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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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III. Bergauf -- Copie nach niederländischem Original.
Die untere meiner Manschetten wird zuerst lang ausgestreckt
getragen, während die obere sich nach der andern Seite, die
Pulsadern umschließend, behaglich und unangefochten dehnt;
sobald der Saum der ersteren eine unliebsame Schattirung
annimmt, wird er in die Verborgenheit zurückgefaltet und
an seine Stelle tritt eine Falte von blendender Weiße; ver-
liert auch sie ihre Reinheit, so wird die ganze Manschette
aus der Oeffentlichkeit entfernt und führt nun ein zurück-
gezogenes Leben, wie bisher ihre Zwillingsschwester, nur
über dem Hemdärmel, während die letztere jetzt denselben
Cursus durchzumachen hat. Jede der beiden Manschetten
hat am Saume, wo sie am Bund angenäht ist, einen Knopf,
der nur geöffnet zu werden braucht, wenn beide ganz zurück-
geschlagen werden sollen. Zu diesem fünften Modus greife
ich in Staub- und Rußatmosphäre. Wer auf Geputztheit
hält, mag Doppelmanschetten zum Anknöpfen wählen. Wie
Sie sehen, sind meine Hemden nicht aus feinstem Leinen, zur
Erhöhung ihrer Widerstandskraft inmitten der Drangsale,
die sie von Seiten eiliger, unbarmherziger Gasthofs- und
Dorfwäscherinnen zu erdulden haben, auch sehe ich darauf,
daß an dem Bruststück weder sogenannte Hohlnähte noch
Streifen des einfachen Zeugs vorkommen, sondern überall
dieses doppelt oder dreifach liegt. Zum Schutz der Hemden
gehört endlich, entweder keinen Bart zu tragen, oder den
Schnurrbart kurz zu halten und den Kinnbart täglich mit
dem Handtuche gründlich zu bearbeiten. --

Mein holländischer Freund hielt nur zu redlich Wort
und weihte mich in seine tiefsten Toilettengeheimnisse ein,
"zur Strafe meiner Neugierde". Es half mir nichts, daß
ich hier und da seinem Lehreifer Einhalt zu thun suchte, indem
ich ihn aufmerksam machte, daß wir bergan oder dem Wind
entgegen gingen, für welchen Fall eine alte Wanderregel
das Sprechen verbietet. Mynheer van der Laeken ließ sich
nun ebensowenig irre machen, als ich mich vorher, und zur
Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß ich Manches

III. Bergauf — Copie nach niederländiſchem Original.
Die untere meiner Manſchetten wird zuerſt lang ausgeſtreckt
getragen, während die obere ſich nach der andern Seite, die
Pulsadern umſchließend, behaglich und unangefochten dehnt;
ſobald der Saum der erſteren eine unliebſame Schattirung
annimmt, wird er in die Verborgenheit zurückgefaltet und
an ſeine Stelle tritt eine Falte von blendender Weiße; ver-
liert auch ſie ihre Reinheit, ſo wird die ganze Manſchette
aus der Oeffentlichkeit entfernt und führt nun ein zurück-
gezogenes Leben, wie bisher ihre Zwillingsſchweſter, nur
über dem Hemdärmel, während die letztere jetzt denſelben
Curſus durchzumachen hat. Jede der beiden Manſchetten
hat am Saume, wo ſie am Bund angenäht iſt, einen Knopf,
der nur geöffnet zu werden braucht, wenn beide ganz zurück-
geſchlagen werden ſollen. Zu dieſem fünften Modus greife
ich in Staub- und Rußatmoſphäre. Wer auf Geputztheit
hält, mag Doppelmanſchetten zum Anknöpfen wählen. Wie
Sie ſehen, ſind meine Hemden nicht aus feinſtem Leinen, zur
Erhöhung ihrer Widerſtandskraft inmitten der Drangſale,
die ſie von Seiten eiliger, unbarmherziger Gaſthofs- und
Dorfwäſcherinnen zu erdulden haben, auch ſehe ich darauf,
daß an dem Bruſtſtück weder ſogenannte Hohlnähte noch
Streifen des einfachen Zeugs vorkommen, ſondern überall
dieſes doppelt oder dreifach liegt. Zum Schutz der Hemden
gehört endlich, entweder keinen Bart zu tragen, oder den
Schnurrbart kurz zu halten und den Kinnbart täglich mit
dem Handtuche gründlich zu bearbeiten. —

Mein holländiſcher Freund hielt nur zu redlich Wort
und weihte mich in ſeine tiefſten Toilettengeheimniſſe ein,
„zur Strafe meiner Neugierde“. Es half mir nichts, daß
ich hier und da ſeinem Lehreifer Einhalt zu thun ſuchte, indem
ich ihn aufmerkſam machte, daß wir bergan oder dem Wind
entgegen gingen, für welchen Fall eine alte Wanderregel
das Sprechen verbietet. Mynheer van der Laeken ließ ſich
nun ebenſowenig irre machen, als ich mich vorher, und zur
Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß ich Manches

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[43/0057] III. Bergauf — Copie nach niederländiſchem Original. Die untere meiner Manſchetten wird zuerſt lang ausgeſtreckt getragen, während die obere ſich nach der andern Seite, die Pulsadern umſchließend, behaglich und unangefochten dehnt; ſobald der Saum der erſteren eine unliebſame Schattirung annimmt, wird er in die Verborgenheit zurückgefaltet und an ſeine Stelle tritt eine Falte von blendender Weiße; ver- liert auch ſie ihre Reinheit, ſo wird die ganze Manſchette aus der Oeffentlichkeit entfernt und führt nun ein zurück- gezogenes Leben, wie bisher ihre Zwillingsſchweſter, nur über dem Hemdärmel, während die letztere jetzt denſelben Curſus durchzumachen hat. Jede der beiden Manſchetten hat am Saume, wo ſie am Bund angenäht iſt, einen Knopf, der nur geöffnet zu werden braucht, wenn beide ganz zurück- geſchlagen werden ſollen. Zu dieſem fünften Modus greife ich in Staub- und Rußatmoſphäre. Wer auf Geputztheit hält, mag Doppelmanſchetten zum Anknöpfen wählen. Wie Sie ſehen, ſind meine Hemden nicht aus feinſtem Leinen, zur Erhöhung ihrer Widerſtandskraft inmitten der Drangſale, die ſie von Seiten eiliger, unbarmherziger Gaſthofs- und Dorfwäſcherinnen zu erdulden haben, auch ſehe ich darauf, daß an dem Bruſtſtück weder ſogenannte Hohlnähte noch Streifen des einfachen Zeugs vorkommen, ſondern überall dieſes doppelt oder dreifach liegt. Zum Schutz der Hemden gehört endlich, entweder keinen Bart zu tragen, oder den Schnurrbart kurz zu halten und den Kinnbart täglich mit dem Handtuche gründlich zu bearbeiten. — Mein holländiſcher Freund hielt nur zu redlich Wort und weihte mich in ſeine tiefſten Toilettengeheimniſſe ein, „zur Strafe meiner Neugierde“. Es half mir nichts, daß ich hier und da ſeinem Lehreifer Einhalt zu thun ſuchte, indem ich ihn aufmerkſam machte, daß wir bergan oder dem Wind entgegen gingen, für welchen Fall eine alte Wanderregel das Sprechen verbietet. Mynheer van der Laeken ließ ſich nun ebenſowenig irre machen, als ich mich vorher, und zur Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß ich Manches

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/57>, abgerufen am 21.11.2024.