Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VI. Wohlfeilste schweizer Reise. anheim, in unserm Buche den Vorschlag zu wiederholen;vielleicht finden sich unternehmende Jünglinge, welche gleich- falls zu dem Versuche Lust haben. Mein Vorschlag fußt auf der bekannten Thatsache, daß -- Wohlan denn, junger Herr, so ermahne ich Sie zu- VI. Wohlfeilſte ſchweizer Reiſe. anheim, in unſerm Buche den Vorſchlag zu wiederholen;vielleicht finden ſich unternehmende Jünglinge, welche gleich- falls zu dem Verſuche Luſt haben. Mein Vorſchlag fußt auf der bekannten Thatſache, daß — Wohlan denn, junger Herr, ſo ermahne ich Sie zu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="194"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VI.</hi> Wohlfeilſte ſchweizer Reiſe.</fw><lb/> anheim, in unſerm Buche den Vorſchlag zu wiederholen;<lb/> vielleicht finden ſich unternehmende Jünglinge, welche gleich-<lb/> falls zu dem Verſuche Luſt haben.</p><lb/> <p>Mein Vorſchlag fußt auf der bekannten Thatſache, daß<lb/> gerade in der „theuren“ <placeName>Schweiz</placeName> für den geringen Preis von<lb/> etwa fünf Franken täglich (vgl. S. 141) ein Zimmer mit gutem<lb/> Bett, Frühſtück und zwei anſtändige Malzeiten zu finden ſind,<lb/> und zwar unter Umſtänden ſchon auf „einige Tage“, während<lb/> der Touriſt, der in hergebrachter Weiſe verfährt, in denſelben<lb/> Häuſern ſehr viel mehr verzehrt, blos weil es dort weder üblich<lb/> noch räthlich iſt, vorher, wie in <placeName>Italien</placeName>, zu accordiren. Ein<lb/> paar Andeutungen hatte ich noch gegeben, als einer der An-<lb/> geredeten, wie wenn ich ihn gekränkt hätte, herausfuhr: das<lb/> könne doch nur Scherz ſein, denn zum „Penſionskrüppel“ würde<lb/> ich ſie ſo jung hoffentlich nicht machen wollen, und ſollte er<lb/> täglich zu beſtimmten Stunden am beſtimmten Orte erſcheinen<lb/> müſſen, ſo könne nicht von Ausflügen, höchſtens von Spazier-<lb/> gängen die Rede ſein. Er würde ſich dann vorkommen, wie<lb/> ein Schaf, das, an einen Pflock gebunden, umhergraſt und<lb/> bei jedem Schritte den Strick am Halſe fühlt. Soll ich nach<lb/> der freien <placeName>Schweiz</placeName> gehen, rief er, um die daheim endlich<lb/> geſicherte Freizügigkeit einzubüßen? Nein, bin ich einmal dort,<lb/> ſo will ich auch alles „mitnehmen“, was ſie bietet, ſonſt bleibe<lb/> ich lieber zu Hauſe. — Du haſt gut ſpröde thun, fiel der Andere<lb/> ein, denn Du weißt, daß Dein „Alter ſchließlich doch heraus-<lb/> rückt“ mit dem Nöthigen, ich hingegen, wandte er ſich an<lb/> mich, würde Ihnen ſehr dankbar ſein, wenn Sie Näheres über<lb/> Ihre Idee mittheilen wollten, denn ich bin der Sohn eines<lb/> Dorfſchullehrers, lebe von Stipendien und Unterrichtgeben<lb/> und betrachtete bis heute die <placeName>berner Oberlandberge</placeName> als eben<lb/> ſo unerreichbar für mich, wie die Berge im Monde. Sähe<lb/> ich nun die Möglichkeit, einige ihrer ſchönſten Punkte zu<lb/> ſchauen und zu zeichnen, ſo wäre ich zu allen denkbaren<lb/> Opfern bereit.</p><lb/> <p>— Wohlan denn, junger Herr, ſo ermahne ich Sie zu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [194/0208]
VI. Wohlfeilſte ſchweizer Reiſe.
anheim, in unſerm Buche den Vorſchlag zu wiederholen;
vielleicht finden ſich unternehmende Jünglinge, welche gleich-
falls zu dem Verſuche Luſt haben.
Mein Vorſchlag fußt auf der bekannten Thatſache, daß
gerade in der „theuren“ Schweiz für den geringen Preis von
etwa fünf Franken täglich (vgl. S. 141) ein Zimmer mit gutem
Bett, Frühſtück und zwei anſtändige Malzeiten zu finden ſind,
und zwar unter Umſtänden ſchon auf „einige Tage“, während
der Touriſt, der in hergebrachter Weiſe verfährt, in denſelben
Häuſern ſehr viel mehr verzehrt, blos weil es dort weder üblich
noch räthlich iſt, vorher, wie in Italien, zu accordiren. Ein
paar Andeutungen hatte ich noch gegeben, als einer der An-
geredeten, wie wenn ich ihn gekränkt hätte, herausfuhr: das
könne doch nur Scherz ſein, denn zum „Penſionskrüppel“ würde
ich ſie ſo jung hoffentlich nicht machen wollen, und ſollte er
täglich zu beſtimmten Stunden am beſtimmten Orte erſcheinen
müſſen, ſo könne nicht von Ausflügen, höchſtens von Spazier-
gängen die Rede ſein. Er würde ſich dann vorkommen, wie
ein Schaf, das, an einen Pflock gebunden, umhergraſt und
bei jedem Schritte den Strick am Halſe fühlt. Soll ich nach
der freien Schweiz gehen, rief er, um die daheim endlich
geſicherte Freizügigkeit einzubüßen? Nein, bin ich einmal dort,
ſo will ich auch alles „mitnehmen“, was ſie bietet, ſonſt bleibe
ich lieber zu Hauſe. — Du haſt gut ſpröde thun, fiel der Andere
ein, denn Du weißt, daß Dein „Alter ſchließlich doch heraus-
rückt“ mit dem Nöthigen, ich hingegen, wandte er ſich an
mich, würde Ihnen ſehr dankbar ſein, wenn Sie Näheres über
Ihre Idee mittheilen wollten, denn ich bin der Sohn eines
Dorfſchullehrers, lebe von Stipendien und Unterrichtgeben
und betrachtete bis heute die berner Oberlandberge als eben
ſo unerreichbar für mich, wie die Berge im Monde. Sähe
ich nun die Möglichkeit, einige ihrer ſchönſten Punkte zu
ſchauen und zu zeichnen, ſo wäre ich zu allen denkbaren
Opfern bereit.
— Wohlan denn, junger Herr, ſo ermahne ich Sie zu-
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