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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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III. Zur Farbenlehre.
Ferne überwog, desto mehr stellte ich es mir nun zur Auf-
gabe, nach der Seite der Sauberkeit unterwegs das äußerst
Mögliche zu thun. Ein Stück Seife und ein kleines Tuch
zum Abtrocknen führe ich stets bei mir und sorge damit für
Kopf und Hände. Um das Hemd unterwegs in präsentablem
Zustande zu erhalten, es wenigstens vor dem tiefsten Elende
zu bewahren, bedarf es schon mehr Sorgfalt, oder sagen wir
Pedanterie. Vor Allem müssen die Stoffe zu Weste und
Rockärmelfutter klug gewählt sein, denn sie besonders "lieben,
das Strahlende zu schwärzen und das Erhab'ne in den Staub
zu zieh'n." Beim Einkauf prüfe ich durch Reiben mit einem
weißen Tuche, ob der Stoff farbenfest ist. Schwarze und
sehr dunkle Wollenzeuge sind es fast nie, ich wähle deshalb
lieber mittelfarbige, auch für das Futter der Aermel und der
Taschen Grau, denn Weiß schmutzt passiv zu leicht, wie
Schwarz activ. Unter letzter Eigenschaft leiden außer Hemden
auch weiße Schnupftücher und Mundvorräthe, welche letztere
man zuweilen genöthigt ist, der Tasche uneingewickelt an-
zuvertrauen. Eine meiner Rocktaschen ist deshalb ausschließlich
ihnen gewidmet, so daß nie derselbe Ort, den gestern ein
mineralogischer oder zoologischer Fund einnahm, heute einem
Butterbrod angewiesen wird, morgen Büchern und Hand-
schuhen, und jeder Nachfolger die Hinterlassenschaft seines
Vorgängers pure antritt. Diese Tasche wird zuweilen ge-
waschen. Soviel zur Farbenlehre. Sogenanntes englisches
Leder, ein festes, dauerhaftes Gewebe, eignet sich zu Taschen
von Reisekleidern besser, als Kattun. Meine Hemdkragen
sind zum Anknöpfen, so daß ich bequem wechseln kann, und
zwar -- erschrecken Sie nicht -- auf beiden Seiten zu tragen,
also oben und unten von gleicher Leinwand; in Städten
greife ich auch wohl zu amerikanischen Papierkragen. Die
Manschetten sind angenäht und zwar doppelt und von der
althergebrachten Art, nicht von der neumodischen mit Metall-
knöpfen, von einer Pariser Chemisiere et Blanchisseuse de fin
eigens für ihre Zwecke und zur Plage der Träger ersonnen.

III. Zur Farbenlehre.
Ferne überwog, deſto mehr ſtellte ich es mir nun zur Auf-
gabe, nach der Seite der Sauberkeit unterwegs das äußerſt
Mögliche zu thun. Ein Stück Seife und ein kleines Tuch
zum Abtrocknen führe ich ſtets bei mir und ſorge damit für
Kopf und Hände. Um das Hemd unterwegs in präſentablem
Zuſtande zu erhalten, es wenigſtens vor dem tiefſten Elende
zu bewahren, bedarf es ſchon mehr Sorgfalt, oder ſagen wir
Pedanterie. Vor Allem müſſen die Stoffe zu Weſte und
Rockärmelfutter klug gewählt ſein, denn ſie beſonders „lieben,
das Strahlende zu ſchwärzen und das Erhab’ne in den Staub
zu zieh’n.“ Beim Einkauf prüfe ich durch Reiben mit einem
weißen Tuche, ob der Stoff farbenfeſt iſt. Schwarze und
ſehr dunkle Wollenzeuge ſind es faſt nie, ich wähle deshalb
lieber mittelfarbige, auch für das Futter der Aermel und der
Taſchen Grau, denn Weiß ſchmutzt paſſiv zu leicht, wie
Schwarz activ. Unter letzter Eigenſchaft leiden außer Hemden
auch weiße Schnupftücher und Mundvorräthe, welche letztere
man zuweilen genöthigt iſt, der Taſche uneingewickelt an-
zuvertrauen. Eine meiner Rocktaſchen iſt deshalb ausſchließlich
ihnen gewidmet, ſo daß nie derſelbe Ort, den geſtern ein
mineralogiſcher oder zoologiſcher Fund einnahm, heute einem
Butterbrod angewieſen wird, morgen Büchern und Hand-
ſchuhen, und jeder Nachfolger die Hinterlaſſenſchaft ſeines
Vorgängers pure antritt. Dieſe Taſche wird zuweilen ge-
waſchen. Soviel zur Farbenlehre. Sogenanntes engliſches
Leder, ein feſtes, dauerhaftes Gewebe, eignet ſich zu Taſchen
von Reiſekleidern beſſer, als Kattun. Meine Hemdkragen
ſind zum Anknöpfen, ſo daß ich bequem wechſeln kann, und
zwar — erſchrecken Sie nicht — auf beiden Seiten zu tragen,
alſo oben und unten von gleicher Leinwand; in Städten
greife ich auch wohl zu amerikaniſchen Papierkragen. Die
Manſchetten ſind angenäht und zwar doppelt und von der
althergebrachten Art, nicht von der neumodiſchen mit Metall-
knöpfen, von einer Pariſer Chemisière et Blanchisseuse de fin
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[42/0056] III. Zur Farbenlehre. Ferne überwog, deſto mehr ſtellte ich es mir nun zur Auf- gabe, nach der Seite der Sauberkeit unterwegs das äußerſt Mögliche zu thun. Ein Stück Seife und ein kleines Tuch zum Abtrocknen führe ich ſtets bei mir und ſorge damit für Kopf und Hände. Um das Hemd unterwegs in präſentablem Zuſtande zu erhalten, es wenigſtens vor dem tiefſten Elende zu bewahren, bedarf es ſchon mehr Sorgfalt, oder ſagen wir Pedanterie. Vor Allem müſſen die Stoffe zu Weſte und Rockärmelfutter klug gewählt ſein, denn ſie beſonders „lieben, das Strahlende zu ſchwärzen und das Erhab’ne in den Staub zu zieh’n.“ Beim Einkauf prüfe ich durch Reiben mit einem weißen Tuche, ob der Stoff farbenfeſt iſt. Schwarze und ſehr dunkle Wollenzeuge ſind es faſt nie, ich wähle deshalb lieber mittelfarbige, auch für das Futter der Aermel und der Taſchen Grau, denn Weiß ſchmutzt paſſiv zu leicht, wie Schwarz activ. Unter letzter Eigenſchaft leiden außer Hemden auch weiße Schnupftücher und Mundvorräthe, welche letztere man zuweilen genöthigt iſt, der Taſche uneingewickelt an- zuvertrauen. Eine meiner Rocktaſchen iſt deshalb ausſchließlich ihnen gewidmet, ſo daß nie derſelbe Ort, den geſtern ein mineralogiſcher oder zoologiſcher Fund einnahm, heute einem Butterbrod angewieſen wird, morgen Büchern und Hand- ſchuhen, und jeder Nachfolger die Hinterlaſſenſchaft ſeines Vorgängers pure antritt. Dieſe Taſche wird zuweilen ge- waſchen. Soviel zur Farbenlehre. Sogenanntes engliſches Leder, ein feſtes, dauerhaftes Gewebe, eignet ſich zu Taſchen von Reiſekleidern beſſer, als Kattun. Meine Hemdkragen ſind zum Anknöpfen, ſo daß ich bequem wechſeln kann, und zwar — erſchrecken Sie nicht — auf beiden Seiten zu tragen, alſo oben und unten von gleicher Leinwand; in Städten greife ich auch wohl zu amerikaniſchen Papierkragen. Die Manſchetten ſind angenäht und zwar doppelt und von der althergebrachten Art, nicht von der neumodiſchen mit Metall- knöpfen, von einer Pariſer Chemisière et Blanchisseuse de fin eigens für ihre Zwecke und zur Plage der Träger erſonnen.

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/56>, abgerufen am 18.05.2024.