſch auf den Tiſch
kommt, nur weil das Gerücht geht, daß unter ſeinen Gäſten
noch nie ein „Berliner“ geweſen ſei; ein Anderer bringt die
heißen Sommermonate am Genferſee zu, weil er ein viel-
gerühmtes Paradies für die Augen iſt. Der Weiſe prüft und
claſſificirt bedächtig das Nothwendige, Nützliche, Wünſchens-
werthe, Entbehrliche, Ueberflüſſige, Zweckwidrige, zählt unter
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