Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Schutz der Arbeit u. Bürgschaften der Freiheit -- Sonnenschirm. überlassen. Ein selbstauferlegtes Gesetz kommt vielfach zustatten, indem es entweder an die Stelle des gewohnten, nun schmerzlich entbehrten Berufs tritt, oder Solche, die ohne ge- regelte Thätigkeit sich zu behelfen vermochten, unter einen, in den neuen schwierigeren Verhältnissen nützlichen Zwang bringt. Nachdem im Vorhergehenden alle leidensgenössischen Leser In Südeuropa ist der winterliche Sonnenschein oft eben V. Schutz der Arbeit u. Bürgſchaften der Freiheit — Sonnenſchirm. überlaſſen. Ein ſelbſtauferlegtes Geſetz kommt vielfach zuſtatten, indem es entweder an die Stelle des gewohnten, nun ſchmerzlich entbehrten Berufs tritt, oder Solche, die ohne ge- regelte Thätigkeit ſich zu behelfen vermochten, unter einen, in den neuen ſchwierigeren Verhältniſſen nützlichen Zwang bringt. Nachdem im Vorhergehenden alle leidensgenöſſiſchen Leſer In Südeuropa iſt der winterliche Sonnenſchein oft eben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="162"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Schutz der Arbeit u. Bürgſchaften der Freiheit — Sonnenſchirm.</fw><lb/> überlaſſen. Ein ſelbſtauferlegtes Geſetz kommt vielfach zu<lb/> ſtatten, indem es entweder an die Stelle des gewohnten, nun<lb/> ſchmerzlich entbehrten Berufs tritt, oder Solche, die ohne ge-<lb/> regelte Thätigkeit ſich zu behelfen vermochten, unter einen, in<lb/> den neuen ſchwierigeren Verhältniſſen nützlichen Zwang<lb/> bringt.</p><lb/> <p>Nachdem im Vorhergehenden alle leidensgenöſſiſchen Leſer<lb/> zu dauerndem Aufenthalt im Freien und Entwickelung einer<lb/> angemeſſenen Thätigkeit daſelbſt ermahnt wurden, halte ich<lb/> es für Pflicht, ihnen nun auch die Ausführung dieſes Raths<lb/> einigermaßen zu erleichtern. Da iſt es denn zuerſt nöthig, ein<lb/> Vorurtheil abzulegen, welches wir Alle mit der Muttermilch<lb/> eingeſogen: daß ein <hi rendition="#g">Sonnenſchirm</hi> ſich für uns Männer<lb/> ſo wenig ſchicke, wie ein Regenſchirm für Soldaten oder<lb/> Jäger. Die Landſchaftsmaler machten ſich längſt davon los,<lb/> von continentalen Curgäſten aber bis jetzt nur wenige. Sie<lb/> haben über den Nutzen des Sonnenſchirms nicht nachgedacht<lb/> und finden es beſchwerlich, ihn ſtundenlang über ſich in der<lb/> Hand zu halten, ſonſt würde er wenigſtens in klimatiſchen<lb/> Wintercurorten auch beim männlichen Geſchlecht wohl bereits<lb/> eingebürgert ſein und nicht mehr für ein Stück Verweich-<lb/> lichung, Ueberraffinement, „engliſche Schrulle“ gelten. Es<lb/> handelt ſich nämlich nicht um Erhaltung einer zarten Haut-<lb/> farbe oder um Anlaß zur vortheilhaften Darſtellung einer<lb/> kleinen weißen Hand oder eines ziegelrothen Handſchuhs,<lb/> ſondern in erſter Reihe um die Vermeidung der Gelegenheit<lb/> zur Erkältung, alſo für Bruſtkranke nicht um Kleinigkeiten. —<lb/> Ein Sonnenſchirm? — Ja wohl, ein Sonnenſchirm. Und<lb/> außerdem handelt es ſich um Schutz der Augen, welche doch<lb/> auch nicht unter die Luxusgegenſtände zählen. Die Sache iſt<lb/> einfach die.</p><lb/> <p>In <placeName>Südeuropa</placeName> iſt der winterliche Sonnenſchein oft eben<lb/> ſo drückend, wie der gleichzeitige Schatten froſtig. Natürlich<lb/> wird dadurch der Patient, welcher ſich in ſeiner luftgeſchützten<lb/> Promenadenniſche ſchon ein paar Stunden pflichtmäßig hat<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0176]
V. Schutz der Arbeit u. Bürgſchaften der Freiheit — Sonnenſchirm.
überlaſſen. Ein ſelbſtauferlegtes Geſetz kommt vielfach zu
ſtatten, indem es entweder an die Stelle des gewohnten, nun
ſchmerzlich entbehrten Berufs tritt, oder Solche, die ohne ge-
regelte Thätigkeit ſich zu behelfen vermochten, unter einen, in
den neuen ſchwierigeren Verhältniſſen nützlichen Zwang
bringt.
Nachdem im Vorhergehenden alle leidensgenöſſiſchen Leſer
zu dauerndem Aufenthalt im Freien und Entwickelung einer
angemeſſenen Thätigkeit daſelbſt ermahnt wurden, halte ich
es für Pflicht, ihnen nun auch die Ausführung dieſes Raths
einigermaßen zu erleichtern. Da iſt es denn zuerſt nöthig, ein
Vorurtheil abzulegen, welches wir Alle mit der Muttermilch
eingeſogen: daß ein Sonnenſchirm ſich für uns Männer
ſo wenig ſchicke, wie ein Regenſchirm für Soldaten oder
Jäger. Die Landſchaftsmaler machten ſich längſt davon los,
von continentalen Curgäſten aber bis jetzt nur wenige. Sie
haben über den Nutzen des Sonnenſchirms nicht nachgedacht
und finden es beſchwerlich, ihn ſtundenlang über ſich in der
Hand zu halten, ſonſt würde er wenigſtens in klimatiſchen
Wintercurorten auch beim männlichen Geſchlecht wohl bereits
eingebürgert ſein und nicht mehr für ein Stück Verweich-
lichung, Ueberraffinement, „engliſche Schrulle“ gelten. Es
handelt ſich nämlich nicht um Erhaltung einer zarten Haut-
farbe oder um Anlaß zur vortheilhaften Darſtellung einer
kleinen weißen Hand oder eines ziegelrothen Handſchuhs,
ſondern in erſter Reihe um die Vermeidung der Gelegenheit
zur Erkältung, alſo für Bruſtkranke nicht um Kleinigkeiten. —
Ein Sonnenſchirm? — Ja wohl, ein Sonnenſchirm. Und
außerdem handelt es ſich um Schutz der Augen, welche doch
auch nicht unter die Luxusgegenſtände zählen. Die Sache iſt
einfach die.
In Südeuropa iſt der winterliche Sonnenſchein oft eben
ſo drückend, wie der gleichzeitige Schatten froſtig. Natürlich
wird dadurch der Patient, welcher ſich in ſeiner luftgeſchützten
Promenadenniſche ſchon ein paar Stunden pflichtmäßig hat
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