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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VI. Weitere Bitten an Wirthe.
für Ruhe bei Tag und Nacht sorgen zu wollen.
Unterbrechen Sie mich nicht, bitte, ich weiß, daß Sie nicht
hindern können, daß andere Gäste ungebührlichen Lärm
machen, wohl aber können Sie hindern, daß Vieles davon
uns dermaßen zu Ohren kommt, wie es der Fall ist. Sie
vergessen, daß wir Ihre Häuser aufsuchen, um zu ruhen,
denn essen und trinken könnten wir auch anderswo, ferner,
daß gerade unter uns nichtgeschäftlichen Reisenden so viele
sind, deren Schlaf leicht gestört ist. Einigen von Ihnen ist
es gelungen, dicht am Bahnhof ein Grundstück zu erwerben,
ein palastartiges Hotel darauf zu erbauen und mit allem
denkbaren Glanz auszustatten. Wäre es nicht besser, diesem
Glanz etwas abzubrechen und für die ersparte Summe ge-
wisse nothwendige Einrichtungen zu treffen? So bequem
und erwünscht bei Ankunft und Abreise die Nähe des Bahn-
hofs Vielen sein mag, so wenig ist sie es, während wir
schlafen möchten, denn der Ton, den wüthende Elephanten
in der Brunstzeit ausstoßen, ist sanft und lieblich gegen die
gellenden, langgehaltenen, markerschütternden Locomotiven-
pfiffe. Könnten denn nicht dieserhalb und um den Straßen-
lärm abzuhalten vor den Fenstern Rouleaux von Stroh (oder
dickem Wollenzeug) angebracht sein, die Abends herab-
gelassen werden? Besser als Jalousien und Markisen dienen
auch solche Strohrouleaux, die Sonnenglut abzuhalten.
Wiesen Sie Ihre Leute an, sobald der Bewohner eines süd-
lichen oder westlichen Zimmers an heißen Tagen ausgegangen,
jene herabzulassen, und er fände bei Rückkunft eine kühle
Stube, so dürften Sie seiner wärmsten Anerkennung ver-
sichert sein. Die Pflege der Zimmer im Sommer kennt und
übt man in deutschen Wirths- und Privathäusern noch ebenso
wenig, wie in Süd- und Mitteldeutschland richtige Heizung
im Winter. -- So würden ferner, anstatt der farbenstrahlenden
Teppiche vor den Sofas, einfachere, jedoch über den ganzen
Stubenboden sich ausbreitende, den Schall der Tritte
dämpfende Decken sehr wohl an ihrer Stelle sein, desgleichen

VI. Weitere Bitten an Wirthe.
für Ruhe bei Tag und Nacht ſorgen zu wollen.
Unterbrechen Sie mich nicht, bitte, ich weiß, daß Sie nicht
hindern können, daß andere Gäſte ungebührlichen Lärm
machen, wohl aber können Sie hindern, daß Vieles davon
uns dermaßen zu Ohren kommt, wie es der Fall iſt. Sie
vergeſſen, daß wir Ihre Häuſer aufſuchen, um zu ruhen,
denn eſſen und trinken könnten wir auch anderswo, ferner,
daß gerade unter uns nichtgeſchäftlichen Reiſenden ſo viele
ſind, deren Schlaf leicht geſtört iſt. Einigen von Ihnen iſt
es gelungen, dicht am Bahnhof ein Grundſtück zu erwerben,
ein palaſtartiges Hôtel darauf zu erbauen und mit allem
denkbaren Glanz auszuſtatten. Wäre es nicht beſſer, dieſem
Glanz etwas abzubrechen und für die erſparte Summe ge-
wiſſe nothwendige Einrichtungen zu treffen? So bequem
und erwünſcht bei Ankunft und Abreiſe die Nähe des Bahn-
hofs Vielen ſein mag, ſo wenig iſt ſie es, während wir
ſchlafen möchten, denn der Ton, den wüthende Elephanten
in der Brunſtzeit ausſtoßen, iſt ſanft und lieblich gegen die
gellenden, langgehaltenen, markerſchütternden Locomotiven-
pfiffe. Könnten denn nicht dieſerhalb und um den Straßen-
lärm abzuhalten vor den Fenſtern Rouleaux von Stroh (oder
dickem Wollenzeug) angebracht ſein, die Abends herab-
gelaſſen werden? Beſſer als Jalouſien und Markiſen dienen
auch ſolche Strohrouleaux, die Sonnenglut abzuhalten.
Wieſen Sie Ihre Leute an, ſobald der Bewohner eines ſüd-
lichen oder weſtlichen Zimmers an heißen Tagen ausgegangen,
jene herabzulaſſen, und er fände bei Rückkunft eine kühle
Stube, ſo dürften Sie ſeiner wärmſten Anerkennung ver-
ſichert ſein. Die Pflege der Zimmer im Sommer kennt und
übt man in deutſchen Wirths- und Privathäuſern noch ebenſo
wenig, wie in Süd- und Mitteldeutſchland richtige Heizung
im Winter. — So würden ferner, anſtatt der farbenſtrahlenden
Teppiche vor den Sofas, einfachere, jedoch über den ganzen
Stubenboden ſich ausbreitende, den Schall der Tritte
dämpfende Decken ſehr wohl an ihrer Stelle ſein, desgleichen

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[185/0199] VI. Weitere Bitten an Wirthe. für Ruhe bei Tag und Nacht ſorgen zu wollen. Unterbrechen Sie mich nicht, bitte, ich weiß, daß Sie nicht hindern können, daß andere Gäſte ungebührlichen Lärm machen, wohl aber können Sie hindern, daß Vieles davon uns dermaßen zu Ohren kommt, wie es der Fall iſt. Sie vergeſſen, daß wir Ihre Häuſer aufſuchen, um zu ruhen, denn eſſen und trinken könnten wir auch anderswo, ferner, daß gerade unter uns nichtgeſchäftlichen Reiſenden ſo viele ſind, deren Schlaf leicht geſtört iſt. Einigen von Ihnen iſt es gelungen, dicht am Bahnhof ein Grundſtück zu erwerben, ein palaſtartiges Hôtel darauf zu erbauen und mit allem denkbaren Glanz auszuſtatten. Wäre es nicht beſſer, dieſem Glanz etwas abzubrechen und für die erſparte Summe ge- wiſſe nothwendige Einrichtungen zu treffen? So bequem und erwünſcht bei Ankunft und Abreiſe die Nähe des Bahn- hofs Vielen ſein mag, ſo wenig iſt ſie es, während wir ſchlafen möchten, denn der Ton, den wüthende Elephanten in der Brunſtzeit ausſtoßen, iſt ſanft und lieblich gegen die gellenden, langgehaltenen, markerſchütternden Locomotiven- pfiffe. Könnten denn nicht dieſerhalb und um den Straßen- lärm abzuhalten vor den Fenſtern Rouleaux von Stroh (oder dickem Wollenzeug) angebracht ſein, die Abends herab- gelaſſen werden? Beſſer als Jalouſien und Markiſen dienen auch ſolche Strohrouleaux, die Sonnenglut abzuhalten. Wieſen Sie Ihre Leute an, ſobald der Bewohner eines ſüd- lichen oder weſtlichen Zimmers an heißen Tagen ausgegangen, jene herabzulaſſen, und er fände bei Rückkunft eine kühle Stube, ſo dürften Sie ſeiner wärmſten Anerkennung ver- ſichert ſein. Die Pflege der Zimmer im Sommer kennt und übt man in deutſchen Wirths- und Privathäuſern noch ebenſo wenig, wie in Süd- und Mitteldeutſchland richtige Heizung im Winter. — So würden ferner, anſtatt der farbenſtrahlenden Teppiche vor den Sofas, einfachere, jedoch über den ganzen Stubenboden ſich ausbreitende, den Schall der Tritte dämpfende Decken ſehr wohl an ihrer Stelle ſein, desgleichen

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/199>, abgerufen am 24.11.2024.