Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VII. Geschlossene Gesellschaften -- Buchhandlungen -- Verlassenheit. heit eines Briefs für die Offenheit der Sprache darin schlechteBürgschaft leistet, so wählt für nichtgeschäftliche Empfehlungen Jeder, der sie aufrichtig meint und allen Theilen gern Ver- legenheiten erspart, besser den directen Postweg und händigt dem Betreffenden blos eine Grußkarte mit Adresse ein. Unter allen Umständen thut, wer längere Zeit an frem- Wie viele unter hundert Touristen mögen aber sein, die VII. Geſchloſſene Geſellſchaften — Buchhandlungen — Verlaſſenheit. heit eines Briefs für die Offenheit der Sprache darin ſchlechteBürgſchaft leiſtet, ſo wählt für nichtgeſchäftliche Empfehlungen Jeder, der ſie aufrichtig meint und allen Theilen gern Ver- legenheiten erſpart, beſſer den directen Poſtweg und händigt dem Betreffenden blos eine Grußkarte mit Adreſſe ein. Unter allen Umſtänden thut, wer längere Zeit an frem- Wie viele unter hundert Touriſten mögen aber ſein, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0244" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Geſchloſſene Geſellſchaften — Buchhandlungen — Verlaſſenheit.</fw><lb/> heit eines Briefs für die Offenheit der Sprache darin ſchlechte<lb/> Bürgſchaft leiſtet, ſo wählt für nichtgeſchäftliche Empfehlungen<lb/> Jeder, der ſie aufrichtig meint und allen Theilen gern Ver-<lb/> legenheiten erſpart, beſſer den directen Poſtweg und händigt<lb/> dem Betreffenden blos eine Grußkarte mit Adreſſe ein.</p><lb/> <p>Unter allen Umſtänden thut, wer längere Zeit an frem-<lb/> dem Orte verweilt, wohl, auf noch andere Mittel und Wege<lb/> für ſeine Ziele zu denken. So z. B. mag er in einen ge-<lb/> ſchloſſenen Cirkel, Muſeum, Caſino, Reſſource, Zutritt<lb/> ſuchen. Kann es ſein Gaſt- oder Hauswirth nicht vermitteln,<lb/> ſo läßt ſich’s vielleicht auf andere Weiſe bewerkſtelligen, etwa<lb/> durch Beſuch bei einem Manne der guten Geſellſchaft, dem<lb/> man ſich als Landsmann, Berufsgenoſſen oder Collegen in<lb/> irgend einer Liebhaberei, als Sammler (vgl. S. 159) u. ſ. w.<lb/> vorſtellt. Je entfernter von der Heimat, je werthvoller und<lb/> zugleich je leichter pflegen Anknüpfungen der Art zu ſein. Um<lb/> dem bloßen Zufall, gebildete Einheimiſche kennen zu lernen,<lb/> das Glückspförtchen zu öffnen, werden Orte beſucht, wo ſie<lb/> verkehren, Theater, Concerte ꝛc. Iſt eine Buchhandlung vor-<lb/> handen, ſo ſpricht man auch da vor, um unter Büchern, Kar-<lb/> ten und Photographien vielleicht ein Weſen zu finden, deſſen<lb/> Anſprache und Ortskenntniß uns zu Gute kommen kann.<lb/> Der Deutſche verſäumt nicht, ein Bierhaus auszukundſchaften,<lb/> wo er unfehlbar in den Abendſtunden Landsleute trifft. Be-<lb/> merkt er durch allen Tabaksqualm hindurch ein Geſicht, das<lb/> er bereits im Bureau des Geſandten oder Conſuls geſehen,<lb/> ſo ſetzt er ſich in deſſen Nähe, vielleicht iſt es eine mild-<lb/> geſtimmte Seele, die ſich des Einſamen annimmt.</p><lb/> <p>Wie viele unter hundert Touriſten mögen aber ſein, die<lb/> auf einem dieſer Wege zu ihrem Ziele gelangen, und wie viele<lb/> dergeſtalt verwertheter Stunden kommen im günſtigſten Falle<lb/> auf hundert Reiſetage? — Das iſt es alſo wohl ſchwerlich,<lb/> worauf die Maſſe der Touriſten in erſter Linie angewieſen<lb/> und was geeignet iſt, das Gefühl der Verlaſſenheit und des<lb/> zweckloſen Umhertreibens abzuwehren, ihre Zeit und ihren<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0244]
VII. Geſchloſſene Geſellſchaften — Buchhandlungen — Verlaſſenheit.
heit eines Briefs für die Offenheit der Sprache darin ſchlechte
Bürgſchaft leiſtet, ſo wählt für nichtgeſchäftliche Empfehlungen
Jeder, der ſie aufrichtig meint und allen Theilen gern Ver-
legenheiten erſpart, beſſer den directen Poſtweg und händigt
dem Betreffenden blos eine Grußkarte mit Adreſſe ein.
Unter allen Umſtänden thut, wer längere Zeit an frem-
dem Orte verweilt, wohl, auf noch andere Mittel und Wege
für ſeine Ziele zu denken. So z. B. mag er in einen ge-
ſchloſſenen Cirkel, Muſeum, Caſino, Reſſource, Zutritt
ſuchen. Kann es ſein Gaſt- oder Hauswirth nicht vermitteln,
ſo läßt ſich’s vielleicht auf andere Weiſe bewerkſtelligen, etwa
durch Beſuch bei einem Manne der guten Geſellſchaft, dem
man ſich als Landsmann, Berufsgenoſſen oder Collegen in
irgend einer Liebhaberei, als Sammler (vgl. S. 159) u. ſ. w.
vorſtellt. Je entfernter von der Heimat, je werthvoller und
zugleich je leichter pflegen Anknüpfungen der Art zu ſein. Um
dem bloßen Zufall, gebildete Einheimiſche kennen zu lernen,
das Glückspförtchen zu öffnen, werden Orte beſucht, wo ſie
verkehren, Theater, Concerte ꝛc. Iſt eine Buchhandlung vor-
handen, ſo ſpricht man auch da vor, um unter Büchern, Kar-
ten und Photographien vielleicht ein Weſen zu finden, deſſen
Anſprache und Ortskenntniß uns zu Gute kommen kann.
Der Deutſche verſäumt nicht, ein Bierhaus auszukundſchaften,
wo er unfehlbar in den Abendſtunden Landsleute trifft. Be-
merkt er durch allen Tabaksqualm hindurch ein Geſicht, das
er bereits im Bureau des Geſandten oder Conſuls geſehen,
ſo ſetzt er ſich in deſſen Nähe, vielleicht iſt es eine mild-
geſtimmte Seele, die ſich des Einſamen annimmt.
Wie viele unter hundert Touriſten mögen aber ſein, die
auf einem dieſer Wege zu ihrem Ziele gelangen, und wie viele
dergeſtalt verwertheter Stunden kommen im günſtigſten Falle
auf hundert Reiſetage? — Das iſt es alſo wohl ſchwerlich,
worauf die Maſſe der Touriſten in erſter Linie angewieſen
und was geeignet iſt, das Gefühl der Verlaſſenheit und des
zweckloſen Umhertreibens abzuwehren, ihre Zeit und ihren
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Zitationshilfe: | Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/244>, abgerufen am 16.02.2025. |