Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VI. Reiseökonomie -- wohlfeilste schweizer Reise. Unterhaltung dankbarer zu sein und ein besseres Gedächtnißzu haben pflegen, als für Wohlthaten, Dienste und Geschenke, vielleicht weil letztere ihnen Verpflichtungen also eine Last auflegen, erstere aber Freiheit und Gleichheit fördert. Dem sei, wie ihm wolle, jedenfalls kann ich berichten, daß mein Schaffner bei Aufenthalten unaufgefordert den Schlag öffnete, der Ueberfüllung des Coupe's steuerte, mehrmals vorher mir leise meldete, auf welcher Seite sich die besten Aussichten aufthaten, kurz die Gefälligkeit selbst war, so daß ich zuletzt nicht umhin konnte, ihm noch ein Zeichen meiner Erkenntlich- keit in die Hand zu drücken. Von einem anderen, dem ich meinen Becher credenzt hatte, lernte ich allerhand kleine für Eisenbahnreisende passende Auskunftsmittel, z. B. schürzte er in den Zugriemen des Fensters, an dem der Knopf zur Be- festigung fehlte, als ich es halb schließen wollte, einen Knoten und der Zweck war erreicht. Endlich ist die Spende einer guten Cigarre oft einziges Mittel, sich vom Dampfe der schlechten eines Gefährten zu befreien. Um an Reisekosten zu sparen, ist der Weg, den 13
VI. Reiſeökonomie — wohlfeilſte ſchweizer Reiſe. Unterhaltung dankbarer zu ſein und ein beſſeres Gedächtnißzu haben pflegen, als für Wohlthaten, Dienſte und Geſchenke, vielleicht weil letztere ihnen Verpflichtungen alſo eine Laſt auflegen, erſtere aber Freiheit und Gleichheit fördert. Dem ſei, wie ihm wolle, jedenfalls kann ich berichten, daß mein Schaffner bei Aufenthalten unaufgefordert den Schlag öffnete, der Ueberfüllung des Coupé’s ſteuerte, mehrmals vorher mir leiſe meldete, auf welcher Seite ſich die beſten Ausſichten aufthaten, kurz die Gefälligkeit ſelbſt war, ſo daß ich zuletzt nicht umhin konnte, ihm noch ein Zeichen meiner Erkenntlich- keit in die Hand zu drücken. Von einem anderen, dem ich meinen Becher credenzt hatte, lernte ich allerhand kleine für Eiſenbahnreiſende paſſende Auskunftsmittel, z. B. ſchürzte er in den Zugriemen des Fenſters, an dem der Knopf zur Be- feſtigung fehlte, als ich es halb ſchließen wollte, einen Knoten und der Zweck war erreicht. Endlich iſt die Spende einer guten Cigarre oft einziges Mittel, ſich vom Dampfe der ſchlechten eines Gefährten zu befreien. Um an Reiſekoſten zu ſparen, iſt der Weg, den 13
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VI. Reiſeökonomie — wohlfeilſte ſchweizer Reiſe.
Unterhaltung dankbarer zu ſein und ein beſſeres Gedächtniß
zu haben pflegen, als für Wohlthaten, Dienſte und Geſchenke,
vielleicht weil letztere ihnen Verpflichtungen alſo eine Laſt
auflegen, erſtere aber Freiheit und Gleichheit fördert. Dem
ſei, wie ihm wolle, jedenfalls kann ich berichten, daß mein
Schaffner bei Aufenthalten unaufgefordert den Schlag öffnete,
der Ueberfüllung des Coupé’s ſteuerte, mehrmals vorher mir
leiſe meldete, auf welcher Seite ſich die beſten Ausſichten
aufthaten, kurz die Gefälligkeit ſelbſt war, ſo daß ich zuletzt
nicht umhin konnte, ihm noch ein Zeichen meiner Erkenntlich-
keit in die Hand zu drücken. Von einem anderen, dem ich
meinen Becher credenzt hatte, lernte ich allerhand kleine für
Eiſenbahnreiſende paſſende Auskunftsmittel, z. B. ſchürzte er
in den Zugriemen des Fenſters, an dem der Knopf zur Be-
feſtigung fehlte, als ich es halb ſchließen wollte, einen Knoten
und der Zweck war erreicht. Endlich iſt die Spende einer
guten Cigarre oft einziges Mittel, ſich vom Dampfe der
ſchlechten eines Gefährten zu befreien.
Um an Reiſekoſten zu ſparen, iſt der Weg, den
Unerfahrene zuweilen einſchlagen, nur in Gaſthöfen unterſter
Claſſe zu übernachten, wie wir ſahen, übelgewählt. Ueber
den Punkt plauderte ich einſt mit zwei Studenten auf der
Wartburg. Beide hatten in beweglichem Tone ihre Sehn-
ſucht nach einer Reiſe in die Schweiz ausgeſprochen, woher
ich eben kam. Für einen Sprung in den Thüringerwald
oder das Fichtelgebirge reiche ihre Baarſchaft allenfalls aus,
Helvetien jedoch gehe über ihre Kräfte. Ich hielt ihnen
darauf eine kleine Vorleſung über Reiſeökonomie und
kam bei der Gelegenheit auf einen Einfall, der mir ſelber
anfangs etwas abſonderlich ſchien, der aber doch vielleicht
nicht unausführbar iſt. Jedermanns Sache mag das Ding
freilich nicht ſein, vor den Augen Eines der beiden jungen
Leute fand meine Idee indeſſen Gnade und er verſicherte,
daß er eine Probe damit machen wolle. Ich vergaß, ihn zum
Bericht über den Erfolg aufzufordern, ſtelle Ihnen aber
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